Kabarett „Wer kommt denn heute mal nach vorne?“

Strotzbüsch · Kabarettist und Lehrer Volker Weininger zieht in Strötzbüsch über die Missstände des Schulwesens her.

 Zu dritten Mal Gast bei den Eifelkulturtagen: Volker Weininger zieht im Bürgerhaus  Strotzbüsch das Thema Schule durch den Kakao.

Zu dritten Mal Gast bei den Eifelkulturtagen: Volker Weininger zieht im Bürgerhaus  Strotzbüsch das Thema Schule durch den Kakao.

Foto: Lydia Vasiliou

Ausverkauft! So war in der Broschüre der Eifelkulturtage schon lange zu lesen. Nun mag das einfach sein bei einer Bestuhlung von etwas mehr als 100 Plätzen, aber das ist das Ziel der Macher der Eifelkulturtage. „Wir gehen gerne auf die Dörfer und in kleine Säle, da ist die Stimmung einfach heimeliger“, sagt Rainer Laupichler, Geschäftsführer der Eifelkulturtage. Nicht das erste Mal war der Protagonist des Abends Gast bei dem Kulturevent, aber zum ersten Mal in Strotzbüsch.

Bildung. Macht. Schule. Titel des Programms und Schlagworte, über die wohl keiner so gut Bescheid weiß wie Volker Weininger, hat er doch selbst „harte 20 Semester“ auf Lehramt studiert. Wieder einmal Publikums-Preis-verdächtig – 2011 erhielt der Kabarettist die „Goldene Berta“, ein Preis, bei dem das Publikum über Anspruch, Originalität, Professionalität und Unterhaltungswert eines Künstlers entscheidet - zog der Rheinländer über die Missstände des deutschen Schulwesens und alles was damit zusammenhängt, vom Leder. Und es begann so: „Wer kommt denn heute mal nach vorne“, grinst Weininger mit sadistischer Miene und hält sein rotes Lehrerbuch in der Hand. „Kennt ihr das noch?“ Man werde ja Lehrer, weil „man will den Angstschweiß riechen“. Ob im Saal Lehrer anwesend seien, wollte er noch wissen. Zwei bis drei Personen zeigen auf, „ihr dürft die anderen ruhig denunzieren“, forderte er das Publikum unter heftigem Gelächter auf. Lehrer seien ja aufmerksame Zuhörer, ganz klar, denn „sie hatten ja auch Zeit, sich nachmittags auszuruhen“, bedient er ein Klischee, was aber nicht auf alle Lehrer zutreffe, obwohl er auch welche kenne, die diesem Klischee entsprechen, sagte Weininger. Die Erinnerung an frühere Zeiten gefiel dem überwiegend seit längerer Zeit aus der Schule entlassenen Publikum, wovon kräftiger Applaus und und durchgehendes Gelächter zeugten.

Nachdenklicher, aber keineswegs unlustiger wurde es, als der Künstler sich mit der übertriebenen Fürsorge der Eltern auseinandersetzte. War früher der Schulweg noch ein Abenteuer, so würden heute die Kinder mit Autos zur Schule gebracht und wieder abgeholt, mit der Begründung, es sei in der heutigen Zeit zu gefährlich bei den vielen Autos. Und die Angst, dass ein Kind an einer Bushaltestelle entführt würde, sei so sicher, wie „wenn du beim Bergsteigen im Magen eines weißen Hais vom Blitz erschlagen wirst“.

Kritisch betrachtete Weininger auch die „soziale Auslese“ bei der Entscheidung zu einer weiterführenden Schule. Am meisten werde wegen des Abschlusszeugnisses nach der Grundschule geklagt, um das Kind doch noch am Gymnasium einzuschulen. Dadurch sinke das Bildungsniveau. Es herrsche ein regelrechter Studienwahn. Aber wer will schon seine Heizungsanlage von einem Kunsthistoriker reparieren lassen? Als Lehrer an einer Hochschule habe er Tausende von Prüfungen korrigiert. So auch eine zum Thema Universalgenie. Zur Aufgabe, „Nennen Sie die wichtigste Leistung von Gottfried Wilhelm Leibniz, habe er folgende Antwort gelesen: „Er hat den Leibniz-Keks entdeckt“. „Hätte er doch wenigstens geschrieben: er hat den Leibniz Keks erfunden, empört sich Weininger und empfiehlt gleichzeitig: „Wenn ihr nichts wisst, schreibt auch nichts, dann hätte ich nicht gewusst, dass du so eine hohle Frucht bist.“

Das Thema Schreiben nach Gehör oder kürzere Schulzeit, Digitalisierung oder Bachelorabschluss sind ebenfalls Gegenstand seiner spöttisch humorvollen und kurzweiligen Darbietung. Auch bei der Diagnose ADS oder ADHS, „wahlweise mit oder ohne Hyperaktivität“, von dem größtenteils Jungs betroffen seien, sei man auf dem Wege, den Kindern die Kindheit wieder wegzunehmen. Man verschreibe Ritalin, ein Aufputschmittel, weiß der Kabarettist. „Jetzt verarschen wir sie mal richtig“, sage da die Pharmaindustrie. Natürlich sei nicht alles schlecht am deutschen Bildungssystem. „Theoretisch haben alle die gleichen Chancen, du darfst nur nicht arm sein.“ „Und wenn ihr was ändern wollt, dann nehmt es selbst in die Hand. Wenn ihr nicht wollt, dass eure Kinder nach Gehör schreiben, dann diktiert ihnen mal was auf Finnisch.“ 

Im Laufe des Gefechts schweift der Bildungsexperte auch mal ab vom Thema und spricht die politische Situation im Land an. Da kommen auch die AFD, Islamisierung, Erdogan oder Terroristen zur Sprache. Letztere seien so blöd und glaubten daran, dass sie nach dem Tod 72 Jungfrauen im Himmel erwarten. „Wenn es Jungfrauen sind, dann muss es gute Gründe dafür geben, die wollte schon zu Lebzeiten keiner haben.“

Als Zugabe mimt Weininger in Narrenjacke und -kappe noch den lallenden und angesäuselten Präsidenten eines Elferats und beweist sich als exzellenter Komödiant. Da bleibt kein Auge trocken. „Wir haben in unserem Verein alle die gleichen Interessen – Sprachen, andere Kulturen –  das interessiert keinen von uns.“ Man bleibe lieber im deutschsprachigen Raum, auf Mallorca. Aber ob er noch mal mitfliege, wisse er noch nicht. Es gebe zu strenge Vorschriften auf dem Flughafen. Nicht mal einen Nagelknipser oder eine Pinzette dürfe man mitnehmen. „Also wenn es dir gelingt, mit einer Pinzette ein Flugzeug in Gewalt zu bringen, dann hast du es verdient“, meint Volker Weininger zum Schluss.

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