Historischer Kriminalfall bringt Schülerin den Sieg

Üxheim/Daun · "Mord unterm Kreuz" heißt der Titel, mit dem die 18-jährige Üxheimerin Julia Schmitz beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten gewonnen hat. Der Aufsatz der Schülerin des Thomas-Morus-Gymnasiums in Daun handelt von dem mysteriösen Tod eines Pfarrers. Im Jahr 1883 wurde der Geistliche leblos in seinem Schlafzimmer in Üxheim gefunden.

Üxheim/Daun. "Ärgernis, Aufsehen, Empörung: Skandale in der Geschichte", hieß das Motto des Geschichtswettbewerbs, der die 18-jährige Julia Schmitz zum Stöbern anregte. Und schon war sie mitten in einem Wirrwarr aus Liebe, Eifersucht, Waffen, Moral und Lust. Was davon wahr ist und was nicht, bleibt häufig unklar - denn das Wenigste ist dokumentiert. Doch, dass sie ein lokales Thema aufarbeiten wollte, wusste die Schülerin genau. Durch einen Tipp ihrer Mutter stieß sie auf Pfarrer Johann Josef Bernhard Mertens, der von 1866 bis 1883 für die Gemeinde Üxheim zuständig war und im Alter von 42 Jahren starb. Ob es Mord oder Selbstmord war, kann auch Schmitz nicht sagen. "Es hat mich interessiert, weil alles so widersprüchlich war", sagt sie.
Die Gymnasiastin hat Unterlagen im Pfarrarchiv gewälzt, Schriftstücke aus dem Bistumsarchiv Trier angefordert, Heimatbücher gelesen, ältere Dorfbewohner befragt und sich ihr eigenes Bild gemacht. Interessant waren für sie auch die Briefe von Mertens Pfarrkollegen Peter Haubrich aus Nohn. Denn dieser behauptete, dass die Medien einen Mord vertuscht hätten.
Gemunkelt worden war, dass Mertens ein Verhältnis mit seiner Haushälterin hatte und ein weiterer Mann namens Michael Pick beteiligt gewesen sein könnte. Möglicherweise hatte Pick ebenfalls ein Verhältnis zur Haushälterin. Zudem erzählen sich ältere Üxheimer, dass Mertens einen Revolver besessen habe.
Merkwürdige Wunde im Kopf


Ins Grübeln gebracht haben Schmitz die Fragen: "Warum wurde der Pfarrer auf dem Friedhof beerdigt, wenn er ein Selbstmörder war?", wie es die Kirchenzeitung Paulinus dokumentiert. Das Blatt bezeichnet den Pfarrer als Mann, der schon länger unter Geistesverwirrungen gelitten habe. Auch, dass der Mann binnen drei Tagen unter die Erde gebracht wurde, hält Schmitz für ungewöhnlich. Die Gemeinde scheint eigenmächtig gehandelt zu haben und sich nicht mit dem Bistum in Trier verständigt zu haben, folgert die Schülerin. Lediglich ein Gerichtsdiener bestätigte eine merkwürdige Wunde im Kopf.
Durch Interviews mit Dorfbewohnern erfuhr die 18-Jährige, dass die Leiche nach einem halben Jahr ausgegraben und in einer Scheune im Dorf obduziert worden sei. Eine Kugel sei aus dem Körper des Toten entfernt worden.
Aus ihren Recherchen hat Schmitz drei Theorien entwickelt, wie Mertens zu Tode gekommen sein könnte: Selbstmord, Eifersuchtsdrama oder eine Art Notwehrsituation, in die Pick involviert war. Schmitz hält die dritte Variante für die wahrscheinlichste. Da der Pfarrer wohl an seinem Todestag früher als erwartet in seine Wohnung zurückgekehrt war. Ebenfalls aus mündlichen Quellen erfuhr Schmitz, dass Pick sich ein Jahr später in der Mosel ertränkt haben soll.
Die Schülerin ist verwundert, wie viele Dorfbewohner Mosaiksteinchen zu dem Geschehen beitragen konnten. Obwohl sie sich ausführlich mit Mertens Tod beschäftigt hat, bleibt es auch für sie unklar, woran der Mann starb. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich den Fall lösen kann. Aber ich habe gemerkt, was man mit Vertuschen erreicht."
Über mehrere Wochen hinweg hat Schmitz eine 22-seitige Arbeit an ihrem Computer geschrieben, die sie beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten einreichte. Der jungen Frau wurde bei der Recherche klar, dass sie dem Fach Geschichte treu bleibt. Im kommenden Schuljahr besucht sie den Leistungskurs. Als der Brief aus Hamburg Schmitz erreichte, dass sie mit "Mord unterm Kreuz" beim Wettbewerb gewonnen habe, konnte sie es kaum glauben.

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