Glaube im Alltag

Spaziergang an einem Früh-lingsmorgen, das Moseltal erwacht gerade, doch noch ist es leise, alles Laute ruht noch. Durch die Weinberge erreiche ich bald den Wald, die Vögel sind keine Langschläfer.

 Jörg-Walter Henrich.

Jörg-Walter Henrich.

Foto: Gerda Knorrn-Belitz (GKB) ("TV-Upload Knorrn-Belitz"

Diese frühe Morgenwelt mahnt mich sanft, leise zu sein. Ich könnte den Gesang stören. Langsam, tief atmend, gehe ich, Luft und Frische, leichter Gang, unverbrauchter Tag, schlafkräftig, mühelos. Senkrecht schießt ein Eichhörnchen den glatten Stamm empor. Nur der notwendige Aufstieg, seine Lust erwacht, je dünner Äste und Zweige werden. Je mehr sich die Zweige unter seinem leichten Gewicht biegen, umso mutiger wird es. Lächelt es mir zu? Die Angst zu fallen, scheint in dem Köpfchen dieses Tieres nicht vorzukommen. Gibt der letzte Halt unter den Füßen nach, setzt es zum Sprung an. Irgendwo in dem Zweigenmeer dort oben wird ein Ästchen sein, das es auffängt. So huscht es schwebend und federnd, fliegend und hüpfend von Baum zu Baum. Es lächelt mir tatsächlich zu. Ja, Lust hätte ich, nicht nur am Boden meinen Weg zu gehen. Lust hätte ich, mal zu balancieren, auszutesten, wie lang ein Ast trägt, um dann einfach zum Sprung anzusetzen, aller Angst enthoben, ganz gewiss, da ist etwas, das mich auffängt, trägt, Halt gibt. Ich kann gar nicht ins Nichts fallen. Lust hätte ich, manches unter mir zu lassen und mit meinem Gott über Mauern zu springen (Psalm 18,30) Jörg-Walter Henrich ist evangelischer Pfarrer in Traben-Trarbach.

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