Gewerbesteuer lässt die Stadtkassen klingeln

Daun · Die Konjunktur läuft, davon profitieren auch die meisten Kommunen. Auch in fast allen Verbandsgemeinden im Kreis sind die Gewerbesteuereinnahmen höher als geplant.

Daun. Die Wirtschaft in Deutschland läuft, in den Kassen klingelt es, auch in denen des Staates. Bund, Länder und Gemeinden erwarten in diesem Jahr Steuereinnahmen in der Rekordhöhe von 602,4 Milliarden Euro. Profitiert davon auch die Basis, sprich kleine Städte und Ortsgemeinden? Für viele von ihnen ist die Gewerbesteuer die mit Abstand bedeutendste Einnahmequelle. Für den Kreis Vulkaneifel ergibt sich ein unterschiedliches Bild.

So haben sich in der Verbandsgemeinde Gerolstein die Gewerbesteuereinnahmen nach Mitteilung von Kämmerer Heinz-Josef Hockelmann "sehr positiv" entwickelt. Bei allen Gemeinden seien die Ansätze für 2012 mehr als erreicht worden. Beispiel Stadt Gerolstein: Die Gewerbesteuereinnahmen waren ursprünglich auf 3,1 Millionen Euro geschätzt worden, tatsächlich sind es derzeit schon fast fünf Millionen Euro. 2011 waren es knapp drei Millionen Euro.

In der Verbandsgemeinde Obere Kyll hingegen ist die Tendenz leicht rückläufig. Auf etwa 2,9 Millionen Euro belaufen sich die Einnahmen für 2012, knapp 50 000 Euro weniger als im vergangenen Jahr.

Ein Rückgang ist in der Verbandsgemeinde Kelberg zu verzeichnen, was auch vor der Gemeinde Kelberg selbst keinen Halt macht. "2012 liegen die Gewerbesteuereinnahmen rund 20 Prozent unter denen des vergangenen Jahres", berichtet die Leiterin der Finanzabteilung, Karin Ternes.
Allerdings muss diese Bilanz relativiert werden: 2011 hatte die Gemeinde Kelberg ein "absolutes Spitzenjahr", mit etwa 3,2 Millionen Euro gab es die bisher höchste Gewerbesteuereinnahme. Deshalb sind die aktuellen Zahlen (etwa 2,6 Millionen Euro) auch nicht wirklich schlecht: Trotz des Rückgangs liegen die Einnahmen, bezogen auf die vergangenen sechs Jahre, immer noch an dritter Stelle.

Apropos Rekordergebnis: Ein solches gibt es in der Verbandsgemeinde Hillesheim. Die Stadt Hillesheim nimmt mehr als doppelt so viel an Gewerbesteuer ein wie geplant: etwa 1,5 Millionen Euro, geschätzt waren 700 000 Euro. Die höchste Summe, die jemals in der Stadt Hillesheim gezahlt wurde, aber einen speziellen Grund, warum die Einnahmen so hoch ausfallen, kann Kämmerer Uwe Hochmann nicht nennen. "Grundsätzlich ist es so, dass die örtliche Wirtschaft boomt, und 2012 ist sicher ein außergewöhnlich gutes Jahr, was die Gewerbesteuer angeht. Aber auf diesem Niveau wird das nicht so bleiben."
Das gute Ergebnis löst bei Stadtbürgermeister Matthias Stein nicht nur pure Freude aus. "Natürlich freue ich mich, wenn die Wirtschaft in der Stadt läuft, was etwas getrübt wird, wenn ich sehe, was für uns übrig bleibt." Was Stein meint: Von den Einnahmen kassieren allein Kreis und VG jeweils 42,5 Prozent an Umlagen: "Das macht keinen Spaß mehr." Er ist kein Befürworter der Abschaffung der Gewerbesteuer, was schon mehrfach diskutiert worden ist. "Gewerbesteuer ja, aber es muss einen anderen Verteilungsschlüssel geben. Das System muss so verändert werden, dass den Kommunen mehr bleibt."

Keine gravierenden Veränderungen gibt es in der Verbandsgemeinde Daun. Auch in der Stadt Daun bewegen sich die Gewerbesteuereinnahmen etwa auf dem kalkulierten Niveau. 4,2 Millionen Euro wurden erwartet, tatsächlich sind es derzeit 4,5 Millionen. Im vergangenen Jahr waren es vier Millionen Euro.
Meinung

Fluch und Segen
Die Gewerbesteuer ist Fluch und Segen für die Kommunen. In fetten Jahren, wenn die Konjunktur läuft, sprudelt diese für Städte und Gemeinden so wichtige Einnahmequelle, dann wird auch nicht über eine mögliche Abschaffung geredet. Geht es der Wirtschaft schlecht - wie zuletzt 2008/2009 - steht sie wieder zur Disposition. Dabei geht es doch nicht nur um die Gewerbesteuer, sondern um das dringend erneuerungsbedürftige System der Gemeindefinanzierung. Das ewige Auf und Ab der Einnahmen aus der Gewerbesteuer muss einer für die Kommunen verlässlichen Finanzgrundlage weichen. Es kann auch nicht auf ewig so bleiben, dass die Gemeinden mit ihren Einnahmen zwei Verwaltungsebenen finanzieren. Das ist auf Dauer Luxus, angesichts von immer weniger Menschen, die zu verwalten sind, und immer weniger Aufgaben, die die Verwaltungen zu erledigen haben. Auch hier fehlt dem Land der Mut: Die nun anstehenden Zusammenschlüsse von Verbandsgemeinden und die nach 2014 zu erwartende Neuordnung der Kreise sind letztlich nur Kosmetik, ändern aber nichts am System von zwei Verwaltungsebenen. Eine zu viel. s.sartoris@volksfreund.deExtra

Mit der Gewerbesteuer bestreiten die Kommunen einen Großteil ihrer Haushalte. Sie wird von jeder Gemeinde selbst mit einem sogenannten Hebesatz festgelegt. Bei der Gewerbesteuer wird ausgegangen vom sogenannten "steuerpflichtigen Gewerbeertrag" der Betriebe, was im Handelsrecht dem Unternehmensgewinn entspricht. Dieser wird mit dem bundesweit einheitlichen Satz, der Steuermesszahl, von 0,035 multipliziert. Das Ergebnis wird wiederum mit dem von den Kommunen festgelegten Hebesatz verrechnet. Ein Rechenmodell am Beispiel der Stadt Daun: Ein Unternehmen macht 50 000 Euro Gewinn. Multipliziert mit der Steuermesszahl 0,035 ergibt das die Summe 1750. Berechnet mit dem Hebesatz der Stadt von 365 Prozent (mal 3,65) ergibt sich eine Gewerbesteuer von 6387,50 Euro. Bei der tatsächlichen Berechnung der Gewerbesteuer werden zum Gewinn noch Aufschläge addiert oder Freibeträge abgezogen. woc/sts

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