Kulturgeschichte der Eifel Neuer Bildband zeigt Aufnahmen des Mayener Fotopioniers Heinrich Pieroth

Mayen/Daun/Schalkenmehren · Er war einer der Pioniere der Fotografie und ist vielen doch unbekannt: Heinrich Pieroth. Nun ist ein Bildband mit rund 300 seiner Fotografien veröffentlicht worden – genau 100 Jahre, nachdem er in Mayen sein Atelier eröffnete.

Neuer Bildband mit 300 Aufnahmen Heinrich Pieroths erschienen.
7 Bilder

Bildband zeigt 300 Fotografien von Heinrich Pieroth

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Foto: tv/Rheinisches Bildarchiv Köln

Familiär, lebenslustig und geerdet: So war Heinrich Pieroth privat. Beruflich jedoch war er ein Getriebener. Der Mayener Fotograf, der 1964 starb, hinterließ Tausende Negative und Abzüge. Ein unschätzbar wertvolles Konvolut an Fotografien, die vor allem eines zeigen: die Eifel. Ihre Landschaft, ihre Traditionen, ihre Menschen – all das hat Pieroth ein Leben lang derart begeistert, dass er immer, wenn es möglich war, sein Atelier in Mayen verließ und draußen war – um einzufangen, wie die Eifeler leben und arbeiten.

Entstanden sind Arbeiten, die auch heute noch faszinieren: Porträts von Menschen ohne stundenlang einstudierte Mimik, wie sie damals bei Atelierfotos üblich war, Szenen von Menschen bei harter Arbeit, die fast zufällig aufgenommen wirken, Landschaftsaufnahmen, die den damals noch kärglich wirkenden Landstrich der Eifel in seiner Schroffheit und Schönheit zeigen.

All das fasziniert Betrachter seiner Bilder immer noch, wie der kürzlich erschienene Bildband des Emons Verlags „Aus der Eifel – Fotografien von Heinrich Pieroth aus den 1920er bis 1950er Jahren“ zeigt. Herausgegeben hat ihn das Rheinische Bildarchiv Köln, das den fotografischen Nachlass Pieroths betreut. Und das mit Erfolg.

Denn die rund 300 großformatigen Fotos, die in dem Band zu sehen sind, scheinen die Leser zu begeistern. So sehr, dass es das Buch im Bereich „Bildbände“ auf die Spiegel-Bestseller-Liste geschafft hat.

Ist es reine Eifel-Nostalgie, die Menschen dazu bringt, dieses opulente Buch zu kaufen? Sicher nicht. Denn die Fotos entfalten in ihrer Schlichtheit eine Kraft und unaufgeregte Emotionalität, die auch Menschen anspricht, die keine reine Hommage an die Eifel suchen.

Jenseits dessen ist der Band eine interessante Reise für Fotografie-Fans durch die Geschichte der Bildkunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Denn Redakteurin Katja Hoffmann, die den allein aus 5000 Glasnegativen bestehenden Nachlass gesichtet, geordnet und eine Auswahl in den wichtigsten Motivgruppen für den Band zusammengestellt hat, sowie weitere Autoren erläutern in Textbeiträgen Wissenswertes zu Pieroths Werdegang, zur Sicherung seines Werkes sowie zur Entwicklung der Fotografie in dieser Zeit.

Dabei überrascht es nicht, dass der Mayener für Katja Hoffmann trotz der räumlichen Beschränktheit seines Arbeitsfeldes als Pionier der modernen Fotografie gilt, die sich seit den 1920er Jahren vollzog. Er wurde zum Bildreporter. Aber seine Motive nicht außergewöhnliche Ereignisse oder berühmte Persönlichkeiten. Sein Radius war zwar begrenzt, seine Bildsprache aber modern. Er war ein Dokumentar der Eifel.

Als solcher hielt er alles fest, was ihm bei seinen Streifzügen durch seine Heimat vor die Linse kam. So gibt es eine Serie von Fotos, die er in der Heimweberei in Schalkenmehren gemacht hat. Ebenso hat er den „Eifelschäfer vom Totenmaar“ über einige Jahre begleitet und auch seinen Freund, den Maler Pitt Kreuzberg, und dessen Werk mehrfach abgelichtet.

Seine Heimatstadt Mayen bildet einen Schwerpunkt seines Schaffens: Ob bei der Arbeit in den Mayener Grubenfeldern, beim bunten Treiben auf dem Lukasmarkt oder beim langsam aufkeimenden Leben in den Trümmern nach dem Krieg: Pieroth war immer dabei – als Dokumentar über drei Jahrzehnte.

Dass sein Werk den Zweiten Weltkrieg heil überstanden hat, ist Pieroths Freund Fridolin Hörter zu verdanken, der die Glasnegative des Fotografen rechtzeitig in den Bunker der Genovevaburg gebracht hatte. Ein Glück.

 Heinrich Pieroth, Frau auf dem Friedhof über dem Weinfelder Maar (Totenmaar).

Heinrich Pieroth, Frau auf dem Friedhof über dem Weinfelder Maar (Totenmaar).

Foto: tv/Heinrich Pieroth, Rheinisches Bildarchiv Köln

„In der Eifel – Fotografien von Heinrich Pieroth aus den 1920er bis 1950er Jahren“, herausgegeben vom Rheinischen Bildarchiv Köln und bearbeitet von Katja Hoffmann, 300 Abbildungen, Köln, Emons Verlag 2020, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-7408-0794-8, 320 Seiten, 39,95 Euro.

Weitere Fotos von Heinrich Pieroth unter: www.volksfreund.de

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