Gesellschaft Gerolstein setzt ein Zeichen gegen Intoleranz

Gerolstein · Seit rund zwei Wochen wehen Regenbogenfahnen an öffentlichen Gebäuden in der Verbandsgemeinde. Wer dahintersteckt und welche Botschaft vermittelt werden soll.

 Die Regenbogenflagge in der Verbandsgemeinde Gerolstein wurde  als Zeichen für Toleranz und Gleichberechtigung an öffentlichen Gebäuden gehisst. Das Bild zeigt die Fahne am Rathaus in Hillesheim.

Die Regenbogenflagge in der Verbandsgemeinde Gerolstein wurde  als Zeichen für Toleranz und Gleichberechtigung an öffentlichen Gebäuden gehisst. Das Bild zeigt die Fahne am Rathaus in Hillesheim.

Foto: Vladi Nowakowski

Während der Vorrunde der Europameisterschaft schlugen die Wellen hoch: Das Münchner Olympiastadion sollte beim Spiel Ungarn – Deutschland in Regenbogenfarben angestrahlt werden, um ein Zeichen gegen ein ausgesprochen homophobes Gesetz der Orban-Regierung zu setzen. Ende der Geschichte: Die Uefa verbot die farbenfrohe Aktion, weil die hauseigene Satzung politische und religiöse Statements während der Veranstaltungen nicht erlaube.

Die Frage, ob denn solch ein Zeichen für mehr Mitmenschlichkeit dazu zählt, ließ die Europäische Fußballunion unbeantwortet – woraufhin die Verbandsgemeinde und die Stadt Gerolstein in der fernen Eifel eine Antwort parat hatten, und an mehreren öffentlichen Gebäuden die Regenbogenflagge hissten. „Die Fahnen wehen vor den Rathäusern von Gerolstein, Hillesheim und Jünkerath und am katholischen Gemeindehaus Gerolstein“, sagt Gudrun Nahrendorf, Gleichstellungsbeauftragte der Verbandsgemeinde. Eine Fahne hinge am Geländer der Kyllbrücke in Gerolstein.

Nahrendorf hatte die Aktion im Vorfeld mit Stadtbürgermeister Uwe Schneider und VG-Chef Hans Peter Böffgen besprochen und Zustimmung für die Idee erhalten. „Der Juli ist traditionell der Regenbogenfarbenmonat, der sogenannte „Pride-Month“. Beide Bürgermeister waren sofort einverstanden.“

Die Regenbogenflagge sei seit jeher ein Symbol für Toleranz und Akzeptanz, für Hoffnung und Sehnsucht, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte.

Viele unterschiedliche Gruppen und Bewegungen, unter anderem Greenpeace haben die Flagge weltweit eingesetzt. „In den 1970er Jahren wurde die Fahne von der LGTBQ-Gemeinschaft (LGTBQ steht für Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) adaptiert und leicht verändert.“ sagt Nahrendorf. In dieser Variante der sogenannten Queercommunity gebe es nur sechs Farben, im Gegensatz zum Original seien sie anders angeordnet. „2021 ist das Hissen der Regenbogenfahne besonders wichtig, um Solidarität zu zeigen. Die Queercommunity ist Teil unserer modernen Gesellschaft“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte. Ein Blick auf die grassierende Homophobie rund um die Welt gibt ihr recht: Das eingangs schon erwähnte Ungarn, Russland und viele muslimische Staaten diskriminieren und verfolgen schwule und lesbische Menschen, in manchen Ländern droht für das offene Ausleben des Andersseins sogar die Todesstrafe. „Nur eine offene, plurale und vielfältige Gesellschaft wird zukunftsfähig sein“, ist Gudrun Nahrendorf überzeugt. „Mit Toleranz können wir andere Lebensentwürfe akzeptieren und respektieren.“ Positive Beispiele gebe es auch in der Eifel, erzählt Nahrendorf und schickt einen Brief eines schwulen Paares, aus dem unsere Zeitung mit Einverständnis der Verfasser zitieren darf. (Siehe Artikel unten)

Besondere Vorkommnisse rund um die Regenbogenflaggen an den Rathäusern habe es nicht gegeben, berichtet die Gleichstellungsbeauftragte. „Nur die Fahne, die am Mast vor dem Gerolsteiner Rathaus hing, ist verschwunden“, sagt sie. Die Flagge sei daraufhin ersetzt worden. Ach ja - und ein Telefonanruf habe sie erreicht: „Es rief mich ein Mann an, der die Aktion toll findet. Seinen Namen wollte er nicht nennen, aus Angst in eine bestimmte Schublade gesteckt zu werden.“ Deutschland 2021. 

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