Im Wahn den Ex-Chef mit der Waffe bedroht

Trier/Üxheim · Mit einer Schusswaffe in der Hand hatte ein 54-Jähriger im März 2015 Angst und Schrecken an seiner ehemaligen Arbeitsstätte in Üxheim verbreitet. Da der Mann unter Verfolgungswahn leidet und eine Gefahr darstellt, hat ihn das Landgericht Trier in die Psychiatrie eingewiesen.

Trier/Üxheim. Ein Firmeninhaber aus Üxheim und zwei seiner Mitarbeiter werden den 11. März 2015 nicht mehr vergessen. Damals erscheint der ehemalige Mitarbeiter M. in der Betriebshalle des Sandsteinwerks, stellt sich vor den Firmenchef und zieht eine Pistole aus der Jackentasche. Mit den Worten "die ist für dich" zeigt er seinem Ex-Chef eine Patrone und lädt sie in die Waffe. Schließlich fordert er sein Gegenüber auf, sich niederzuknien.
Dabei richtet er die Waffe zunächst unmittelbar auf dessen Kopf, gibt dann einen Schuss in Richtung Hallendach ab und zielt wieder auf den Kopf. Von dem Schuss aufgeschreckt, erscheinen zwei Firmenmitarbeiter, ziehen sich aber zurück, als sie mit der Waffe bedroht werden. Wieder allein, versucht der Firmeninhaber, beruhigend auf den Angreifer einzureden, verspricht ihm eine Million Euro. Schließlich lässt M. von ihm ab und verlässt mit seinem PKW ruhig den Betriebshof. Der Vater von drei Kindern wird kurze Zeit später von Spezialkräften der Polizei in seiner Oberbettinger Wohnung festgenommen und vorläufig im psychiatrischen Krankenhaus Nette-Gut in Andernach untergebracht. Die Waffe erweist sich als Schreckschusspistole. Den dazu erforderlichen "kleinen Waffenschein" besitzt M. nicht.Mann war schuldunfähig


Mit dem weiteren Schicksal des Mannes hatte sich nun die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Trier in einem sogenannten Sicherungsverfahren zu befassen. Staatsanwältin Stefanie Kaluba geht davon aus, dass M. im Zustand der Schuldunfähigkeit handelte. Verhandelt wird daher nicht um ein Strafmaß, sondern über die Frage der dauerhaften Einweisung in eine psychiatrische Klinik.
1999 war M. mit seiner Familie von Kasachstan nach Deutschland gekommen und konnte schnell Fuß fassen. Er arbeitete als LKW-Fahrer bei verschiedenen Firmen in der Vulkaneifel, zuletzt bei dem Betrieb in Üxheim. Alkohol und Drogen waren und sind dem Familienvater ein Gräuel.
Der Wandel beginnt mit übermäßiger Besorgnis um die Familie und endet in Wahnvorstellungen. M. fühlt sich von der Russenmafia und dunklen Kräften verfolgt. Aus Angst vor einem Giftanschlag misstraut er Speisen und Getränken. Nach langer Krankschreibung endet im November 2014 das Arbeitsverhältnis mit dem Betrieb in Üxheim.
Ein Vierteljahr später folgt der Vorfall, über den nun verhandelt wurde. "Ich dachte, der drückt gleich ab. Ich bin danach fix und fertig gewesen", erklärt als Zeuge der ehemalige Chef von M. Doch er ist dem Beschuldigten nicht böse, denn er kennt den tragischen Hintergrund.
Der vom Gericht bestellte psychiatrische Sachverständige Dr. Wolfgang Retz stellt bei M. paranoide Wahnvorstellungen aufgrund einer Schizophrenie fest. Seine Prognose ist schlecht - es bestehe die Gefahr ähnlicher schwerer Taten, eine dauerhafte psychiatrische Unterbringung sei ratsam.Strafe zur Bewährung ausgesetzt


Im Nette-Gut mit Medikamenten therapiert, erkennt inzwischen auch der Beschuldigte den Ernst seiner Erkrankung. "Ich bin bereit, alles zu tun, um nicht wieder zur Gefahr für meine Umwelt zu werden", erklärt er vor Gericht.
Staatsanwältin Kaluba beantragt die dauerhafte Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie. M.'s Chance: Die Vollstreckung soll auf Bewährung ausgesetzt werden. Unter Bewährungsaufsicht soll sich M. in einer offenen Therapieeinrichtung behandeln lassen. Dem schließt sich Verteidigerin Martha Schwiering an. Die Kammer entspricht den Anträgen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort