Gericht ahndet Selbstjustiz

Daun · Zu 2250 Euro Strafe wegen gefährlicher Körperverletzung hat das Amtsgericht Daun einen 22-Jährigen aus Daun verurteilt. Im Juni hat er einen 59-Jährigen zusammengetreten und schwer verletzt. Das Opfer hatte zuvor zwei Freunde des 22-Jährigen niedergestochen und war geflohen.

Daun. Der Prozess vor dem Amtsgericht in Daun ist ein Randaspekt des Verfahrens, das vor dem Landgericht Trier verhandelt wird: Dort ist ein 59-jähriger Dauner wegen zweifachen versuchten Mordes angeklagt. Er soll im Juni zwei Gäste einer Kneipe in der Dauner Innenstadt mit einem Messer niedergestochen haben und geflüchtet sein.
Genau da setzt der Prozess in Daun an. Denn der Freund der beiden Opfer ist zum Zeitpunkt der Messestecherei auf der Toilette. Als er zurückkommt, bemerkt er den Aufruhr und findet einen seiner Kumpels blutend vor der Kneipe liegend. Da der Notarzt verständigt ist, sucht er seinem anderen Kumpel, der sich auf den Weg ins Krankenhaus gemacht hat. Als er ihn antrifft, zieht der sein T-Shirt hoch, und der junge Mann sieht die blutende Wunde nahe des Herzens. Ein Bild, das ihn, wie er sagt, verfolgt. Spätestens da trifft er die Entscheidung, den Täter auf eigene Faust zu stellen. Nachdem er seinen Freund ins Krankenhaus gebracht hat - beide Opfer kommen nur durch Notoperationen durch -, durchkämmt er mit weiteren Bekannten die Stadt. In der Arensbergstraße trifft er den Flüchtigen. Die Gruppe folgt ihm in kurzer Entfernung bis zum Netto-Parkplatz, wo der 22-Jährige den Mann mit einem Sprung in die Beine niederstreckt und ihm den Oberschenkel bricht. Der 59-Jährige liegt wehrlos am Boden. Als er, so die Aussage eines Zeugen, sich mit beiden Armen aufstützen und aufrichten will, tritt ihm der Verfolger heftig gegen den Kopf. Kurz darauf trifft die Polizei ein. Der Mann erleidet einen zweifachen Bruch des Unterkiefers und des Augenhöhlenbodens. Er muss mehrere Tage auf der Intensivstation verbringen und operiert werden.
"Der erste Tritt ist eventuell noch mit dem Jedermann-Paragrafen zu rechtfertigen, um den Flüchtigen zu stellen. Der zweite Tritt nicht mehr. Das war Selbstjustiz", sagte Staatsanwalt Jörn Patzak. Weil er zuvor aber auch mit dem Messer bedroht wurde, alkoholisiert und emotional aufgewühlt war, ging er von einem minder schweren Fall von gefährlicher Körperverletzung aus und plädierte für eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 25 Euro. Dem schloss sich das Gericht an. Das Urteil ist rechtskräftig. mh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort