Gerolsteiner Klinik schließt Kreißsaal ab Juli

Gerolstein · Das Krankenhaus Gerolstein, das mit den Häusern in Bitburg und Neuerburg den Verbund Marienhaus-Klinikum Eifel bildet, schließt zum 1. Juli dieses Jahres seine Geburtshilfestation. Das hat der Träger bekanntgegeben. Der Krankenhausstandort Gerolstein sei aber weiterhin sicher.

Gerolstein. Es sei eine Entscheidung "schweren Herzens" gewesen, die Geburtshilfestation des Krankenhauses Gerolstein zum 1. Juli dieses Jahres zu schließen, sagte Michael Osypka, Geschäftsführer des Trägers, der Marienhaus GmbH in Waldbreitbach.
Auslöser für die Entscheidung sei die Kündigung der drei Beleghebammen zum 30. Juni gewesen (der TV berichtete). Osypka: "Somit ist eine sichere Versorgung der werdenden Mütter und der Neugeborenen nicht mehr ausreichend gewährleistet."
Eine weitere Rolle habe gespielt, dass bereits in der Vergangenheit der langjährige Belegarzt Karl-Heinz Schnabel, der noch rund drei Jahre praktizieren will, bei Krankheit, Urlaub oder Fortbildung durch das Ärtzeteam aus Bitburg "erheblich unterstützt" worden sei.
157 Geburten im Jahr 2012


Außerdem werden auch im Krankenhaus in Gerolstein seit Jahren sinkende Geburtenzahlen registriert. Seien es im Jahr 2000 noch mehr als 600 im Kreis gewesen, so ist die Zahl 2012 auf unter 400 gesunken. Im Gerolsteiner Krankenhaus wurden im vergangenen Jahr noch 157 Kinder zur Welt gebracht.
So sagte denn auch der ärztliche Direktor, Professor Dr. Christian Blöchle: "Wir haben von Jahr zu Jahr überlegt, ob wir noch weitermachen können. Und haben uns bisher stets gesagt: Ja, ein Jahr geht es noch. Obwohl wir stets knapp auf Kante genäht waren. Unter den jetzigen Umständen haben wir aber erhebliche Zweifel daran, die Anforderungen in puncto Sicherheit 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche im Bereich der Geburtshilfe zu gewährleisten." Laut Geschäftsführer Osypka werden, um mit Festangestellten einen 24-Stunden-Service zu gewährleisten, 5,7 Hebammen pro Krankenhaus benötigt.
Die drei Hebammen des Gerolsteiner Krankenhauses sind freiberuflich tätig. Sie hatten zur Jahresmitte gekündigt, weil sie für ihre Haftpflichtversicherung deutlich mehr bezahlen mussten und daher vom Haus mehr finanzielle Unterstützung erwartet hatten. Sie werden künftig in Prüm und Daun arbeiten.
Das halbe Dutzend Pflegekräfte der Geburtshilfestation soll in anderen Abteilungen unterkommen. Kündigungen gibt es laut Geschäftsführung nicht. Aber dafür künftig für Schwangere in vielen Orten des Kreises deutlich längere Anfahrtszeiten zum nächsten Krankenhaus, etwa nach Daun, Prüm oder Bitburg.
Auf die Frage, ob er mehr als eine halbe Stunde für zumutbar hält, sagte der Geschäftsführer: "Diese Situation gibt es oft in Deutschland." Mit den Nachbarkrankenhäusern, auch denen anderer Träger, werde jetzt gesprochen, um die Versorgungslücke zu schließen.
Schließungen weiterer Abteilungen in Gerolstein seien kein Thema. "Im Gegenteil, wir haben durch die Schaffung unseres Verbunds die Leistungen sogar ausgeweitet. Von einem Anfang vom Ende kann überhaupt nicht die Rede sein", sagte der ärztliche Direktor Blöchle.
Matthias Pauly (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde Gerolstein, bedauerte die Entscheidung. Er sagte: "Es fällt mir schwer, sie zu respektieren." Er habe dem Krankenhaus-Träger angeboten, gemeinsam zu überlegen, wie der Krankenhaus-Standort Gerolstein für die Zukunft gestärkt werden könne. Auf die Frage, ob das Fehlen einer Geburtshilfe künftig dazu führen werde, dass junge Familien eben nicht mehr ins Gerolsteiner Land zögen, meinte Pauly: "Das ist zwar ein Kriterium bei der Standortwahl, aber ich denke, nicht das herausragende. Von daher habe ich da keine Befürchtung."
Seine Amtskollegin Heike Bohn (parteilos) aus dem Hillesheimer Land, aus dem ebenfalls viele Frauen zur Geburt in die Gerolsteiner Klinik gekommen sind, sagte: "Das ist ein deutlicher Verlust für die gesamte Region, da die Frauen nun wesentlich weitere Wege in Kauf nehmen müssen. Und das ist unmittelbar vor einer Geburt nicht so toll." Sie bezeichnete die Entscheidung als "ärgerlich": "Es stimmt mich alles andere als froh, wenn wir tatenlos zusehen müssen, wie immer mehr an Grundversorgung - hier eben medizinischer Art - bei uns verloren geht."Meinung

Unliebsames Kind
Krankenhäuser sind knallhart geführte Wirtschaftsunternehmen, die möglichst profitabel arbeiten wollen. Da spielt es kaum eine Rolle, ob der Träger christlich, rein privat oder staatlich ist. Mit einer entscheidenden Ausnahme: Die staatlichen Häuser machen in der Regel immer Miese, halten dafür aber die Grundversorgung aufrecht. Den privaten Betreibern fällt es da schon leichter, einen nichtprofitablen Zweig zu schließen. Wie nun eben die Geburtshilfe in Gerolstein. Die ist nämlich richtig teuer. So hat die Geschäftsführung dargelegt, dass das Krankenhaus pro Geburt maximal 1750 Euro vom Staat bekommt, die Kosten aber deutlich höher liegen. Vor allem die saftigen Haftpflichtprämien schlagen zubuche. Und dann ist da noch der Imageschaden, wenn bei einer Geburt wirklich mal was schiefgeht. Und die Arbeit mit der Dienstplanung, mit Vertretungen, mit Forderungen. Die Geburtshilfe, ein unliebsames Kind. Für das sich jetzt endlich Gründe gefunden haben, es abzuschieben. m.huebner@volksfreund.deExtra

Die Krankenhäuser in Gerolstein, Bitburg und Neuerburg bilden den Verbund Marienhaus-Klinikum Eifel. Der beschäftigt 1067 Mitarbeiter und hält 527 Betten vor. Das Krankenhaus Gerolstein mit rund 300 Mitarbeitern und 173 Betten hat noch vier Hauptfachabteilungen: Anästhesie, Chirurgie, Innere und Psychiatrie. Zudem die Gynäkologie samt Geburtshilfe. Über die Zukunft der Gynäkologie würden derzeit noch Gespräche geführt. Christlicher Träger des Krankenhaus-Verbunds ist die Marienhaus GmbH in Waldbreitbach. mh

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