Im Lavagarten schlägt der Puls der Erde

Bad Bertrich · Im Bad Bertricher Römerkessel entsteht derzeit ein landschaftstherapeutischer Park - der erste seiner Art in Europa. Gepflanzt wird bis Ende des Jahres, und wenn dann alles schön blüht, soll um Ostern 2012 Einweihung gefeiert werden.

Bad Bertrich. "Wird das hier ein Spazierweg oder ein Golfplatz?", ruft die Joggerin dem Grüppchen zu, das an einer der kleineren Baustellen innerhalb der Großbaustelle Römerkessel die Maße einer zukünftigen römischen Laube diskutiert - nicht ahnend, dass sie genau die Richtigen fragt.
Psychologe Reinhard Schober war aus München angereist, um mit dem ausführenden Architekten Hans-Peter Johann mögliche Fehler und erreichte Fortschritte beim Bau des ersten "Landschaftstherapeutischen Parks" in Europa sowie Einzelheiten der Gestaltung zu besprechen und sich mit Ortsbürgermeisterin Beatrix Lauxen kurzzuschließen. Auf jeden Fall wird es ein Prototyp, ein "völlig anderer Kurpark mit Gehalt", erläutert Schober. Er ist überzeugt: Landschaftsformen können Wirkungen entfalten, Gefühle vermitteln wie Größe oder Geborgenheit. Die bewusste Wahrnehmung von Schönheit habe etwas Erhebendes, mache nachhaltig Freude, und das fördere die Gesundheit.
Das Staatsbad mit seinem kraterartigen, in Wald und Felshänge eingebetteten Römerkessel, durch den heiße Lava und reißende Bäche brodelten, biete reiche, kraftvolle Vorlagen, aus der bereits kultivierten Wildnis heilsame Landschaftsbilder zu gestalten. Sieben Gärten mit Erklärungen und Achtsamkeitstafeln zeigen ganz unterschiedliche Aspekte und Perspektiven.
Durch ein verfremdetes römisches Eingangstor mit dem verheißungsvollen Versprechen "Das Leben erwartet Dich" betritt der Besucher die andere Dimension. "Man kann sich ganz auf die Stimmungsvorschläge der Gärten einlassen, muss es aber nicht", stellt Schober frei, "man kann sich auch anfach nur an den Szenen erfreuen und Spaß daran haben."
Kaffee beim Kurfürsten


Beispielsweise im Fürstengarten, wo vor üppiger Blumenpracht zwischen strengen Buchsbaumhecken, umgeben von einem Wasserring, Kurfürst Clemens Wenzeslaus und seine Schwester Kunigunde zu Kaffee und frischen Kräutern einladen. Ein kleiner Platz gegenüber mit Trancebrunnen kann, ganz im kurfürstlichen Sinne, auch für kleine Konzerte genutzt werden.
Giftpflanzen im Horrorgärtchen


An eine Körperzelle könnte der Kräutergarten erinnern. Zwischen kuscheligen Rückzugsmöglichkeiten gruppieren sich Wohlfühl-, Küchen- und Heilkräuter um den Kern. Von einem Zaun abgetrennt, teilen sich Giftpflanzen und Plastikmüll das "Horrorgärtchen". Zaun, Mauer und Hecke im Wechsel umhüllen das Ganze als Membran.
Über eine Treppe geht es hinauf in den Berggarten mit Aussichtsplattform im naturbelassenen Krahlberg. Mit Unterstützung des Eifelvereins und der Feuerwehr kann sich Schober eine sportlich anspruchsvollere Verlängerung per Kletterseil bis hoch zum Krähenstein vorstellen, der natürlich von den namensgebenden Vögeln besetzt werden sollte.
Den Puls der Erde kann man im Lavagarten fühlen. Dort wurden geronnener Fels und versteinerte Gasblasen freigelegt. Aschefelder und Lavabomben, Flechten, Moose, Farne und Infotafeln erzählen von gewaltigen Naturkräften.
Erhaben, auf dem Plateau unterhalb der evangelischen Kirche nahe dem Friedhof und der Gedenkstätte, liegt der "Stille Garten". Lichte Obstbäume auf einer abgeschiedenen Wiese, ein paar Eichen, eine kleine zentrale Pyramide als Pol sowie Denksteine laden zu Besinnung und Kontemplation ein. Entschleunigung auf bequemen Bänken und Liegen, sichtgeschützt, bietet der Entspannungsgarten. Wellen und Spiralen prägen den Bewegungsgarten mit seiner zentralen Laube. Auf dem Oval des Wellenweges geht es sanft und venenfreundlich auf- und abwärts, ein Barfußlabyrinth stimuliert die Fußsohlen, ein Kneippbecken regt Herz und Kreislauf an. In diesem landschaftstherapeutischen Park finden sich natürlich auch die Bad Bertricher Kliniken wieder.
Jedenfalls kein Golfplatz - die Joggerin, in Zell geboren, seit 20 Jahren in Kanada und gerade zu Besuch in ihrer "alten Heimat", setzte ihren Slalom um Erdhügel und Bausteine erleichtert fort, nicht ohne "viel Glück" zu wünschen.

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