Zimmer haben Räder Gastspiele in Kelberg: Die Welt einer Wanderzirkusfamilie

Kelberg-Zermüllen · Am kommenden Wochenende gibt der Wanderzirkus Balu drei Vorstellungen in Kelberg-Zermüllen. Der Trierische Volksfreund hat die Zirkusfamilie vorab besucht.

 Die Zirkusfamilie Lauenburger gastiert in Zermüllen: (von links) Maurice, Roland, Angela und Luca, vorne die Zwillinge Till und Finn.

Die Zirkusfamilie Lauenburger gastiert in Zermüllen: (von links) Maurice, Roland, Angela und Luca, vorne die Zwillinge Till und Finn.

Foto: Brigitte Bettscheider

Wer die Familie Lauenburger besucht, gelangt über eine kleine Veranda in das Esszimmer und die Küche. Hier haben sich alle um den Esstisch versammelt: die Eltern Roland (45) und Angela (35), die Söhne Maurice (noch 14), Luca (seit kurzem 14) und die sechsjährigen Zwillinge Finn und Till.

Eine ganz normale Familie mit vier Kindern? Nicht ganz. Denn das Esszimmer hat Räder, und auch das Schlafzimmer der Eltern und die Kinderzimmer sind Wohnwagen. Die Lauenburgers sind eine Wanderzirkusfamilie – in der achten Generation, wie Roland Lauenburger erzählt. Und wenn sie nicht gerade ihre Zelte in einem Ort ab 1000 Einwohnern in der Eifel, an der Mosel oder sonst wo in der Großregion aufschlagen und Vorstellungen geben, leben sie in Hellenthal im Kreis Euskirchen. Doch sind sie üblicherweise zwischen März und November unterwegs. Und haben seit vorigem Jahr zusätzlich einen Weihnachtszirkus neu im Programm.

„Das kommt gut an“, sagt der Zirkuschef und Familienvater. Für den reibungslosen Ablauf gibt es ein festes Schema. Montags ist Platzwechsel; dann setzen sich drei Wohnwagen, fünf Gepäckwagen und ein Viehtransporter in Bewegung an den Aufführungsort. Von Dienstag bis Donnerstag wird aufgebaut (darunter ein Kuppelzelt mit 700 Sitzplätzen), und es wird geprobt. Von Freitag bis Sonntag sind die Vorstellungen. Ob im freien Verkauf wie jetzt in Kelberg-Zermüllen (siehe Info). Oder in Zusammenarbeit mit Kindergärten, Schulen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

  Alle sechs Familienmitglieder wirken an dem zweistündigen Programm mit. „Fast alles“, sagt Roland Lauenburger lachend auf die Frage nach seiner Rolle und nennt als Beispiele Feuerschlucken, Balancieren von 15 Stühlen, Handstand-Akrobatik mit den Zwillingssöhnen, Darbietungen der Tiere (drei Pferde, ein Pony, zwei Esel, ein Lama, zwei Hunde). Angela Lauenburger macht Luft- und Bodenakrobatik. Luca gibt den Clown.

Der Vater und die vier Söhne spielen zusammen die so genannten „Komisch-Nummern“. Vor und nach der Vorstellung und in der Pause sind die Eltern und die beiden älteren Söhne Kassierer sowie Verkäufer von Popcorn & Co. und kümmern sich um die meist kleinen Besucher des Streichelzoos mit Kaninchen, Enten und Gänsen.

Wild- und Raubtiere gibt es nicht beim Zirkus Balu. „Wir sind mit der Pflege und Versorgung unseres jetzigen Bestands an Haustieren vollkommen ausgelastet“, erklärt Roland Lauenburger.

   Seit 14 Jahren führt Roland Lauenburger den Zirkus Balu als Familienunternehmen. „Bis jetzt läuft es gut. Unser Konzept geht auf. Wir sind zufrieden“, sagt er. Doch wenn sein Sohn Maurice davon spricht, dass er sich keinen anderen Beruf als den des Zirkusdirektors vorstellen könne und dass er „Balu“ einmal übernehmen möchte, reagiert sein Vater verhalten.

Schon jetzt sei es schwierig, einen Platz zu bekommen, räumt er ein. Immer wieder berichteten Gemeinden oder Grundstückseigentümer von schlechten Erfahrungen mit Wanderzirkussen und wiesen sie ab. „Aber wo wir einmal waren, dürfen wir jederzeit wieder campieren und Vorstellungen geben“, sagt er stolz.    Zurzeit haben Maurice und Luca Ferien. Ihre Stammschule ist in Hellenthal, und sie besuchten ansonsten den Unterricht bisher dort, wo der Zirkus sich für eine Woche niedergelassen hatte.

Das ändert sich nach den Sommerferien, denn dann werden Finn und Till eingeschult. Ab dem dritten Kind hat eine Zirkusfamilie das Recht auf eine Zirkusschule.

Das bedeutet: Ein Lehrer begleitet die Familie mit einem rollenden Klassenzimmer in Form eines Wohnmobils und unterrichtet die Kinder an ihrem jeweiligen Standort. Immer woanders, von Woche zu Woche.

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