Konzert Mozart-Wochen Eifel: Der Zauber des Spätwerks und der Schwung der Jugend
Gerolstein · Dirigent Georg Mais, das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim und die Solistin Mascha Wehrmeyer begeisterten in Gerolstein mit Kompositionen von Mozart und Mendelssohn Bartholdy.
Seit 2002 ist die Erlöserkirche in Gerolstein ein fester Bestandteil der Konzerte im Rahmen der Mozart-Wochen Eifel – ein märchenhaft anmutender Kirchenraum, in dem sich kaum Hall entwickelt. „Als wären die Wände mit Samt abgehangen“, sagt Sebastian Wiesen, Leiter der Tourist-Information Prümer Land und Mitorganisator der Konzertreihe. Sie zählt längst zu den herausragenden Kulturereignissen in der Großregion zwischen Rhein, Mosel und den Ardennen. Der Dirigent Georg Mais, einer der Initiatoren der Mozart-Wochen, und das Südwestdeutsche Kammerorchester eröffnen den Konzertabend in der Erlöserkirche mit Wolfgang Amadeus Mozarts Adagio und Fuge c-moll. Dieses Stück hatte der 1783 für zwei Klaviere gesetzt, bearbeitete es aber erst 1788 für Streichorchester. Somit gebe es eine leichte Diskrepanz zum Motto der Konzertreihe, das mit Mendelssohn Bartholdy und Mozart „Zwei Wunderkinder der Musikgeschichte“ in den Mittelpunkt stelle, erklärt Georg Mais. „Denn die Komposition gilt als Spätwerk.“
Doch das liege im Auge des Betrachters, sagt der Dirigent. Mozart, der im Alter von 35 Jahren 1791 starb, war zu diesem Zeitpunkt erst 32. „Allerdings hatte er bereits mit fünf Jahren seine erste Auftragskomposition vollendet.“ So gesehen, gehe die Bezeichnung als „Spätwerk“ in Ordnung, sagt Mais und gibt einen Einblick in das unstete Leben des jungen Genies: „Von seinen 35 Lebensjahren war Mozart zehneinhalb Jahre auf Tournee“, erzählt er. „Im 18. Jahrhundert war das eine riesige Anstrengung, denn der einzige fahrbare Untersatz waren Pferdekutschen. Dennoch hat Mozart auch auf diesen langen Reisen komponiert.“ Dass der Österreicher so jung verstarb, sei vielleicht auch diesen auszehrenden Jahren auf Tournee geschuldet.
Das Adagio und Fuge c-Moll klingt mit seinen getragenen Tönen fast schmerzlich, als ob den Komponisten bereits schwante, was schon bald bevorstand. Von der verspielten Leichtigkeit des jungen Genies ist kaum noch etwas geblieben, den Melodien setzt Mozart einen eigentümlichen chromatischen Tonfall entgegen.
Lediglich 90 Besucher dürfen am Freitagabend coronabedingt dabei sein, rund 300 Gäste hätten in der Erlöserkirche ansonsten Platz. Doch diejenigen, die kommen durften, belohnen die Musiker mit reichlich Applaus. Bevor die junge Violinistin Mascha Wehrmeyer die Bühne betritt, erzählt Georg Mais eine Anekdote aus dem Leben Felix Mendelssohn Bartholdys: „Sein Vater war das, was wir heute einen Banker nennen würden, das Elternhaus, in dem das zwölfjährige Wunderkind das Violinkonzert in d-Moll und die Sinfonie Nummer 2 in D-Dur komponiert und uraufgeführt hat, stand in der Leipziger Straße Nummer 5 in Berlin“, sagt Mais. Heute sei an dieser Stelle der Sitz des Bundesrats zu finden – gleich nebenan das Bundesministerium der Finanzen.
Wehrmeyer, die in Berlin an der Hochschule Hanns Eisler in der Meisterklasse bei Antje Weithaas studiert, spielt ein kraftvolles und brilliantes Violinsolo des Werks in d-Moll, das in einem Tempo von 138 Schlägen in der Minute daherkommt. Die Finger Wehrmeyers fliegen förmlich über die Mensur, den Geigenhals – das Publikum dankt mit anhaltendem Applaus, so lange bis die Solistin eine Zugabe gibt.
Mit der Sinfonie Nummer 2 von Mendelssohn und dem Divertimento D-Dur, einem der früheren Werke Mozarts. geht der Konzertabend weiter. Und das in einem hohen Tempo, von Allegro bis Presto. „Wir spielen so schnell, damit die Mozart-Wochen nicht von Corona eingeholt werden“, scherzt Georg Mais nach der Aufführung. Die Veranstaltungen liefen bisher alle sehr gut. „Denn wir haben es ja mit einem eingespielten Team zu tun, Sebastian Wiesen leistet eine ausgezeichnete Arbeit“, berichtet Mais, der fast den gesamten Abend ohne Notenvorlage dirigiert. „Ich habe die Musik verinnerlicht“, sagt er dazu.
Mit „Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist“ verabschieden der Dirigent und das wie immer hervorragende Südwestdeutsche Kammerorchester das Publikum. Die Komposition stammt zwar von Johann Sebastian Bach, den Text des Lieds „Veni creator spiritus“ hat aber Martin Luther vom Lateinischen ins Deutsche übersetzt. Passt also als Zugabe in einer Evangelischen Kirche.