Für die Erinnerung, gegen das Verdrängen

GEROLSTEIN. Unter Anteilnahme vieler Gerolsteiner Bürger enthüllte Stadtbürgermeister Georg Linnerth im Kasselburger Weg eine Gedenktafel für die Toten des Luftschutzstollen-Unglücks vom 2. Januar 1945. Dort starben nach einen Luftangriff 51 Menschen qualvoll.

Stadtbürgermeister Georg Linnerth (SPD) dankte sowohl dem Stifter des Steines, Gerd Möller, als auch dem der Gedenktafel, Günter Werres. Dessen Vater ist während des Luftanriffs 1945 im Stollen umgekommen.Karl-Heinz Böffgen, dessen Großeltern ebenfalls unter den Toten waren, ging auf die Hintergründe des Unglücks ein. Er berichtete: "Zum Schutz vor den ständigen Luftangriffen wurden entlang der Bahnanlagen provisorische Stollen in den Hang getrieben - so auch die beiden Stollen unterhalb der Gedenkstätte. Da sie jedoch nicht fertiggestellt und noch nicht miteinander verbunden waren, wurden sie beim Bombentreffer zur tödlichen Falle."Nur ein Mensch überlebte das Unglück

Der einzige Überlebende der 52 Menschen, die im Stollen Schutz gesucht hatten, war Josef Weber aus Lissingen. Er hatte 37 Stunden im Stollen verbracht. Böffgen berichtete: "Weil der Versuch, den Eingang frei zu legen, scheiterte, wurden die Verschütteten durch einen von oben her gegrabenen Schacht geborgen."Von den 51 ums Leben gekommenen Menschen sind die Namen von 39 ermittelt. Zu den Toten zählen auch sechs junge Russen. Karl-Heinz Böffgen weitete aber auch den Blick über den Unglücksfall hinaus. Die Bronzetafel solle nicht nur Gedenktafel sein, sondern auch zum Nachdenken aufrufen. Böffgen sagte: "Denn wir dürfen nicht vergessen, für wen, für was und warum diese Menschen sterben mussten. Wir dürfen uns nicht der Frage nach dem Sinn oder der Sinnlosigkeit ihres Leidens und Sterbens entziehen. Damit erst enthält diese Gedenktafel ihre volle Bedeutung." Es stelle sich, so Böffgen, am heutigen Tag zwangsläufig die Frage: "Warum wird erst 59 Jahre nach dem Stollenunglück eine Gedenktafel aufgestellt?"Fühlte sich keiner zuständig? Gingen das Unglück und die Erinnerung daran in den Jahren des Wiederaufbaus unter, oder wollte man die schweren Zeiten einfach vergessen oder verdrängen?Laut Böffgen ist die Tafel zwar "spät, jedoch nicht zu spät" aufgestellt worden. Er meinte: "Wir tun dies für die jungen Menschen unserer Stadt und die nachfolgenden Generationen. Wir tun dies, um zu einer Auseinandersetzung mit der Gerolsteiner Geschichte aufzurufen, insbesondere mit der unbekannten, vergessenen und von einigen verleugneten Zeit zwischen 1933 und 1945."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort