Jede fünfte V 1 stürzte zu früh ab

Für Hitler war sie eine Wunderwaffe, für die Eifeler ein Schreckgespenst: Die V 1 verbreitete in der Eifel Angst und Schrecken. Jede fünfte stürzte zu früh ab und forderte Tote und Verletzte.

Daun/Gerolstein. "Man konnte am Geräusch genau hören, ob Hitlers Wunderwaffe, die V 1, funktionierte oder nicht. Wenn sie so komisch spuckte und tuckerte, dann wusste man, jetzt wird sie gleich abstürzen. Wir suchten dann - so rasch es ging - einen Unterstand auf. Wen wunderte es, dass man sie überall Eifelschreck nannte?", erinnert sich der Dauner Hans Wendels.

Diese unbemannte Flugbombe wurde von einfachen Rampen abgeschossen. Etliche davon befanden sich in der Eifel. Am 12. September 1944 erging der Befehl dazu. Offiziere informierten die Bürgermeister der Eifelgemeinden darüber, dass in den umliegenden Wäldern "Stellungen für Sonderwaffen" gebaut würden. Dann ordneten sie strengstes Stillschweigen an. So entstanden unter anderem Abschussrampen bei Eckfeld/Brockscheid, bei Gillenfeld und Schalkenmehren, bei Bongard/Kelberg und Lutzerath.

Die ersten V 1-Abschüsse erfolgten am 21. und 24. Oktober durch zwei Batterien bei Büchel und Laufeld mit Zielrichtung Brüssel und Antwerpen. Bis zum 5. Februar 1945 wurden insgesamt mehr als 5600 V l aus der Eifel abgeschossen.

Dieser erste Raketentyp entpuppte sich bald als Schreckgespenst für die Eifel. Mit donnerndem Getöse und loderndem Feuerschweif überflogen die Bomben die Dörfer. Jedoch stürzte jede fünfte zu früh ab. Die Bevölkerung hatte mehr Angst vor der eigenen V 1 als vor den gegnerischen Fliegern.

Von der bei Borler liegenden Abschuss-Stelle stürzten innerhalb weniger Monate 14 Flugbomben allein in der Gemarkung Niederehe vorzeitig nieder und richteten dabei Schäden an. Als der 51-jährige Jakob Eisenhuth aus Niederehe und der junge Leutnant Karl Heinz Bönning einen Einschlagstrichter besichtigen wollten, explodierte die Rakete und zerriss die beiden.

Wohl das schlimmste Unglück durch eine vorzeitig niedergehende V 1 ereignete sich am 4. November 1944 in Gees. Um 7.30 Uhr stürzte sie in Dorfmitte ab, zerstörte einen ganzen Straßenzug, forderte das Leben von zwölf Menschen.

Allein auf der Walsdorfer Gemarkung gingen sechs dieser Geschosse nieder und hinterließen gewaltige Krater. Ebenso stürzten zahlreiche rund um Hillesheim ab. Eine davon am 27. November 1944 auf der Straße nach Oberbettingen, mitten in eine Kolonne Hitler-Jungen und -Mädel (BDM) aus Hanau, die zu Schanzarbeiten eingesetzt gewesen war. Mehrere dieser Kinder wurden getötet.

In Jünkerath zerstörte die Wunderwaffe das Haus von Doktor Jansen und forderte Verletzte. Jakob Krämer aus Ellscheid erinnert sich: "Am 14. Januar 1945 trudelte wieder eine V 1 über unser Dorf und prallte ziemlich flach in der Flur "Spannesuhr" auf den Boden. Von dort aus rutschte sie zischend und fauchend Richtung Dorf. Alles wäre vielleicht noch gut gegangen, wenn sie dabei nicht einen Kastanienbaum an der Hauptstraße berührt und umgerissen hätte. Dadurch änderte die Rakete ihre Richtung und drang mit der Spitze genau in unsere Haustüre rein und auf der anderen Seite wieder heraus. Das Haus stürzte zusammen. Meine Großmutter Anna Maria Borsch, geborene Schaaf, war bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und ihr Sohn Johann schwer verletzt." Gunther Heerwagen aus Birgel berichtet: "Insgesamt sind 1430 Stück der Vergeltungswaffe V 1 aus dem hiesigen Gebiet abgestürzt. Allein der Absturz von 123 der riesigen Sprengkörper im Amtsbezirk Daun ist überliefert. Der bisher letzte Tote dieser Waffe war am 25. März 1977 Georg Meyer aus Lissendorf, der bei einem Spaziergang auf einen aus dem Sprengkörper herausgeschleuderten Zünder gestoßen war."

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