Gemischte Gefühle nach Reformgutachten

Skepsis, Zuversicht, Kritik: Bürgermeister und andere Kommunalpolitiker in der Eifel reagieren unterschiedlich auf das Gutachten der Universität Trier mit Empfehlungen für veränderte Strukturen im Rahmen der Verwaltungsreform (TV von Freitag).

Gerolstein/Daun. Zwei Kreise, zwei sehr unterschiedliche Ergebnisse - das ist die Essenz des Universitätsgutachtens mit dem Titel "Nachhaltige Kommunalstrukturen in Rheinland-Pfalz - Modellprojekt für den Landkreis Vulkaneifel und den Eifelkreis Bitburg-Prüm".

Während im Eifelkreis Bitburg-Prüm ein "diffuses Bild" möglicher Fusionen vorherrsche, sei die Situation im Vulkaneifelkreis deutlich klarer, sagen die Gutachter. Zitat: "Das aus wirtschaftlicher Sicht mit großem Abstand attraktivste Szenario sieht eine Fusion der Verbandsgemeinden Hillesheim, Obere Kyll und Gerolstein und gleichzeitig eine Fusion der Verbandsgemeinden Daun und Kelberg vor."

Kostenersparnis: jährlich 1,6 Millionen Euro (siehe Grafik auf dieser Seite). Im "zweitbesten" Szenario fusionieren Kelberg und Daun nicht, dafür aber die drei anderen Kommunen. Dabei würden jährlich etwa eine Million Euro gespart.

Auf Platz drei sehen die Experten eine Fusion von Daun und Kelberg sowie Hillesheim und Oberer Kyll. Gerolstein bliebe dabei außen vor. Ersparnis: ebenfalls etwa eine Million Euro.

Der TV sprach mit Bürgermeistern und anderen Kommunalvertretern - hier die Reaktionen aus dem Vulkaneifelkreis:


Karl Häfner (CDU), Bürgermeister VG Kelberg:
"Der VG-Rat Kelberg hat sich in zwei Resolutionen aus unterschiedlichen, auch wirtschaftlichen, Gründen für die Erhaltung der Verbandsgemeinde ausgesprochen. Das gilt auch für die Haltung der Bürger. Und dies wird durch das Gutachten bestätigt." Häfner kann sich deshalb "nur schwer vorstellen, wie eine Fusion zwangsweise durchgesetzt werden soll".

Außerdem kritisiert er, dass aus der Verwaltungsreform wohl "nur eine Gebietsreform" werde. Aber auch dann sei immer zu prüfen, "was letzten Endes für die Bürger dabei herauskommt."


Werner Klöckner (CDU), Bürgermeister VG Daun:
"Unspektakulär" nennt Klöckner die Vorschläge der Gutachter, die aber sehr fundiert gearbeitet hätten. "Die Einsparungen, die ermittelt wurden, haben bei einem Zusammenschluss von Kelberg und Daun eine Größenordnung von jährlich einer halben Million Euro. Deswegen ist es die Frage, ob man das realisieren will. Aber wir stehen als Partner zur Verfügung und bieten dementsprechend auch Gespräche für eine Fusion an."

Klöckner kritisiert zugleich die Landesregierung für ihren Reform-Ansatz: "Wenn man eine Verwaltungsreform will, muss man die Treppe von oben kehren. Und das ist hier nicht gemacht worden."

Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister VG Gerolstein: "Es gibt bereits ein Gutachten, das sinngemäß sagt: Bis 15000 Einwohner sollte jeder die eigene Situation hinterfragen. An dieser Stelle müssen wir uns auch in Gerolstein Gedanken machen. Natürlich respektiere ich die Situation in Hillesheim und an der Oberen Kyll und sage: Die müssen für sich einen Weg finden, wie sie ihre Zukunft gestalten wollen. Und wenn sie Gerolstein als Partner sehen, gehört es für uns zur guten Nachbarschaft, dass man sich sachlich und fair darauf einlässt. Wir werden aber Hillesheim und der Oberen Kyll nicht vorschreiben, wie sie die Sache angehen sollen."


Diane Schmitz (parteilos), Bürgermeisterin VG Obere Kyll:
"Wir sehen eine Fusion positiv. Das ist eine große Chance, die man nutzen sollte - und dabei Emotionen hintenanstellen. Man muss jetzt als Bürgermeister sehen, dass man die Fusion ordentlich durchbekommt und für die Bürger das Beste daraus macht. Mir wäre es recht, dass man bis zum Jahresende den Fusionspartner wüsste - dann könnte man auch die ,Hochzeitsprämie' noch kassieren. Aber man hätte bei der Reform alle Ebenen überdenken sollen, bis hin zu Landesbehörden, Kreisen und Ortsgemeinden. Dann hätte man noch einmal deutlich Verwaltungskosten einsparen können."


Herbert Mastiaux, Büroleiter VG Hillesheim:
"Es hilft ja nichts, wenn man jetzt blockt. Man kann nicht mehr sagen: Wir bleiben für immer und ewig was wir sind. Wir stehen grundsätzlich einer Fusion positiv gegenüber, wenn sich das nach allen Verhandlungen für uns gut darstellt. Und das denke ich schon. Die Trierer Gutachter haben das jetzt in erster Linie aus finanzieller Betrachtung gesehen.

Es gibt aber auch noch andere Parameter, die in eine solche Entscheidung einfließen müssen. Zum Beispiel die Schullandschaft oder wohin die Leute zum Arzt gehen."


Matthias Stein (CDU), Stadtbürgermeister Hillesheim:
"Ich kann aus dem Gutachten keine neuen Erkenntnisse schöpfen, das war ja so zu erwarten. Als Stadtbürgermeister geht es mir darum, Hillesheim als Verwaltungsstandort zu erhalten. Wir sind gebrannte Kinder aus der letzten Reform, da haben wir Amtsgericht, Katasteramt und Landwirtschaftsschule verloren. Da kann es nicht sein, dass jetzt auch der Verwaltungssitz verloren geht."

Stein präferiert eine Fusion mit der Oberen Kyll: "Da können wir eine vernünftige Lösung finden. Bei einer Dreierfusion wäre Gerolstein der Stärkere, die Obere Kyll und Hillesheim wären unterlegen."


Cornelius Dahm, Ortsbürgermeister von Ormont (VG Obere Kyll):
"Die politischen Gremien müssen die Auswertung der Uni Trier in Ruhe analysieren. Was mir ganz wichtig ist: Die Bürger sollten in jedem Fall in irgendeiner Form in den Entscheidungsprozess eingebunden werden, anders als bei der letzten Reform 1970.

Ich kann mir sowohl eine Dreier-Lösung mit Hillesheim und Gerolstein vorstellen (eine Lösung Obere Kyll mit Hillesheim erscheint mir zu klein) sowie natürlich auch, dass ein Teil der früheren Gemeinden vom alten Kreis Prüm wieder zurück in Richtung Prüm gehen. Das wäre auch meine persönliche Tendenz." ExtraStellungnahmen des Innenministeriums in Mainz und der CDU Rheinland-Pfalz "Für uns ist entscheidend: Das Gutachten ist eine Diskussionsgrundlage für die kommunalen Gremien vor Ort", sagt David Freichel, stellvertretender Pressesprecher des Innenministeriums in Mainz. Deshalb seien zunächst die Kommunen zur Diskussion miteinander und zur Abwägung möglicher Fusionen aufgerufen. Die Gutachter hätten Übersichten der "finanziell attraktiven Fusionsmodelle" vorgelegt. Am Beispiel der VG Kelberg bedeute das: "Das Modell, das einen unveränderten Fortbestand der VG Kelberg vorsieht, rangiert in der maßgebenden Übersicht erst an dritter Stelle.” Dennoch betont Freichel: "Wir sind ja erstmal noch in der Freiwilligkeitsphase. Die gilt bis 2012. Und in dieser Phase mischt sich das Ministerium nicht ein." Falls die Landesregierung jedoch nach dieser Freiwilligkeitsphase über Gebietsänderungen entscheide, werde man die Ergebnisse der Trierer Untersuchung berücksichtigen, sagt David Freichel. "Mit uns gibt es keine Zwangsehen und damit auch keine Zwangsreform", sagt Günther Schartz (CDU), verantwortlich für kommunale Entwicklungen in der Mannschaft um Julia Klöckner, die bei der Landtagswahl im März für das Ministerpräsidentenamt kandidiert. "Kommunen sollen sich auf freiwilliger Basis zusammenschließen. Das Gutachten ist ein inhaltlicher Einstieg in die Reformdiskussion, aber nur für die Eifel und nicht für ganz Rheinland-Pfalz." Es beleuchte "nicht die Kreise, nicht die Verbandsgemeindewerke, auch nicht die Schulstrukturen oder sonstigen Möglichkeiten, Verwaltung zu optimieren". Deshalb würden die Christdemokraten "im Falle einer Regierungsübernahme die Grundlagen für diese Reform neu erstellen. Dabei ist uns wichtig, dass freiwillige Fusionen über Verbandsgemeinde- und Kreisgrenzen hinweg möglich sind. Der Sinn einer ordentlichen Kommunal- und Verwaltungsreform ist es, nicht über die Gebiete zu diskutieren sondern über die Aufgaben. " (fpl)

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