Freude, Enthusiasmus und die Rückkehr zur Realität

GEROLSTEIN/DAUN. Ganz unterschiedlich haben die Parteien und Kandidaten im Kreis Daun den Ausgang der Landtagswahl verfolgt. Der TV hat sich bei der einzigen öffentlichen "Wahl-Party", der der SPD in Gerolstein, umgesehen.

Trotz des deutlichen Wahlergebnisses der SPD im Land: Die Genossen im Kreis Daun sind am Wahlabend bei ihrer "Party" in der "Ente" in Gerolstein durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen. Erst Freude und Jubel über das Landesergebnis bei Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen. Dann immer stärker aufkeimende Hoffnung durch sich häufende Erststim-men-Erfolge "ihrer" Astrid, das nahezu Unmögliche doch zu schaffen. Letztlich aber doch wieder die schmerzhafte Rückkehr auf den Boden der Tatsachen. Und der lautet: Der Landkreis Daun ist schwarz, und das Direktmandat gewinnt demnach ein Schwarzer: Wie bereits vor bei der Wahl fünf Jahren ist das Herbert Schneiders. Gebannt starren die rund 20 Genossen, die vor allem aus Gerolstein, aber auch aus Neroth und sogar aus Hillesheim gekommen sind, auf die Computer-Leinwand sowie die beiden Fernseher, über die abwechselnd Übertragungen der drei Landtagswahlen, Statements von Politikern und die Einzelergebnisse aus den Gemeinden des Landkreises flimmern. "Das Wahllokal ,Gymnasium Gerolstein' haben wir, die ,Regionale Schule' auch", verkündet Uwe Schneider aus Gerolstein die Erststimmen-Erfolge für Astrid Schmitt. Und es wird immer mehr: Rockeskyll gewonnen, Birresborn gewonnen, Hohenfels-Essingen gewonnen und auch in den Stadtteilen Lissingen, Hinterhausen, Oos und Gees siegt. Und zwischendrin kaum ein Schneiders-Sieg. Da spricht Werner Schättgen aus Neroth, der für das Nerother Erststimmen-Ergebnis (SPD 205, CDU 128) einige Schulterklopfer einstreicht, das aus, was viele in diesem Moment denken: "Wenn wir so weitermachen..." Und während die Genossen so an den Bildschirmen klebend sich bereits das nahezu Undenkbare in den schönsten Farben ausmalen, kommt Astrid Schmitt mit ihrem Mann Hans-Walter nahezu unbemerkt in den Saal. Sie wird freudig begrüßt, umarmt, mit weiteren Erfolgsmeldungen versorgt und in die Mitte vor die Bildschirme gezogen. Auch ihre Hoffnung, das Direktmandat zu gewinnen, wird genährt. "Huch, das Gerolsteiner Rathaus habe ich", bemerkt sie freudig überrascht - und erhält Unterstützung des aufmerksamen Party-Organisatoren Stefan Schmitz: "Noch mehr: die gesamte VG Gerolstein." Die Kandidatin, die nach eigenem Bekunden "total aufgeregt" ist, wirkt angespannt, wartet wie gefesselt auf weitere Ergebnisse. Erst Hoffnung, dann Enttäuschung

Und dann die Riesen-Enttäuschung: Nach 147 von 154 ausgezählten Wahllokalen im Kreis liegt sie mit 40,6 Prozent deutlich hinter ihrem Konkurrenten (46,7 Prozent) zurück. "Nein, dann schaffe ich es nicht mehr", analysiert sie, kann und will das aber noch nicht so recht glauben. "Das kann doch nach all den anderen Ergebnissen gar nicht sein", sagt sie, erhält aber wenig später per Handy die Bestätigung von Kreiswahlleiter Landrat Heinz Onnertz. Hat also alles nichts genutzt. Auch nicht der private Einsatz von Onnertz wenige Tage vor der Wahl, als er per Flugzeug ein Transparent mit der Aufschrift "Mach et, Astrid!" durch den Himmel über dem Kreis gezogen hat. Doch die Kandidatin fängt sich schnell wieder und sagt: "Das Landesergebnis ist total super, und dass es mit dem Direktmandat nicht geklappt hat, ist schade. Ich jedenfalls habe viel gemacht und mir demnach nichts vorzuwerfen." Möglicherweise sei es eben nicht möglich, solch einen Wahlkreis zu gewinnen, bemerkt Astrid Schmitt noch nebenbei, kündigt im gleichen Atemzug aber an, "jetzt erst mal gemeinsam ein Glas Sekt zu trinken". Das findet auch Alisha Keweloh (17) aus Neroth gut, "denn ich habe mir heute und morgen extra frei genommen für meine erste Wahl-Party". Schließlich sei es "viel schöner, sich mit anderen über das Ergebnis zu freuen", sagt die Köchin. Freude, wenngleich lediglich über sein Erststimmen-Ergebnis, zeigte auch CDU-Kandidat Herbert Schneiders. Nachdem Schneidersseinem "Freund" Christoph Böhr in Mainz bei dessen schwerem Gang am Wahlabend die Treue gehalten hatte, kehrte er am Abend noch nach Daun zurück, um mit einigen Getreuen im Heimatwahlkreis zumindest seinen Sieg bei einem Bier zu feiern. Eine offizielle Wahl-Party hatten die Dauner Christdemokraten ebenso wenig wie die anderen Parteien angekündigt. So gesehen strahlten die Genossen im Vorfeld die meiste Zuversicht aus. Ob das mit den Umfragewerten zu tun hatte, bleibt Spekulation.

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