Harte Fronten im Lava-Streit

STROHN. Profit kontra Natur: Das Lavaabbau-Gebiet Wartgesberg im Landschaftsschutzgebiet Strohner Schweiz soll um fünf Hektar erweitert werden. Der Gemeinderat ist wegen der Bruchzinseinnahmen dafür. Etliche Bürger und Verbände sind dagegen. Die Kreisverwaltung hat zur Bürgerversammlung eingeladen. 200 Zuhörer haben eine teilweise hitzige Veranstaltung erlebt.

"Es ist bezeichnend für das Demokratieverständnis des Gemeinderates, dass nicht er, sondern die Kreisverwaltung den Informationsabend macht", meinte Elvira Willems, Sprecherin der Bürgerinitiative (BI) Natur- und Umweltschutz in Strohn. Landrat Heinz Onnertz eröffnete die Versammlung: "Es geht darum, Pro- und Kontra-Argumente zu sammeln, die wir in unsere Entscheidung einfließen lassen." Hintergrund: 1938 wurde laut Reichsverordnung das 108 Hektar große Areal als Landschaftsschutzgebiet (LSG) ausgewiesen. 1978 wurde ein Gebiet für den Lavaabbau freigegeben. Da der Vorrat nur noch für knapp zehn Jahre ausreicht, hat die Firma Scherer die fünf Hektar große Erweiterung beantragt - außerhalb des 1978 festgelegten Abbau-Areals. Ortsbürgermeister Alois Pohlen sagte: "Die Bürger haben nur Vorteile vom Abbau. Wir wollen nur diese Teilfläche aus dem LSG herausnehmen, und dann ist Schluss. Das ist unser Beschluss." BI-Mitglied Birgit Wagner bezeichnete dieses Vorgehen als Salami-Taktik und unglaubwürdig, weil 1978 aus gutem Grund die Grenzen so gezogen worden seien. Matthias Schubert vom Landesamt für Bergbau und Geologie in Koblenz erklärte: "Das Gesetz gibt vor, dass die Vorräte bestehender Abbauten bis zur Erschöpfung ausgebeutet werden müssen." In dem Erweiterungsgebiet sollen vier Millionen Tonnen Lava schlummern. Biologie-Professor Hans Erkert vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz reagierte fassungslos. Er sagte: "Das ist erschütternd, denn Ausbeutung sollte nur so lange betrieben werden, wie sie Sinn macht. Mit der Erweiterung würde hinter dem Dorf eine Wüste entstehen." Dafür heimste Erkert laute "Blödsinn"-Rufe ein. BI-Sprecherin Willems erklärte: "Mit der Erweiterung versinkt Strohn in der geotouristischen Bedeutungslosigkeit." Hans Ebert aus Mückeln brachte die Artenvielfalt ein: "Im Wald am Wartgesberg gibt es über 400 Pilzarten. 150 davon sind schon geschützt, und einige sind bundesweit hier einmalig." Hans-Peter Felten, Vorsitzender der Nabu-Gruppe Daun, liegen auch vor allem die Tiere und Pflanzen am Herzen. Wenn nach der Erweiterung das Areal in ein Naturschutzgebiet umfunktioniert würde, könne er zustimmen. Bedingung: Mit dem Verfüllen der Grube müsste sofort Schluss sein. BI-Mitglied Jörg Steffes meinte: "In die Grube werden kritische Materialen eingebracht, beispielsweise Klärschlamm verklappt." Wagner ergänzte: "Auch Straßenkehricht, der eigentlich erst nach thermischer Behandlung auf eine Deponie gehört, liegt da." Schubert vom Bergamt konterte: "Es gibt dafür Sonder-Betriebspläne. Der Klärschlamm wurde nicht verklappt, sondern war Bestandteil eines Granulats. Der Straßenkehricht wird abgesiebt und nur zwischengelagert."Sorge um Arbeitsplätze

Die 19 Leute, die in der Grube arbeiten und alle anwesend waren, hörten bei diesem Punkt besonders gut hin. Karl-Wilhelm Koch von den Grünen sagte zu ihnen: "Ihre Befindlichkeit ist verständlich, aber nach dem Abbau sind die Stellen weg, und mit dem Ausbau des Geo-Tourismus könnten sie über Jahrzehnte bestehen." Dafür wurde Koch laut ausgebuht. Geologie-Professor Georg Büchel erklärte: "Hier besteht die Chance, mit der Firma zu kooperieren. Die Wand kann geometrisch aufgenommen werden, damit später ein virtuelles Modell hergestellt werden kann." Dieses Konzept sei schon abgesprochen. Ortschef Pohlen hat vor allem das Geld im Auge. Strohn hat 1,2 Millionen Euro Rücklagen und gehört seit Jahren zu den reichsten Gemeinden im Land. Ohne Bruchzins sind nach seinen Ausführungen drastische Einschnitte zu erwarten. Landrat Heinz Onnertz versprach eine gewissenhafte und zeitnahe Entscheidung - vor Jahresende.

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