Hochwasser Überwältigende Hilfsbereitschaft im Kreis

Gerolstein/Hillesheim/Bodenbach/Jünkerath/Daun · Tag zwei nach der Hochwasserkatastrophe: Vor allem an der Kyll muss weiter aufgeräumt weiter, während sich die Lage in der ohnehin nicht so stark betroffenen Verbandsgemeinde Daun entspannt. Dort heißt es nun: den Nachbarn helfen.

 Auch im Forum Daun ist eine Annahmestelle für Spenden. Binnen kurzer Zeit sind große Mengen zusammengekommen.

Auch im Forum Daun ist eine Annahmestelle für Spenden. Binnen kurzer Zeit sind große Mengen zusammengekommen.

Foto: TV/Stephan Sartoris

Am Freitag, bereits seit den frühen Morgenstunden, ist entlang der Kyll, die sich fast wieder in ihr Flussbett zurückgezogen hat, Aufräumen angesagt. Nach einer kurzen Nacht ist die Feuerwehr Gerolstein bereits seit 6 Uhr wieder mit einem Dutzend Kräften im Einsatz. Sie pumpen zunächst den Aufzugschacht des Rondells und danach den vollgelaufenen Keller des Landesbetriebs Mobilität mit vereinten Kräften leer. Eine Kolonne der Stadtarbeiter räumt derweil angeschwemmtes Treibggut mit Kranwagen und Lastwagen von den Kyllparkplätzen fort. Einen Tag zuvor standen die Parkplätze rechts und links der B 410 noch komplett unter der braunen Flut – wie auch die Bundesstraße selbst.

Auch die Bundeswehr rückt wieder an, um sich an den Aufräumarbeiten in Gerolstein und den Dörfern entlang der Kyll zu beteiligen. Rund 70 Soldaten sind im Landkreis Vulkaneifel im Einsatz. 35 von ihnen in Gerolstein, die anderen 35 in den stark betroffenen Dörfern entlang der Kyll: Birresborn, Mürlenbach und Densborn. Und sie haben zum Teil schweres Gerät im Einsatz. Gegen Mittag rückt ein Kranwagen an, mit dessen Hilfe ein großer Container geborgen wird, der hochkant in der Kyll beim Rathaus steckte.

Gruppenführer Martin Nägel und Feuerwehrmann Ulrich Ohms schleppen derweil ein schweres Stromaggregat, über das die Pumpe betrieben wird, aus dem Rondell zum nächsten Einsatzort. Nach dem dritten Einsatztag in Folge sagt Ohms: „So langsam schlaucht es, aber es nützt ja nichts. Wir haben noch reichlich zu tun.“

Harald Schmitz, der Brand- und Katastropheninspekteur und somit oberster Feuerwehrmann im Kreis, hatte nach der ersten Nacht bereits ausgegeben, dass die Leute in den Schichtbetrieb übergehen. Gegenüber dem TV sagte er: „Die Einsatzkräfte müssen sich erholen können. Die vollgelaufenen Keller können auch am Freitagmorgen noch ausgepumpt werden.“

Während der körperlich harten Aufräumarbeiten finden die Wehrleute aber auch die Gelegenheit, kurz über die vergangenen Einsatztage und -nächte nachzudenken. Und so manche Erinnerung löst nur noch Kopfschütteln bei ihnen aus. So berichtet Gruppenführer Daniel Surga: „Wir haben in Lissingen in letzter Minute einen Mann aus seinem Auto gerettet, der unbedingt in das hohe Wasser reinfahren musste. Und wir haben Leute beobachtet, die in ein Meter tiefes Wasser mit starker Strömung gegangen sind. So etwas geht mir nicht in den Kopf.“

Uwe Ludwig vom Landesbetrieb Mobilität, aus dem ebenfalls Wasser aus dem Keller gepumpt wird, berichtet von einem unglaublichen Zwischenfall am Donnerstag, als sich die Kyll bis weit über die Bundesstraße vor dem LBM-Gebäude ausgebreitet hatte. Ein LKW fuhr durch das mehr als einen halben Meter hohe Wasser und drückte dadurch eine mächtige Bugwelle vor sich her. Insgesamt neun vor dem Landesbetrieb Mobilität und dem Gerolsteiner Brunnen geparkte Fahrzeuge wurden dadurch wie Legosteine weggeschoben, einige gegeneinander, andere gegen die Mauer der Gebäudes. Er zeigt ein Video von dem Vorfall und meint: „Das ist sowas von unglaublich.“ Und dann berichten die Wehrleute noch von einer Kuh, die durch die Kyll angeschwemmt und in der Nacht auf der Seenplatte vor dem Rathaus gesichtet wurde. Und dann weg war. Eine Rettung war nicht möglich.

Auch in Pelm, wo das Kyll-Hochwasser ebenfalls massive Schäden angerichtet hat, ist nun das große Aufräumen angesagt. Und der Sportplatz, der einmal komplett überflutet wurde, gleicht nun einer Schlammwiese. Die Brücke über die Kyll ist am Freitagmorgen aber wieder passierbar.

Als sich die braunen Fluten ins Flussbett zurückgezogen haben, wird vielerorts erst das Ausmaß der Schäden erkennbar. So wie im Kyll-Park am Rathaus in Gerolstein, der vor fünf Jahren für rund 1,4 Millionen.

Auch in der Vulkaneifel haben viele Menschen ihr Hab und Gut verloren, stehen teilweise vor den Trümmern ihrer Existenzen. Eine Hilfe für sie kommt beispielsweise von der Bürgerstiftung Landkreis Vulkaneifel, die schnell und unbürokratisch helfen will. Deshalb wurde ein Spendenkonto bei der Kreissparkasse Vulkaneifel (IBAN: DE13 5865 1240 0000 3069 36, Verwendungszweck Hochwasserhilfe Vulkaneifel) eingerichtet.

Ursprünglich hätte in der Stadthalle Daun am Freitag ein Konzert stattfinden sollen, was aber abgesagt worden ist mit Blick auf die dramatischen Folgen der Flutkatastrophe: „Es war schnell entschieden: Wenn im Land die Fahnen auf Halbmast sind, konnte hier keine solche Veranstaltung stattfinden“, sagt Dauns Stadtbürgermeister Friedhelm Marder.

Stattdessen ist eine Hilfsaktion ins Leben gerufen. In der Stadthalle Forum in der Leopoldstraße konnten Kleidung, Decken, Geschirr, Handtücher und ähnliches abgegeben werden. Was sich sehr schnell runtergesprochen hat, am frühen Nachmittag schon sind viele Sachen zusammengekommen, und der Strom derer, die etwas beitragen wollen, reißt nicht ab. „Wir sind völlig überwältigt von der Resonanz“, sagt Marder

In der Verbandsgemeinde Daun heißt es: „Jetzt wollen wir unseren Nachbarn helfen“, sagt Bürgermeister Thomas Scheppe. In der Lehwaldhalle in Darscheid ist eine zentrale Sammelstelle für Spenden, und auch dort stapeln sich schon viele Sachen. Weitere Hilfsangebote, beispielsweise Räume zur Verfügung stellen, werden über von der VG-Verwaltung in Daun eingerichteten Hotlines 06592/939-124 oder -125 entgegengenommen. An vielen anderen Orten im Kreis hat es ebenfalls Spendenaufrufe für die Flutgeschädigten gegeben, so auch in Bodenbach – direkt an den Kreis Ahrweiler angrenzend –, initiiert vom Verein Adventsmenschen, und auch in Kelberg, organisiert von der Feuerwehr.

Die Fußballer der Spielgemeinschaft (SG) Berndorf/Walsdorf/Hillesheim/Wiesbaum und andere Freiwillige haben einen „Aufräumtrupp“ ins Leben gerufen. Erster Einsatzort: das Altenheim in Hillesheim, wo das Untergeschoss vollgelaufen war. „Dort haben wir Donnerstag und Freitag mit an die 40 Leuten jede Menge Sachen, die nach der Überschwemmung nicht mehr nutzbar waren, rausgeholt“, berichtet Thomas Becker, Spielführer der 1. Mannschaft der SG. Bei der Aktion im Altenheim soll es nicht bleiben: „Wir stehen bereit, wenn wir auch anderen Stellen helfen können.“

 Der Verein Adventsmenschen (Dritte von links die Vorsitzende Sylvia Pitzen) sammelt in Bodenbach Sach- und Geldspenden für die Flutgeschädigten an der Ahr.

Der Verein Adventsmenschen (Dritte von links die Vorsitzende Sylvia Pitzen) sammelt in Bodenbach Sach- und Geldspenden für die Flutgeschädigten an der Ahr.

Foto: TV/Thorsten Krämer
 An der Kyll, die sich fast wieder in ihr Flussbett zurückgezogen hat, wird aufgeräumt. Auch in Gerolstein, wo Soldaten mit anpacken.

An der Kyll, die sich fast wieder in ihr Flussbett zurückgezogen hat, wird aufgeräumt. Auch in Gerolstein, wo Soldaten mit anpacken.

Foto: TV/Mario Hübner

Aus Baden-Württemberg ist ein Transport unterwegs mit Ziel Nürburgring: Der Europapark Rust hat Hygieneartikel, Geschirr, Gläser und Ahnliches auf den Weg geschickt. Dahinter steht die Leiterin der Pressestelle des Parks, die aus Gerolstein stammt.

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