" ... grüße herzlichst, Euer Junge"

Berndorf · Pilot Willi Pasemann ist am zweiten Weihnachtstag 1944 bei einem Luftkampf über Berndorf in der Vulkaneifel getötet worden. An seinem 70. Todestag ehrt ihn Johann Meyer, den das Schicksal des Soldaten nie losgelassen hat.

Berndorf. "Mit 25 Jahren gab er sein hoffnungsvolles Leben, und wir gaben unser Liebstes", heißt es in der Anzeige, die Eltern, Schwester und Freundin zum Tod des Offiziers und Flugzeugführers Willi Pasemann aus Zesenbeck bei Gifhorn in Norddeutschland im Februar 1945 in die Zeitung setzten. Kurz vorher hatten sie die Nachricht erhalten, dass Pasemann am 26. Dezember 1944 auf einem Feindflug über der Eifel abgeschossen und tödlich verwundet worden war. Beigefügt waren ein Brief (siehe Extra), der Verlobungsring und das Flugzeugführerabzeichen.
Von dieser Todesanzeige, dem Weihnachtsbrief und dem Verlobungsring wusste Johann Meyer aus Berndorf bis zum Sommer 2014 nichts. Dabei ist der 80-Jährige bekannt für seine umfangreiche Sammlung von Wrackteilen abgestürzter Kriegsflugzeuge und seine akribischen Dokumentationen der Schicksale der Besatzungsmitglieder. Den Absturz Pasemanns hatte er als Zehnjähriger selbst beobachtet, die Todesumstände recherchierte er später: Als Pilot einer Focke-Wulf 190 führte Pasemann am zweiten Weihnachtstag 1944 um 11 Uhr einen Luftkampf in niedriger Höhe und schoss über Berndorf eine amerikanische Thunderbolt P47 mit Edward Brault an Bord ab. Wenige Minuten später selbst stürzte er ab und starb.
Zum Gedenken an den getöteten Piloten - "und als Mahnung, dass Krieg nichts als Unglück und Tod bringt" - errichtete Johann Meyer vor etwa 20 Jahren ein Kreuz in der Nähe der Absturzstelle. Im August dieses Jahres standen dann plötzlich Pasemanns Nichte Elisabeth Wentzel und deren Ehemann aus dem brandenburgischen Wusterwitz an seinem Gartentor.
Johann Meyer führte die beiden zum Gedenkkreuz und zu jener Stelle, an der die Mulde des Aufschlags heute noch sichtbar ist. "Durch Ihre Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit konnten wir nach 70 Jahren ein schmerzhaftes Kapitel unserer Familiengeschichte behutsam aufgreifen und nachfühlen", schrieb ihm Elisabeth Wentzel später einen Dankesbrief.
Sie fügte Kopien der Todesnachricht, der Todesanzeige und des Briefes bei, den Willi Pasemann seinen Eltern an Weihnachten 1944 geschrieben, aber nicht mehr abgeschickt hatte.Extra

Weihnachten 1944 Meine lieben Eltern! Soeben ist die Rede von Göbbels beendet, und somit hat das Weihnachtsfest begonnen. Wieder ist die Stunde gekommen, in der man mehr denn je mit der Heimat verbunden ist. Als ich vorhin durch die winterliche Mondnacht ging, um zur Unterkunft zu gelangen, hörte ich ein paar leise Klänge, die dann immer deutlicher zu hören waren. Irgendwo im Moor steht eine Kirche, und deren Glocken läuteten die Christnacht ein. Nun sitzen wir im Flugzeugführerkasino um den schlicht geschmückten Weihnachtsbaum. Es geht heute nicht laut zu, man merkt es bei jedem, die Gedanken weilen in der Ferne, bei den liebsten Menschen, die man hat. bbExtra

Erster Weihnachtstag Liebe Eltern, gestern Abend konnte ich nicht mehr weiterschreiben. Ein wolkenloser Himmel, von dem die Sonne nieder scheint, ist uns beschieden, und bestimmt wird es einen heißen Kampftag geben. Wenn ich heute nach Einsatzrunde nicht mehr gar so müde bin, schreibe ich Euch mehr. Ich wünsche Euch alles Gute und grüße herzlichst, Euer Junge bb

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