Herkunft ist Nebensache

DAUN. Das Haus der Jugend (HdJ) Daun hat sein Konzept im vergangenen Jahr auf Grund der spezifischen Situation mit damals noch vielen russisch sprechenden Jugendlichen geändert. Das hat sich bewährt, wie das Leitungsteam festgestellt hat.

Über einen Mangel an Jugendlichen können sich die Sozialpädagogin Julia Küker, Leiterin des HdJ, und Sozialarbeiter Vitali Bittner als zweite Fachkraft nicht beklagen. Rund 4000 Jugendliche kamen im vergangenen Jahr an 203 Öffnungstagen ins alte Bahnhofsgebäude. Dominant ist weiterhin der männliche Besucheranteil (87 Prozent). Dem versucht das HdJ entgegenzusteuern. Mit einem Mädchentag am Dienstag (14 bis 17 Uhr) sollen Mädchen ab zwölf Jahren gezielt angesprochen werden. "Es hat sich herausgestellt, dass es sinnvoll ist, für Mädchen speziell etwas anzubieten. Sie sind oft nicht so selbstsicher und nicht in der Lage, sich gegenüber Jungs Freiräume zu nehmen", sagt Julia Küker. Eine weitere Änderung: Statt nur am Mittwoch - wie 2005 - bietet das HdJ nun den Kids-Club mittwochs, donnerstags und freitage, 14 bis 16 Uhr, für Jugendliche von 12 bis 15 an. Ihnen wird Hilfe bei den Hausaufgaben, Spielen mit den Spielgeräten und die Nutzung der PCs angeboten. Fast 80 Prozent sind Einheimische

Die Besucherstatistik weist aber auch auf eine komplette Umwälzung im Verhältnis von Einheimischen und Übersiedler-Jugendlichen hin. Das Etikett "Russenhaus" für das Dauner HdJ hat ausgedient. "Das Verhältnis ist total gekippt, weil eine ganze Generation von Übersiedlerjugendlichen in ein Alter gekommen ist, in dem sie nicht mehr so oft zu uns kommen", sagt Dieter Mager vom Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Jugend, die Trägerin des HdJ ist. Fast 80 Prozent aller jugendlichen Besucher sind inzwischen Einheimische. "Dieser Prozess dauert nun schon mehr als zwei Jahre und ist sensibel und kleinschrittig. Die Zahlen werten wir aber als größten Erfolg unserer Arbeit und unseren Beitrag gegen Fremdenhass und Gewalt unter Jugendlichen", sagt Julia Küker. Die Situation des Hauses mit einem hohen Anteil von russisch sprechenden Jugendlichen hatte zur Änderung des Konzepts geführt. Die Jugendlichen werden nicht über ihre Herkunft definiert, sondern über ihre Interessen. Küker: "Es ist nicht mehr so interessant, wer jemand ist oder welcher Abstammung er ist. Wichtig ist für die Jugendlichen: Wie werde ich behandelt, wer bin ich und wie werde ich wahrgenommen?" Auch die Gründe, ins HdJ zu kommen, haben sich verändert. Küker: "Die Jugendlichen kommen nicht hierher, weil sie nicht wissen, wo sie hin sollen. Sie holen sich hier bestimmte Sachen ab, die sie woanders nicht bekommen. Und sie wissen: Wir sind von Montag bis Freitag immer für sie da." In Kooperation mit der Jugendgerichtshilfe und anderen Jugendhilfeeinrichtungen betreut das HdJ auch Sozialstundenleistende wie etwa Jugendliche, die wegen Körperverletzung oder Drogenmissbrauchs verurteilt wurden. 479 Stunden Sozialstundenbetreuung wurden 2005 geleistet. Finanziell steht das HdJ gut da. Der Haushalt ist ausgeglichen. Der Gesamtetat, inklusive Personalkosten, beträgt 130 000 Euro.

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