Grüner Humor ist, wenn man trotzdem lacht

GEROLSTEIN. Drei Grüne aus Rheinland-Pfalz in den Bundestag bekommen. Das ist das große Ziel, für das sich Ulrike Höfken (50), Direktkandidatin im Wahlkreis 204 und rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, während ihrer Wahlkampftour durchs Land stark macht. Der TV besuchte sie am Stand vor dem Supermarkt in Gerolstein.

Es ist in Wahlkampfzeiten alles andere als vergnügungssteuerpflichtig - das Leben als Grüner in der Eifel. Das gilt für den einfachen Helfer ebenso wie für die Spitzenkandidatin. Da kommen weder die wissbegierigen Bürger scharenweise zum Stand gerannt, noch müssen Mitgliedsanträge aus dem Karton unterm Tisch gekramt werden. Kein Bedarf! In der Regel nicht einmal an einem lebhaften Gespräch mit den Parteileuten. "Ja, ja, damit ihr noch mehr Windräder in die Eifel stellt. Toll!" giftet eine Frau die grünen Wahlkämpfer an, lässt sich aber nicht auf eine Diskussion ein. Der Konter mit Hinweis auf die Ölpreise lässt die Dame kalt. Sie schiebt ihren Einkaufswagen weiter. Wahlkampf im Vorbeigehen sozusagen. Aber das ist nur die Light-Version: Es kommt auch vor, dass - ebenfalls im Vorbeigehen, versteht sich - Aussprüche fallen wie: Euch sollte man alle erschießen! Ulrike Höfken bleibt bei derlei Attacken ruhig, geht nicht darauf ein. Anders ist es bei konkreten Vorwürfen, die von den Passanten auch begründet werden. Beispielsweise um die Windenergie. "Es ist ruhiger um das Thema geworden, die Kritik ebbt ab", sagt die Kandidatin, und begründet das damit, dass die Bürger beim Blick auf die Tankstelle oder die Heizölrechnung sehen würden, dass der Rohstoff Erdöl endlich ist, und "dass man verstanden hat, dass wir mit der Förderung der erneuerbaren Energien nicht nur ökologisch sinnvoll handeln, sondern auch Arbeitsplätze schaffen und in großem Umfang Exporte unserer führenden Technologien tätigen." Technologisch bestens ausgestattet ist auch die Vertreterin der Öko-Partei: mit einem - Handy wäre weit untertrieben - multifunktionalen Mini-Büro im Taschenformat, das lässig in der Brusttasche ihrer rosa Cordjacke steckt. Das klingelt zwar auch - und zwar recht oft -, besitzt aber zusätzlich eine aufklappbare Tastatur. Und auf der schreibt die Politikerin zwischendurch Mails und Presse-Erklärungen - rund 20 pro Tag. "Von den 300 bis 500 Mails, die täglich in meinen drei Büros auflaufen, werden die wichtigsten an mich zur Beantwortung weitergeleitet", berichtet Höfken. Alltag in einer kleinen Fraktion, wo quasi jeder für alles verantwortlich ist. Auch daher der Wunsch nach einem weiteren Mandat für einen grünen Rheinland-Pfälzer: "Das wäre klasse." Dennoch - trotz Besuchermangels, Anfeindungen, Handy-Gepiepse - wird am Stand viel gelacht. Die Präsentchen können kaum der Auslöser dafür sein. Denn Flyer mit dem Aufdruck "Die Argumente liegen auf der Hand", die den Passanten "in die Hand" gedrückt werden, sorgen nicht für Lachkrämpfe. Ein Schmunzeln rufen schon eher der grüne "Einer-geht-noch-Bierdeckel" mit dem Konterfei des flüchtenden FDP-Vorsitzenden oder das Papp-Schächtelchen mit elastischem Inhalt und der Aufschrift "Guido verhüten" hervor. Und dann wird's noch richtig lustig: Als der kleine Noah freudig den grünen Luftballon entgegennimmt und seine Mutter daraufhin meint: "Wenn Opa das erfährt, kriegt er einen Herzinfarkt. Der ist nämlich für die CDU im Stadtrat."

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