"Gerarzstein" - "Gerolstein"

Jacques Offenbachs Operette "Die Großherzogin von Gerolstein" war 1867 die größte Attraktion der Pariser Weltausstellung. Vielleicht haben sich die Zuschauer damals gefragt, wo denn dieses Gerolstein liegt und wie dieses Großherzogtum zu seinem Namen gekommen ist. Diese Frage ist bis heute nicht eindeutig geklärt.

 Die Ursprünge von Gerolsteins Wahrzeichen, der Löwenburg, stammen vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. TV-Foto: Archiv/Mario Hübner

Die Ursprünge von Gerolsteins Wahrzeichen, der Löwenburg, stammen vermutlich aus dem 13. Jahrhundert. TV-Foto: Archiv/Mario Hübner

Gerolstein. Jacques Offenbachs Operette - eine wunderbare Satire auf das Militär und die adelige Gesellschaft - spielt in einem Kleinstaat oder Fürstentum Gerolstein, die es leider nie gab. Dichterische Freiheit! Allerdings regierten über fast 700 Jahre vom Burgberg aus verschiedene Grafengeschlechter Stadt und Land Gerolstein.

Gesichert ist, dass die Burg (ab dem 15./16. Jahrhundert Residenzschloss), die heute "Löwenburg" genannt wird, von den Grafen von Blankenheim errichtet wurde. Vieles spricht für einen Baubeginn deutlich vor dem Jahr 1300. Der Bau wird sich über Jahre hingezogen haben, über Jahrhunderte wurden immer wieder Ergänzungen, Befestigungen und Umbauten vorgenommen. Graf Gerhard IV. von Blankenheim, er regierte von 1267 bis 1308, gilt als der eigentliche Erbauer der Burg, denn er ließ sie zur Wehrburg umbauen. Er nannte sie "Gerarzstein", gelegentlich taucht auch der Name "Gerhardstein" auf. Erster urkundlicher Beleg ist die "Henkyn"-Urkunde vom 20. Juni 1330. Darin verpflichtet sich Henkyn von Buidisheym (Büdesheim, westlich von Gerolstein), Burgmann des Grafen Gerhard von Blankenheim zu werden und ein "Haus zu Gerarzstein zu bauen gleich anderen Burgleuten".

Diese Urkunde belegt, dass es 1330 bereits eine Burg "Gerarzstein" gab, liefert dazu auch den Beweis für eine bereits vorhandene oder im Entstehen befindliche Ansiedlung. Diese wuchs schnell zu einem Burgdorf oder Flecken, so dass Kaiser Ludwig der Bayer im Jahr 1336 den "bescheidenen Leuten von Gerhartstein…" die Stadtrechte verlieh.

77 Feuerstellen und 499 Einwohner



Burg und Stadt bildeten, auch wegen der gemeinsamen Befestigungsanlagen, Wasserversorgung und anderem mehr eine Einheit. Man unterschied nicht zwischen dem gräfliche Herrensitz und dem Ort mit seinen Bürgern am Fuße des Burgberges, beide zusammen waren "Gerhardstein" ("Gerhartsstein"). Der Begriff "Bürger" ist übrigens von "Burg" abgeleitet.

In der kleinen Ackerbürgerschaft lebten um 1400 oder 1500 wahrscheinlich um die 200 Menschen. 1802, im Jahr der ersten bekannten Volkszählung durch die französische Verwaltung, waren es 77 Feuerstellen (= Haushaltungen) und 499 Einwohner.

Damals trug die Stadt bereits ihren heutigen Namen Gerolstein. Bis dahin gab es, abgeleitet von "Gerarzstein" (1330) und "Gerhardstein (1336), eine Reihe verschiedenster Schreibformen, einige sind nachstehend mit Jahreszahl aufgeführt: Geroltzsteyne (1341); Gerolsteyn, Geroldstein, Gerhardstein (1354), Gerarzsteyne (1357), Gerartstein (1428), Gerhardtstein (1468), Geretstein (1489), Gerholtstein (1576), Gerholstein (1708 - 1717), Girholstein (1717) und Gyrolstein (1780).

Da es früher keine verbindlichen orthografischen Festlegungen gab, ist es nicht verwunderlich, dass durch Dialekte und Eigenheiten im Schreibverhalten des jeweiligen Schreibers unterschiedliche Formen entstanden. Ganz zu schweigen von den mundartlichen Bezeichnungen "Jirrelsteen", "Jereschte" oder "Jerolsteen".

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