Für 50 Pfennig in eine andere Welt

Bereits 1921 schauten die Dauner begeistert Filme im Kino. Später erlebten die Kinos, Besitzer und Besucher eine wechselhafte Geschichte. Fünf verschiedene Kinos hatte das Städtchen in der Eifel. Nahezu zwei Jahrzehnte mussten seine Bewohner sogar ganz auf den Filmgenuss verzichten.

Daun. Für 50 Pfennige entführt Volksschulrektor und Filmvorführer Philipp Jobelius die Dauner in die Welt der Reichen und Schönen. Die Filme flimmern stumm und mit Untertitel über die Leinwand und doch gibt es Musik. Sie ertönt aus dem Hintergrund, erzeugt von einem Grammophon. Im Dunkeln kann man unbeobachtet dem oder der Liebsten näherkommen. Doch alle 15 Minuten stört wer, denn 1921 musste Philipp Jobelius alle 15 Minuten die Filmrolle im Vorführgerät austauschen und dazu das Licht im Saal anschalten.

Die Zelluloid-Filme liefen im Bolens Saal in Daun über die Leinwand, der nach der gleichnamigen und begüterten Gutsbesitzerfamilie benannt war. Das Kino in der Burgfriedstraße würde heute zwischen der AOK und dem Kolpinghaus stehen, doch es wurde bei einem Bombenangriff am 19. Juli 1944 zerstört. Heute spielen Kinder, wo einst Stummfilme liefen, denn der Spielplatz des Nikolaus-Kindergartens befindet sich hier. Ab 1933 wurden immer häufiger Filme angeboten, die zunehmend nationalsozialistisches Gedankengut, Propaganda und militärische Ziele "schauspielerisch" umsetzten. Besonders beliebt: die "Vox tönende Wochenschau", die die große Welt ins kleine Daun brachte.

Kein Wechseln der Filmrollen mehr



Vorgeführt wurde sie im zweiten Dauner Kino, im Saal Schramm, der 1934 umgebaut worden war. Zwei Vorführapparate gab es hier, so dass die störenden Pausen beim Wechseln von Filmrollen fortfielen, was auch dem Filmvorführer Heinrich Kreutzer zugutekam. In den letzten Kriegsjahren diente der Kinosaal als Wehrmachtslazarett, das Bomben am 3. März 1945 zerstörten.

Sofort nach Kriegsende entstand das dritte Kino im Saal Manderscheid, in der Wirichstraße. Weil die französische Besatzungsmacht in Daun Abwechslung und Zerstreuung wollte, befahl sie im September 1946 den Bau eines Kinosaales. Die wenigen Bauarbeiter, die gerade mit dem Aufbau der zerstörten Dauner Pfarrkirche beschäftigt waren, wurden abgezogen und mussten zuerst den Kinosaal bauen, der 1947 in Betrieb genommen wurde. Beinahe 40 Jahre sahen die Dauner hier Filme, bis 1986 das Kino geschlossen wurde.

Doch die Eifeler mussten auch dann nicht ohne die glamouröse Welt des Films auskommen, denn die Pfälzer Manfred und Doris Dausend betrieben seit Sommer 1955 das vierte Lichtspieltheater mit dem Namen Burg-Theater in Daun. Es war mit rund 400 Polsterstühlen, einer großen Bühne, einer 40 Quadratmeter großen Filmbreitwand und zwei der damals modernsten Vorführmaschinen ausgestattet.

Private und gesundheitliche Gründe zwangen die Familie das Burg-Theater 1989 aufzugeben. Damit endete vorerst die Zeit öffentlicher Filmvorführungen. Nahezu zwei Jahrzehnte hatte Daun kein eigenes Kino mehr, bis 2006 in der Leopoldstraße der Kinopalast Vulkaneifel eröffnet wurde.

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