Hohe Diplomatie

DAUN. (bb) Bedrückende Aktualität hatte das szenische Spiel, das Oberstufenschüler des Thomas-Morus-Gymnasiums (TMG) aufführten. Etwa 300 Besucher sahen "Der Untergang eines Weltreichs - Der Untergang Roms" nach Motiven aus Friedrich Dürrenmatts Komödie "Romulus der Große".

Dürrenmatt vereinigt Grauen und Lachen wie kaum ein anderer Dramatiker der Moderne. Traditionelle Werte erweisen sich in seinen Stücken als leerer Wahn, Einzelgänger sind von abstrakten Ideen besessen, die Welt wirkt grotesk. Von all dem gab das Spiel von acht Schülern des TMG ein überzeugendes Beispiel. Unter Leitung von Lehrerin Maria Gaul hatte die Theater-AG Motive der 1949 erschienenen ersten Fassung von "Romulus der Große" als Grundlage genommen, hatte die Dialoge durch das Volksgewissen und einen Medienmann ergänzt und so die Handlung auf eine Gegenwartsebene gestellt. Wie Statuen werden zu Beginn der Kriegsminister, der Kaiserbruder, der Geschäftsmann, die Kaiserin und der Germane auf einer Sackkarre von Lehrer Karl Heinz Steffes auf die Bühne gebracht. Da ist bereits klar: Hier wird experimentiert, hier spielen Farben (rot und schwarz) eine Rolle. Und hier bekommt brisante politische Aktualität, was Dürrenmatt unter dem Eindruck des Dritten Reiches zu Papier gebracht hatte. Als die Aufführung schließlich im Stimmenwirrwarr ausklingt ("Wer ist der wahre Schuldige? Es sind so viele! Oder keiner?"), hockt Romulus wie ein Häufchen Elend, irre zitternd, auf seiner Weltkugel, und die Frage nach der Wahrheit über den Untergang des Römischen Reiches ist unbeantwortet geblieben. Hin- und hergeschoben wurden Schuld und Verantwortung vom Medienmann (Lehrer Reinhold Heinz-Hachgenei). Mal hatte der verbrecherische Kaiser Rom in den Abgrund getrieben, mal der unfähige Kriegsminister, um im nächsten Augenblick in der Verantwortung vom intriganten Kaiserbruder und vom korrupten Konzernchef abgelöst zu werden. "Das war ein Stück der hohen Diplomatie", fasste ein Besucher seinen Eindruck in Worte. "Schade, dass Dürrenmatt das nicht erlebt hat", fand ein anderer. Die jungen Spieler jedenfalls haben eine beachtliche doppelte Leistung erbracht: zunächst die Erstellung des Textbuchs auf der Grundlage des literarischen Werks, dann die szenische Umsetzung mit viel Talent und großem Engagement. In der Hauptrolle war Christoph Wirth als Romulus ein Glücksgriff. In weiteren Rollen waren Marjan Asgari, Mathias Dietz, Julia Kujat, Mirko Sadowski, Viola Weiler, Dagmar Willems und Carmen Zens zu sehen.

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