Heimkehrer halten Eifeler Platt hoch - Trio aus Daun gestaltet Postkarten auf Mundart

Daun/Birresborn/Gerolstein · Ursprünglich war nur eine Karte geplant, mittlerweile haben Sven Nieder, Tim Becker und Thomas Probst gut 30 Dialekt-Begriffe und -Redewendungen im Postkartenformat im Angebot. Eine Aktion, die auch die Gerolsteiner Heimat- und Mundartschriftstellerin Wilma Herzog begrüßt.

 Majusebetter, su vil Koarten: Thomas Probst und Tim Becker (vorn) präsentieren einen Teil der Motive, darunter „Häddel desch“ (Benimm dich, Foto unten). Mittlerweile gibt es schon an die 30 Motive. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Majusebetter, su vil Koarten: Thomas Probst und Tim Becker (vorn) präsentieren einen Teil der Motive, darunter „Häddel desch“ (Benimm dich, Foto unten). Mittlerweile gibt es schon an die 30 Motive. TV-Fotos (2): Klaus Kimmling

Foto: klaus kimmling (e_daun )

Daun/Birresborn/Gerolstein. Wenn Franz Jung das noch erlebt hätte: ein Schaufenster im Zentrum seiner Heimatstadt Daun mit Karten, auf denen Begriffe und Sätze aus dem Dialekt zu lesen sind. Beispiele gefällig? "Dau Dappes", "Dau Sählefruh" oder "Da je!". Die Pflege des Platt lag ihm, dem 2013 verstorbenen Dauner Original, besonders am Herzen. So engagierte er sich viele Jahre in der Arbeitsgemeinschaft Mundart der Volkshochschule. Die in dieser Runde "ermittelten" Wörter, Begriffe und Redewendungen waren regelmäßig im Amtsblättchen und sind im Mundart-Handbuch "Weeßte wat, mir schwätzen Platt!" nachzulesen.
Auf die Idee, Karten in Platt zu drucken, kamen Fotograf Sven Nieder, der promovierte Kulturwissenschaftler Tim Becker und der Druckfachmann Thomas Probst, die seit April unter einer gemeinsamen Adresse firmieren: Lindenstraße 14 in Daun. Kein gewöhnlicher Ort, sondern Heimat der traditionsreichen Druckerei Schneider.
Aber wie kommen ein Birresborner (Nieder) und zwei Dauner (Becker und Probst) darauf, Dialekt-Begriffe und -Sätze auf Recycling-Papier zu bannen? "Eine klassische Schnapsidee, obwohl wir stocknüchtern waren", beteuern sie.Zunächst nur eine Karte geplant


Lediglich eine Karte mit der Aufschrift "Da je!" sollte es zunächst werden, gefertigt auf einer alten Maschine der Druckerei. "Aus einer wurden drei, die wir dann ins Schaufenster gehängt haben", sagt Nieder. Sie hingen kaum dort, da ging es auch schon los: Viele Leute verweilten vor dem Fenster, nicht wenige machten fast schon akrobatische "Verrenkungen", um die auf dem Kopf stehenden Erläuterungen zum Dialekt-Begriff lesen zu können. Unvermeidlich war wohl auch, dass mancher, der die Karten gelesen hatte, ins Geschäft kam, um darauf hinzuweisen, dass in seinem Dorf die Worte aber anders ausgesprochen würden.
Kein Wunder, wenn man weiß, dass das Wort "niedisch" (nötig) ein paar Orte weiter schon "nüdisch" ausgesprochen wird. "Für eine Variante mussten wir uns aber entscheiden", sagt Tim Becker, der sich intensiv mit dem Platt und damit auch der nicht einfachen Rechtschreibung beschäftigt hat. Sein Fazit: "Die Eifeler sind echte Philosophen. Bemerkenswerte Redewendungen, Sprüche und Lehrsätze wissen sie anzuwenden, wenn es gilt, ihre Lebenserfahrung zum Ausdruck zu bringen. Darüber hinaus sind sie Meister der sprachlichen Verdichtung und freuen sich im Stillen, wenn mittels eines einzigen Ausdrucks alles gesagt werden kann." Nou dä!
Becker ist 2014 nach 21 Jahren wieder in die Eifel zurückgekehrt, ähnlich wie Sven Nieder, der 15 Jahre in der Welt unterwegs war. Für sie ist die Eifel eine Gegend mit Zukunft, von der sie sagen: "Et deet sich jet". Etwas getan hat sich auch bei den "Eefler Koarten op Eefeler Platt": "Sie sind ein echter Renner geworden. Wir haben mittlerweile Bestellungen aus dem ganzen Bundesgebiet." Reich werden sie mit dem Verkauf der Karten und mittlerweile auch Tassen wohl nicht, aber "so lange wir nicht drauflegen, machen wir weiter."Edition auf Jirrelsteener Platt?


An die 30 Motive gibt es schon, und das Material, was Worte und Redewendungen angeht, geht ihnen so schnell nicht aus. Dafür sorgt auch Wilma Herzog, bekannte Heimat- und Mundartschriftstellerin aus Gerolstein. Sie hätte nichts dagegen, wenn es bald auch eine Edition auf Jirrelsteener Platt geben würde. Entsprechendes Material hat sie schon an Tim Becker geschickt. "Unsere Mundart müssen wir unbedingt hochhalten", sagt die 81-Jährige. Sie trägt in mehrfacher Weise dazu bei, zum Beispiel ist sie seit 16 Jahren beim Mundartwettbewerb für Sechstklässler im Kreis Vulkaneifel engagiert. Sie ist begeistert von der Aktion von Nieder, Becker und Probst: "Das muss man doch einfach unterstützen!" Da je!

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