Große schrumpfen, Kleine spüren Aufwind
Daun/Gerolstein · Eine immer älter werdende Gesellschaft und schwindendes Interesse an der Politik - das ist eine Entwicklung, unter der auch die Parteien im Landkreis Vulkaneifel leiden. Die Mitgliederzahlen stagnieren oder gehen zurück. Es gibt aber auch Verbände, die dem Abwärtstrend trotzen.
Daun/Gerolstein. "Riesiges Rekrutierungsproblem" und "kein Comeback": Dieses Schicksal hat der Trierer Politikprofessor Uwe Jun den politischen Parteien vorausgesagt (der Trierische Volksfreund berichtete).
Ein Blick auf die Parteien im Landkreis Vulkaneifel zeigt: Was Mitgliederzahlen angeht, treten sie entweder auf der Stelle oder müssen Verluste verkraften - so wie die CDU: Sie ist zwar mit Abstand die größte Partei im Kreis, hat aber seit 2002 die größten Verluste zu verzeichnen.
Auch die SPD registriert einen - wenn auch geringen - Mitgliederschwund, während die Grünen und die Linken eine stabile Mitgliederzahl vorweisen können.
Entgegen dem Bundestrend hat sich die FDP im Kreis innerhalb von zehn Jahren verdoppelt. Zuwachs hat es auch bei den Freien Wählern, der Bürger Union Vulkaneifel und den noch jungen Piraten gegeben.
CDU: Mit 736 Mitgliedern ist die CDU die stärkste Partei im Kreis, mit einem Durchschnittsalter von 60 Jahren die älteste. Die CDU hat von allen Parteien am meisten an Mitgliedern verloren: Sie hat heute 286 Mitglieder weniger als noch vor zehn Jahren. Die Bürgerinnen und Bürger seien zwar bereit, sich für einzelne Projekte einzubringen, aber "die meisten wollen sich nicht langfristig an eine Partei binden", sagt CDU-Kreisvorsitzender Gordon Schnieder.
Weitere 42 Mitglieder hat die CDU in den Jugendorganisationen Schüler Union und Junge Union. Für Nachwuchs ist so aber nur bedingt gesorgt, denn: "Die jungen Menschen bleiben nach ihrer Ausbildungszeit meist nicht in der Vulkaneifel", so Schnieder. Unter den Parteien im Kreis hat die CDU den niedrigsten Frauenanteil, nämlich 13 Prozent.
SPD: 370 Mitglieder, im Schnitt 55 Jahre alt, zählt die SPD zurzeit; ein Viertel davon sind Frauen. Die Mitgliederzahlen sind über einen längeren Zeitraum relativ konstant geblieben: "In den vergangenen zehn Jahren lag die Mitgliederzahl stets um die 400", so Kreisverbandschefin Astrid Schmitt. Vor allem junge Menschen treten der Partei neu bei, sagt Schmitt: "Fast 40 Menschen und damit rund zehn Prozent der Mitglieder sind in den vergangenen fünf Jahren in die SPD eingetreten, sie sind im Schnitt 30 Jahre alt." Den Grund für die Neueintritte sieht Schmitt in der vielfältigen Arbeit der SPD-Ortsvereine und den Aktivitäten des SPD-Kreisverbandes.
FDP: Hatte die FDP im Kreis vor zehn Jahren 24 Mitglieder, so sind es heute 52. Vorsitzender Marco Weber kennt die Gründe für den Zuwachs: "Unsere Mitglieder sind durch Gespräche und Stammtische in die Arbeit der Mandatsträger in Land und Bund voll einbezogen", sagt er. Mit Edmund Geisen hat die Kreis-FDP den Sprung in den Bundestag geschafft, 2009 ist sie im Kreis bei den Zweitstimmen vor der SPD gelandet. Zudem sei die Motivation, bei der FDP zu bleiben, stark geblieben, "weil wir uns um unsere Mitglieder kümmern. Das spricht sich eben rum", meint Weber. Mit 29 Prozent hat die FDP den höchsten Frauenanteil.
Die Grünen: Die Mitgliederzahlen bei den Kreisgrünen sind in den letzten Jahren stabil geblieben. Heute hat die Partei 25 Mitglieder - genauso viele wie auch vor zehn Jahren. Im Durchschnitt sind sie 50 Jahre alt, sieben der 25 Mitglieder sind Frauen. Kreisgeschäftsführer Rainer Klippel sieht den Mitgliederschwund in den Parteien als ein gesellschaftliches Problem: "Unsere Gesellschaft entwickelt sich immer mehr zu einer Gesellschaft von Individualisten. Wenn die eigenen Bedürfnisse im Vordergrund stehen, ist es schwierig, sich einer politischen Ideologie zu unterwerfen."
Die Linke: 2005 wurde die WASG gegründet, die 2007 in die Linke überging - die Partei hat heute 28 Mitglieder, die im Schnitt 55 Jahre alt sind. 14 Prozent der Mitglieder sind Frauen. Auch Vorsitzender Ulli Meyer stellt fest: "Das Interesse der Menschen an organisierter Politik und an einer Mitgliedschaft in einer Partei wird immer geringer."
Aber für die Linken im Kreis habe die politische Mitarbeit einen hohen Stellenwert. "Daraus kann sich mittelfristig auch eine stärkere Bindung an die Partei entwickeln", so Meyer.
FWG: 128 Mitglieder haben die Freien Wähler im Kreis, 30 davon sind Frauen. "Zusätzlich gibt es etwa 300 Mitglieder in den Freien Wählergemeinschaften der Gemeinden", erklärt Vorsitzende Karin Pinn.
Die Zahl der Mitglieder sei sich stetig gestiegen, seit die Kreis-FWG Ende der 70er Jahre aus freien Wählergruppen entstanden ist. "Unser Mitgliederzuwachs ist mit den Themen zu verknüpfen, mit denen wir uns beschäftigen", sagt Karin Pinn. Und: "Je eher dem Bürger ermöglicht wird, Einfluss auf die Politik zu nehmen, desto eher ist er bereit mitzumachen."
BUV: Die Bürger-Union Vulkaneifel (BUV) ist eine regionale politische Vereinigung, unter deren Dach sich im Jahr 2009 Wählergruppen zusammengefunden haben.
"Wir haben seit der Gründung stetig zugelegt", sagt Vorsitzender Peter Lepper. Die BUV hat derzeit fast 100 Mitglieder.
Piraten: "Die ersten Piraten in der Vulkaneifel haben sich im September 2009 zusammengefunden und sich ein Jahr später dem Kreisverband Trier angeschlossen", sagt Vorsitzender Christian Hautmann. Sieben Mitglieder haben die Piraten derzeit im Kreis, 2010 waren es drei. Hautmann: "Wir bieten eine echte Alternative zum Parteien-Einheitsbrei."Extra
Mitgliederzahlen im Eifelkreis Bitburg-Prüm:CDU: mit 1676 Mitgliedern die stärkste Partei im Kreis, Durchschnittsalter: 55 Jahr. SPD: 600 Mitglieder, im Durchschnitt etwa 53 Jahre alt. FDP: 90 Mitglieder bei einem Durchschnittsalter von 48 Jahren. Bündnis90/Die Grünen: 80 Mitglieder, Durchschnittsalter bei 45 Jahren. Die Linken: mehr als 30 Mitglieder. Im Eifelkreis gibt es die WASG erst seit 2005. Das Durchschnittsalter liegt bei 47 Jahren. FWG: Vereinsstatus. Im Kreis gibt es 650 Freie Wähler, davon 108 Mitglieder im Kreisverband. Piraten: derzeit elf Mitglieder. red