Gericht: Dauner Missbrauchsprozess endet mit Haftstrafe für 28-jährigen Angeklagten

Trier/Daun · Zu einem Jahr und sechs Monaten Haft ohne Bewährung hat das Landgericht Trier einen 28-Jährigen aus dem Vulkaneifelkreis wegen sexuellen Missbrauchs einer handlungsunfähigen Frau verurteilt. Es sei erwiesen, dass der Mann versucht hatte, Geschlechtsverkehr mit seiner schlafenden Ex-Freundin zu haben.

Der Angeklagte und das Tatopfer hatten am Abend des 17. Juni miteinander Schluss gemacht. Die Nacht konnte der Mann nach dem von ihm gewünschten Ende der jahrelangen Beziehung noch in der Dauner Wohnung der Ex-Freundin verbringen. Seine Sachen waren gepackt, um sich am Morgen von seinem Vater in seine Wohnung nach Kelberg bringen zu lassen.
Er ging ins Schlafzimmer, sie wählte die Wohnzimmercouch. Vor dem Hinlegen, heißt es in der Anklageschrift von Staatsanwalt Stephane Parent, soll die Frau ein Beruhigungsmittel genommen haben. Dies habe der Angeklagte ausgenutzt, um heimlich den Geschlechtsverkehr mit ihr zu versuchen. Sie erwachte aber und wehrte den Ex-Freund ab, wonach er von ihr abließ. Später erstattete sie auf Anraten ihres neuen Freundes Anzeige. In drei Verhandlungstagen hat sich das Bild einer fast chaotischen Beziehung gezeigt.
Beide Partner waren aufgrund ihrer Probleme in psychiatrischer Behandlung. Eifersucht, Selbstmorddrohungen, Versöhnungen: Die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz spricht mehrfach von einem "turbulenten und sehr ambivalenten Verhältnis". Schmitz: "Sie konnten nicht miteinander und nicht ohne einander."
Es bleiben Ungereimtheiten. Mit einem Gutachten über den Medikamentenkonsum der Frau war der Gerichtsmediziner Professor Dirk Breitmeier beauftragt. Der erklärt: "Da wir keine Blut- oder Urinwerte der Betreffenden haben, ist eine genaue Analyse der Dosis nicht möglich - wir können uns nur an die Angaben der Betreffenden halten." Und die seien derart niedrig, dass die Frau zum Tatzeitpunkt auf keinen Fall in einem von Medikamenten bedingten Tiefschlaf gelegen habe.
Psychologin Claudia Greve hält die Aussagen der Zeugin für glaubhaft und nachvollziehbar. Die Expertin verweist auf den eher geringfügigen und undramatischen Tatbestand, so wie er vom Opfer geschildert wird. Dies sei kein Fantasieprodukt, nur um den Angeklagten zu belasten. Greve: "Wenn Erwachsene einen Sachverhalt so authentisch, ohne Übertreibung oder Dramatisierung schildern, sagen sie erfahrungsgemäß die Wahrheit."
Staatsanwalt Parent geht in seinem Schlussplädoyer von einem nicht minderschweren Fall aus - zumal der Angeklagte zur Tatzeit gewusst habe, dass er gegen den Willen der Frau handelte. Sein Antrag: zwei Jahre und zehn Monate Haft. Dem schließt sich Nebenklagevertreter Eugen Ritzdorf an. Verteidigerin Martha Schwiering spricht von einer "problematischen Opfer-Zeugin und einem problematischen Angeklagten". Aus der ambivalenten Beziehung zwischen Täter und Opfer - beide hatten noch einen Tag zuvor einvernehmlichen Sex probiert - lasse sich nur ein minderschwerer Fall ableiten.
Das Urteil der Ersten Großen Strafkammer: Ein Jahr und sechs Monate Haft in einem minder schweren Fall. In der Begründung verweist Vorsitzende Schmitz auf die von der Sachverständigen als glaubhaft bescheinigten Aussagen der Opfer-Zeugin. Schmitz: "Nur um den Ex-Freund zu schädigen, hätte sie ein weitaus dramatischeres Täterbild zu zeichnen versucht." Für den minderschweren Fall spreche, dass Täter und Opfer seit Jahren sexuell miteinander vertraut gewesen seien, die Tat nur ein kurzer Versuch gewesen sei und er danach sofort vom Opfer abgelassen habe.
Da der Verurteilte schon eine Bewährungsstrafe wegen Körperverletzung hatte, wird er die neue Strafe absitzen müssen. Außerdem bleibt er in Untersuchungshaft, in der er sich derzeit wegen eines anderen Tatverdachts befindet - es geht um räuberische Erpressung.

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