Große Anstrengungen für die kleinen Helden

Gerolstein · Die Stadt Gerolstein investiert im nächsten Jahr mehr als sechs Millionen Euro. Dabei schlägt der Kindergarten in der Raderstraße mit vier Millionen Euro am stärksten zu Buche. Der Etat kann nicht ausgeglichen werden, die Verschuldung steigt auf mehr als zehn Millionen Euro.

Gerolstein. "Beim Kindergarten, der übrigens auf den Namen Kleine Helden getauft werden soll, läuft es super. Trotz des ambitionierten Zeitplans ist mit sehr großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der angestrebte Einzugstermin am 10 Mai 2013 eingehalten wird." Mit diesen Worten brachte Gerolsteins Stadtbürgermeister Bernd May (parteilos) den Stadtrat bezüglich der größten Einzelinvestition der Geschichte der Stadt auf den aktuellen Stand.
Eigenanteil: 3,47 Millionen Euro


Der Neubau der Kindertagesstätte in der Raderstraße, mit dem bereits im Herbst begonnen wurde, stellt im Etat der Stadt für kommendes Jahr den mit Abstand größten Ausgabeposten dar. Knapp vier Millionen Euro kostet das Vorhaben, hinzu kommen 170 000 Euro für Möbel, acht Laptops, eine Multimediaanlage und sonstiges. Nach Abzug der Zuschüsse (Land: 420 000 Euro, Kreis: 245 000 Euro) verbleibt ein Eigenanteil der Stadt von rund 3,47 Millionen Euro.
Weiterhin schlagen bei den Investitionen von insgesamt rund 6,3 Millionen Euro mehrere Straßenbauprojekte zu Buche. Für die gesamten Neuausgaben werden knapp 3,8 Millionen Euro weitere Kredite aufgenommen. Abzüglich der Tilgung steigt die Verschuldung der Stadt dadurch um mehr als drei auf 10,6 Millionen Euro.
Der Etat wurde dennoch mit großer Mehrheit verabschiedet. Einzig die beiden Grünen stimmten dagegen. Horst Lodde sagte: "Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse und reden zwar vom Sparen, lassen den Worten aber keine Taten folgen." Er nannte dies einen "systematischen Griechenland-Effekt".
Stadtbürgermeister May sagte daraufhin: "Unter den Dingen, die wir zu schultern haben, sind auch einige, die uns aufgebürdet werden. Allen voran der Kindergarten."
Damit spielte er auf die Vorgabe des Bundes an, bis August 2013 ausreichend Kita-Plätze auch für Kinder unter einem Jahr anzubieten.
Helmut Hauth von der CDU-Fraktion sagte: "Das sind alles Dinge, die wir tun müssen. Ansonsten entsteht ein Investitionsstau. Ich sehe, wenn überhaupt, nur minimales Einsparpotenzial."
Elke Oestreich (SPD) warf den Grünen vor, dass sich es sich zu einfach mache, nur dagegen zu stimmen, anstatt konkrete Einsparmöglichkeiten zu benennen. Das wiederum lockte Tim Steen von den Grünen aus der Reserve. "Sie wollen Vorschläge? Ich kann unsere gerne nochmals wiederholen: Wir sind, wie Sie wissen, dagegen, dass im nächsten Jahr gleich drei Straßenbauprojekte auf einmal in den Stadtteilen realisiert werden."
Und er verwies darauf, dass seine Fraktion sich im vergangenen Jahr für einen Einstellungsstopp bei der städtischen Kolonne ausgesprochen habe, aber damit im Stadtrat klar abgeblitzt sei.
Diskussion um den Winterdienst


Zudem griff er das Thema Winterdienst auf: "Wir haben im vergangenen Jahr einen Vorschlag gemacht, wie wir 20 Prozent einsparen können. Im Etat finde ich davon nichts wieder. Wir holen uns mit unseren Vorschlägen stets eine blutige Nase, und von den anderen Fraktionen kommt nichts."
Dem entgegnete Stadtbürgermeister May, dass sehr wohl beim Winterdienst gespart werde. So würde in dieser Saison die zeitintensive Handarbeit der Stadtarbeiter reduziert, an manchen Stellen nur noch eine Fahrbahn gestreut, und dort, wo zwei Bürgersteige sind, ebenfalls nur noch einer. Zudem werde ein neues Fahrzeug angeschafft, mit dem das Streugut automatisch und somit besser dosiert verteilt werden könne.
May: "Wir können das aber erst im Etat berücksichtigen, wenn wir wissen, was das ausmacht."
Zudem konnte er sich angesichts der entbrannten Spardiskussion noch einen Einwurf nicht verkneifen: "Dann müsste man aber auch über den Brunnen nachdenken."Meinung

Der Sparwille fehlt
So ganz unrecht haben die Grünen nicht: Im Stadtrat in Gerolstein ist - wie in vielen anderen Kommunen auch - noch immer kein Bewusstsein zu erkennen, dauerhaft zu sparen, Schulden abzubauen, Verzicht zu üben. Vielmehr herrscht die Meinung vor, mit dem Beitritt zum Entschuldungsfonds sei erstens genug getan. Zweitens müssten ja auch gesetzliche Vorgaben erfüllt werden (Beispiel Krippenplätze). Und drittens bringe ja ohnehin alles nichts, solange kein gerechteres Finanzierungsmodell für die Kommunen installiert worden ist, und viertens sollte man zugreifen, solange noch irgendein Zuschuss fließt. Falsch: Denn so weiter gehen kann es (schon lange ) nicht mehr, will man den Kindern nicht ein desaströses Erbe hinterlassen. Es muss viel mehr über Sparmöglichkeiten und Alternativkonzepte nachgedacht werden, wie so mancher Service, manches Angebot trotzdem aufrecht erhalten werden kann. Das Thema Straßenbeleuchtung hat gezeigt, dass da noch einiges geht. Und vieles werden wir uns künftig einfach nicht mehr leisten können. Was genau? Da gibt es viele Dinge. Zum Beispiel überall freie Straßen im Winter, permanent auf drei Zentimeter getrimmter Rasen sowie in Schuss gehaltene Grünflächen, den kostspieligen Ausbau unbedeutender Straßen, nur weil sie ein paar Dellen und Risse aufweisen und, und, und. Wer ungebremst einen Abhang hinabsaust, kommt nur selten unbeschadet davon. m.huebner@volksfreund.deExtra

Im Etat der Stadt Gerolstein für 2013 fehlen 1,2 Millionen Euro. Dass das Loch nicht noch größer ist, hat damit zu tun, dass die Umlagen um rund eine Millionen Euro geringer sind als noch dieses Jahr. 2013 zahlt die Stadt an Kreis und Verbandsgemeinde jeweils drei Millionen Euro. Größte Einnahmequelle ist die Gewerbesteuer: Nach konservativer Prognose wird mit 3,5 Millionen Euro gerechnet. In diesem Jahr lag sie bei 4,4 Millionen Euro. Die Verschuldung der Stadt Gerolstein steigt um mehr als drei auf 10,6 Millionen Euro. mh

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort