Justiz Ungünstiges Gutachten und lauter Protest des Beschuldigten

Deudesfeld/Trier · Im vierten Verhandlungstag im Deudesfelder Missbrauchprozesses empfiehlt die psychiatrische Sachverständige die Unterbringung des Beschuldigten in einer Klinik.

 Das psychiatrische Gutachten empfiehlt die Unterbringung des Beschuldigten in einer Klinik. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Das psychiatrische Gutachten empfiehlt die Unterbringung des Beschuldigten in einer Klinik. Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Sexueller Kindesmissbrauch, gefährliche Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und einiges mehr –  alles begangen ohne Unrechtsbewusstsein, ohne Einsicht eines Fehlverhaltens. Für den 34-jährigen Syrer  zieht sich am vierten Verhandlungstag vor der Vierten Großen Jugendkammer des Trierer Landgerichts die Schlinge weiter zu. Im Mittelpunkt steht das psychiatrische Gutachten der Sachverständigen Dr. Sylvia Leupold. Und sie wird ihre Ausführungen mit einem  deutlichen Fazit abschließen.

Für den Beschuldigten stehen die Wegweiser auf eine unbefristete Unterbringung in der psychiatrischen Klinik Nette-Gut. Doch bevor der Vorsitzende Richter, Matthias Meyer, der Sachverständigen das Wort erteilt, sind noch weitere Zeugen geladen. Ehemalige Bewohner der Deudesfelder Asylbewerberunterkunft, Mitarbeiterinnen dieses Hauses und Polizeibeamte berichten nochmals von den turbulenten Monaten, die der Beschuldigte zwischen Februar und Juni 2020 der Einrichtung bescherte.

Im Mittelpunkt des Geschehens stand ein  Junge aus einer Mitbewohnerfamilie, dem der Beschuldigte sexuell nachstellte und den er auch mit Gewalt „verteidigte“, falls ihm jemand zu nahe kam. Zeugen aus dem Haus haben ihn dazu so zitiert: „Ich will mit dem Kleinen Sex haben, und ich werde jeden killen, der mich daran hindern will.“

Im Haus gefürchtet war der Beschuldigte auch wegen seiner plötzlich auftretenden aggressiven Anfälle, seiner Brüllereien und Beleidigungen, seiner nächtlichen Streifzüge durch die Flure, vor denen sich alle fürchteten. Hinzu kamen  körperliche Übergriffe, die mit Polizeieinsätzen endeten. Dazu zählt etwa die Attacke mit einem Staubsaugerrohr und einem Metzgerhackebeilchen gegen einen Mitbewohner, was den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllte (der TV berichtete).

Am jüngsten Verhandlungstag kommen auch diverse „Außenauftritte“ des Beschuldigten zur Sprache. So berichtet ein Polizeibeamter von einem Einsatz an der Grundschule in Wallenborn, die von „seinem“ Jungen  besucht wurde. Er hatte trotz Verbotes durch die Schulleitung das Gelände betreten. Eine Verwaltungsangestellte erzählt von den vergeblichen  Bemühungen, dem schwierigen Bewohner frühzeitig eine psychiatrische Behandlung zukommen zu lassen.

Wenn die Zeugen in dem Verfahren aussagen, ist es fast schon üblich, dass der Beschuldigte ständig auf Arabisch dazwischenschimpft und vom Vorsitzenden, seinen Verteidigern Hans-Josef Ewertz und Sven Collet und sogar von seinem Dolmetscher „gedämpft“ werden muss.

Besonders aufsässig wird er während den Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen Sylvia Leupold. Sie hat in mehreren Sitzungen mit dem Mann dessen Psyche erkundet, und das dabei entstandene Bild ist düster. Die Psychiaterin erkennt eine schizophrene Erkrankung, die sich in sexuellem Wahn und in einer Form von Größenwahn äußert. Seiner Neigung zu pädosexuellen Handlungen gehe er ohne jedes Unrechtsbewusstsein nach. Zu dem sexuellen Wahn komme noch Größenwahn.

Er sehe sich als Nachkomme einer mächtigen und einflussreichen syrischen Familie und außerdem sei er auch in seiner Vorstellung ein Künstler. Unklar bleibe die Herkunft seiner  Verbrennungen an den Beinen. Er behaupte, die stammten von einem Luftangriff, sie könnten aber auch auf einen Unfall in der Kindheit oder einen späteren Arbeitsunfall zurückgehen. Alle seine Probleme projiziere er aber auf diese Verletzungen. Seine Impulskontrolle sei gestört, und das  bei einer hohen Aggressionsbereitschaft.

Leupold: „Ich empfehle die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, weil zu erwarten ist, dass die nächsten Straftaten erheblich sein werden.“ Damit hat die Expertin der Kammer diese Meinung über den Fall verkündet: „Dieser Mann ist eine Gefahr für die Allgemeinheit.“

Der Betroffene versteht diese Botschaft dank seines Dolmetschers sehr wohl und beginnt sofort lautstark zu protestieren. „Ich bin nicht krank! Alle Zeugen hier haben doch gelogen!“, übersetzt der Dolmetscher. Und zur Sachverständigen: „Sie sind Ärztin, ich dachte, Sie würden mir helfen, doch Sie zerstören mein Leben!“ Antwort der Sachverständigen: „Sie könnten sich selbst helfen, indem Sie Ihr Problem einsehen und sich behandeln lassen würden.“

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