Fusion nicht verfassungskonform - Bürgermeister reagieren auf das Gutachten zur Kommunalreform

Daun/Gerolstein/Prüm · Ein Gutachten zur Kommunalreform, beauftragt vom Kreistag Vulkaneifel, ruft gemischte Reaktionen hervor: Denn der Münsteraner Professor Janbernd Oebbecke lehnt darin eine kreisübergreifende Fusion der Oberen Kyll und Prüm als verfassungswidrig ab.

 Kommunalreform im Kreis Vulkaneifel

Kommunalreform im Kreis Vulkaneifel

Foto: Mario Hübner

Ob die Verbandsgemeinden Gerolstein und Hillesheim zusammengehen, werden die jeweiligen Verbandsgemeinderäte in Kürze entscheiden. Weiter sind schon die Verbandsgemeinden Obere Kyll (Kreis Vulkaneifel) und Prüm (Eifelkreis Bitburg-Prüm): Ihre Fusion ist schon beschlossene Sache. Oder doch nicht? Denn am Montag ist ein vom Kreistag Vulkaneifel in Auftrag gegebenes Gutachten vorgestellt worden, in dem der Verfasser, Professor Janbernd Oebbecke, zum Ergebnis kommt: Der Zusammenschluss über Kreisgrenzen hinweg ist nicht verfassungskonform.

Als ein Argument führt er an: Eine solche Fusion wäre zumutbar, wenn sich in absehbarer Zeit eine Kreisreform anschließen würde. Die sei derzeit aber nicht in Sicht, deshalb seine Einschätzung: "Eine auf nicht absehbare Zeit bestehende Zugehörigkeit der neuen VG zu zwei Kreisen würde die VG selbst, vor allem aber auch die beiden beteiligten Kreise in ihrer Aufgabenwahrnehmung erheblich behindern".
Landrat Heinz-Peter Thiel (parteilos) erinnert außerdem daran, dass das Land einst selbst die große Lösung - eine Fusion von Gerolstein, Hillesheim und Obere Kyll - favorisiert hat: "Das sollte nun auch in Angriff genommen werden".
"Wir müssen raus aus der Blockade", zu der auch das Land beigetragen habe, sagte der Landrat. Er forderte den Innenminister auf, alle Beteiligten wieder an einen Tisch zu holen und dabei auch die Schuldensituation der VG Obere Kyll zu besprechen. "In anderen Fällen wie in Bad Münster am Stein hat sich das Land bei der Lösung der Finanzsituation eingebracht, warum nicht auch hier? Ich denke, eine vernünftige Lösung ist möglich. Mit der kreisübergreifenden Variante werden wir uns jedenfalls nicht zufriedengeben."

Das sagt das Land: "Das Gutachten ist dem Innenministerium vom Landrat des Vulkaneifelkreises bislang nicht vorgelegt worden. Das Ministerium hat sich das Gutachten jedoch inzwischen von anderer Seite übermitteln lassen und wird es intensiv prüfen", erklärt Ministeriumssprecher Joachim Winkler auf TV-Anfrage. "Natürlich wurden von unserer Seite bereits Fragen kreisübergreifender Zusammenschlüsse im Vorfeld solcher Überlegungen geprüft. Dabei haben sich andere Bewertungen ergeben als die nun vom Gutachten in Auftrag des Landkreises getroffenen Feststellungen."

Das sagen die Bürgermeister: "Ich lasse das auf uns zukommen", sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der VG Prüm. "Das ist die Einschätzung eines Rechtsgutachtens, kein Gerichtsurteil." Dass die neue VG zwei Landkreisen angehören soll, "ist sicher nie als Dauerlösung möglich. Es ist ja klar: Es folgt eine zweite Stufe der Kommunalreform, die auch die Kreisebene umfasst. Und von daher gilt: Es hat auch in der Vergangenheit solche Lösungen gegeben für vorübergehende Zeit, im Zuge der Kommunalreform der 1970er Jahre."

Diane Schmitz, Bürgermeisterin der VG Obere Kyll, kritisiert, dass Landrat Thiel das Gutachten erst jetzt vorstellt, wo es ihres Wissens doch bereits im November verfasst worden sei. Abgesehen davon: "Wenn Herr Thiel ein Problem mit der kreisübergreifenden Fusion hat, dann würde ich ihn bitten, schnell Fusionsverhandlungen mit Bitburg-Prüm aufzunehmen. Dann wären die Probleme, die er hat, schnell erledigt."
Sie wundere sich über zwei Dinge: "Ich habe vermisst, dass die Ausnahme, die im Landesgesetz zur Kommunalreform vorgesehen ist (übergreifende Fusionen zu gestatten, wenn Zusammenschlüsse innerhalb eines Kreises nicht zustande kommen - wie eben bei der Oberen Kyll, Hillesheim und Gerolstein, Anm.), im Rechtsgutachten nicht untersucht wurde. Außerdem wundert mich, dass der Professor unsere Altschulden als nicht hinderlich ansah. Obwohl genau diese ja einen Zusammenschluss mit Hillesheim und Gerolstein jedesmal verhindert haben." Sie gehe jedenfalls davon aus, dass das Gutachten der geplanten Fusion mit Prüm nicht schaden sollte. Und dass der Gesetzesentwurf zur Fusion "wie vom Land angekündigt, im März zur Anhörung vorliegen wird."

Was die Forderung an das Land, es solle die Dreier-Fusion wieder in Erwägung ziehen, angeht, äußert sich Matthias Pauly, Bürgermeister der VG Gerolstein, zurückhaltend. "Der VG-Rat wird bald über die Fusion mit der VG Hillesheim entscheiden, die wir ja gemeinsam schon weit vorangetrieben haben. Bis dahin gibt es sicher eine Äußerung des Landes zur Dreier-Fusion. Das werden wir uns anhören, abwägen und dann dazu äußern."

Für Heike Bohn, Bürgermeisterin der VG Hillesheim, ist "die derzeitige Variante, mit der sich die Räte beschäftigen werden, eine gute Basis." Sie persönlich könne sich aber vorstellen, dass im Folgenden über die Dreier-Fusion gesprochen werden könnte. "Vielleicht könnte damit den Vorbehalten einiger Hillesheimer gegen die Fusion mit Gerolstein Rechnung getragen werden."
Für erneute Verhandlungen mit Gerolstein und Hillesheim sieht aber ihre Kollegin Diane Schmitz "keine Chance mehr. Zweimal haben die das abgelehnt."
Und die Bedingungen hätten sich seitdem ja nicht geändert. "Von daher sehe ich keine Möglichkeit, jetzt noch einmal eine andere Lösung hinzubekommen."Meinung

Pro: Schluss mit dem Gequake!Von Fritz-Peter Linden

Die Vertreter der Oberen Kyll haben sich jahrelang die Hintern wund gesessen in den Verhandlungen mit Gerolstein und Hillesheim, dann mit Hillesheim, dann wieder mit beiden, brav haben wir immer wieder darüber berichtet. Und darüber, wie die armen Nachbarn wieder nach Hause zurückgeschickt wurden mit dem Satz: Wir wollen euch nicht. Jetzt wollen eben die meisten von ihnen nach Prüm, wo man sie sogar willkommen heißt. Weil sie die Faxen dicke haben. Weil sie nicht mehr wie die Parias behandelt werden wollen. Verständlich, dass das dem Landrat in Daun nicht gefällt. Und dass er, sozusagen als Oberfrosch in seinem kommunalen Tümpel, mit allen Mitteln verhindern will, dass dieser trockengelegt wird, und sich deshalb ein passendes Gutachten bestellt. Aber irgendwann muss es gut sein mit dem Gequake. Also: Lasst die ziehen, die losziehen wollen. Und lasst die nach Gerolstein, die dorthin wollen. Es hat schon genug böses Blut gegeben im Verlauf dieser Murksreform. fp.linden@volksfreund.de

Contra: Von wegen ResterampeVon Stephan Sartoris

Unbestritten: Die sogenannte Kommunal- und Verwaltungsreform ist ein Mega-Murks. Es ist schon so viel Flurschaden angerichtet worden, der kaum noch wettzumachen ist. Alles Murks, aber wir Vulkaneifeler fügen uns deshalb ins Schicksal? Das kann es nun aber definitiv auch nicht sein! Und nochmal: Was wäre das für ein Landrat, was wäre das für ein Kreistag, wenn sie schlicht den Kopf in den Sand stecken und alles einfach tatenlos an sich vorüberziehen lassen würden. Der Kreis gehört noch lange nicht auf die Resterampe, der Einsatz für seinen Erhalt ist nach wie vor aller Ehren wert. Reisende (in eine andere VG) soll man nicht aufhalten? Doch! Aber ein Einspruch, Herr Landrat: Sie sagen, Bürgerbeteiligung oder -befragung macht derzeit keinen Sinn. Ganz im Gegenteil: Befragt nicht nur die Gönnersdorfer, sondern auch die Jünkerather. Befragt alle, die schon immer zum Kreis Daun gehörten. Lasst die Bürger entscheiden! Mal sehen, wer dann noch den vermeintlichen Verlockungen aus Prüm folgt. s.sartoris@volksfreund.de

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