Gerolsteiner baut erstes Pedal-Fahrrad

Gerolstein kann sich vieler Dinge rühmen. Unter anderem auch, das vermutlich älteste Fahrrad der Welt zu haben. Wer es sehen möchte, muss lediglich im Kreisheimatmuseum Gerolstein vorbeischauen.

Gerolstein. Viele technische Museen in Deutschland beneiden die Gerolsteiner um den vermutlich ältesten "Drahtesel" der Welt. Doch das Museum in der Vulkaneifel gibt sich bescheiden und behauptet, lediglich im Besitz des ältesten Fahrrads mit Pedalen zu sein.

Ein Gerolsteiner hat es gefertigt. Es war der Schmied- und Stellmacher-Lehrling Johann Peter Schneider, geboren am 1. August 1843 in Gerolstein. Das weltweit erste Fahrrad mit Pedalantrieb war sein Gesellenstück. Nach seinem Volksschulbesuch begann er seine Ausbildung in Malmedy (Belgien), die er erfolgreich abschloss. Prunk- und Glanzstück seiner praktischen Gesellenprüfung war eben jenes viel bewunderte Fahrrad.

Sicher, damals waren Fahrräder längst bekannt, denn bereits 1817 hatte Freiherr Karl Drais ein Fahrrad erfunden - ganz aus Holz gefertigt. Aber dies besaß noch keine Pedale. Der Fahrer saß zwischen den Rädern und stieß sich mit den Füßen am Boden ab - ein enormer technischer Fortschritt. Bald wurde diese "Laufmaschine" nach ihrem Erfinder "Draisine" genannt. Viel belacht und verspottet wurde sie, denn das Fahren mit ihr erforderte einige Geschicklichkeit. Das ungewohnte Balancieren von Laufen und Lenken war für den Fahrer nicht einfach.

Fahrt mit dem Rad war nicht komfortabel



So dauerte es noch fast 50 Jahre, bis der Pedalantrieb erfunden wurde - von Johann Peter Schneider. Voller Stolz fuhr er mit seinem pedalangetriebenen Fahrrad 1863 von Malmedy nach Gerolstein. Dort ließ sich der, der im Gerolsteiner Dialekt nur "Hampitter" genannt wurde, als Schmied und Stellmacher nieder.

Viele Fahrten machte er mit seiner Erfindung in die nähere und weitere Umgebung. Und immer wieder musste er erleben, wie ihm die Leute erschrocken hinterher blickten, wenn er so schnell die schlechten Wege und Straßen herunterholperte.

Angenehm war das Fahren mit diesem Rad sicherlich nicht, denn es besaß Eisenreifen ohne Gummi, Holzspeichen und eine harte Eisenplatte als Sattel. Es verfügte noch nicht über eine Rücktrittbremse, besaß keinen Freilauf und noch kein Kugellager.

Johann Peter Schneider hätte reich werden können, wenn er sein "pedalgetriebenes Rad" als Patent angemeldet hätte. Aber wer wusste damals davon etwas? Andere wussten sich besser zu vermarkten. So Pierre Lallement, der 1866 ein US-Patent auf seine "Pedal-Tretkurbel" erhielt und damit sehr vermögend wurde. Auf der Weltausstellung 1867 in Paris erregten solche sogenannten "Tretkurbelräder" große Aufmerksamkeit. Das war 1867, aber da fuhr der Gerolsteiner "Hampitter" bereits mehr als vier Jahre mit seinem "Velociped". Damit war es das erste Vorderrad-Pedal-angetriebenene Fahrrad der Welt, ohne dass die Welt davon wusste.

Im Jahre 1914 starb der Erfinder Johann Peter Schneider. Es ist seiner Familie und seinen Nachkommen zu verdanken, dass seine wertvolle technische Errungenschaft nicht verloren ging, sondern einen gebührenden Ehrenplatz im Kreisheimatmuseum in Gerolstein gefunden hat - beheimatet im ehemaligen Pfarrhaus Sarresdorf.

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