Kämpfen wie ein Champion

Gerolstein-Roth · Nathalie John aus Gerolstein- Roth ist eigentlich Polizistin, aber sie hat auch eine andere Seite. Sie ist mehrfache Deutsche Meisterin, Weltmeisterin, Europameisterin und German Open Siegerin, und betreibt als Boxerin und Kickboxerin einen Sport, der nichts für Weicheier ist. Seit einem Jahr lebt sie in der Region und trainiert nun Gerolsteiner Jugendliche.

Gerolstein-Roth. Schweißgeruch liegt in der Luft - eine knappe halbe Stunde trainieren die Sportler des Boxclubs Vulkaneifel bereits in den Räumen des Clubs im Gewerbegebiet: Sprung- und Dehnübungen, Kicken gegen den Sandsack.
Mittendrin Natalie John. Die 38-Jährige ist Boxerin und Kickboxerin. Doch nicht irgendeine. Sie ist mehrfache Deutsche Meisterin im Semi-, Leicht- und Vollkontakt in zwei Gewichtsklassen, Deutsche Meisterin im Boxen, Europameisterin im Vollkontakt-Kickboxen 2010 und sogar Weltmeisterin 2013. Seit fast einem Jahr lebt sie mit ihrem Freund in Gerolstein-Roth, wo sich die Beiden ein Haus gekauft haben.
In ihrer Region engagiert sich die Sportlerin für Jugendliche. "An zwei Samstagen habe ich 50 Mädchen und Jungs in einem Schnupperkurs gezeigt, was Kickboxen ist. Manche waren von sich selbst überrascht, was sie konnten. Die fanden es schon gut", sagt sie. Ihr neustes Projekt läuft mit dem Jugendhaus Gerolstein, wo sie Jugendlichen ihren Sport näher bringt. "Das ist mir sehr wichtig".
Natalie John stammt aus Nattheim in Baden-Württemberg. "Nach meinem Abitur wusste ich ein halbes Jahr nicht, was ich machen soll." Sie meldete sich schließlich zum Polizeidienst. "Ich bin seit 1997 bei der Kriminalpolizei im Koblenzer Präsidium und bearbeite dort als Kriminalhauptkommissarin Eigentumsdelikte." Ihr Einsatzgebiet ist die Polizeidirektion in Mayen. "Die Polizei bietet einen weiten Spielraum, da kann man viel machen. Ich habe immer gerne im Steifendienst gearbeitet, da ist man überall, wo es brennt", sagt die Neu-Gerolsteinerin.
Ein halbes Jahr war sie 2013 in einem Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten in Stuttgart tätig "um die jungen Leute wieder auf die richtige Bahn zu bringen und ihnen eine vernünftige Lebensperspektive zu geben."
Durch die Polizeiausbildung kam Nathalie John auch zum Kickboxen. "Kickboxen ist wie das Leben. Man muss sich ein Ziel setzen, manchmal die Zähne zusammen beißen um etwas zu erreichen", so ihre Erkenntnis. Härte ist für sie nichts Neues. "Sich miteinander messen, das fand ich schon immer gut. Bei uns im Gebiet wohnten nur Jungs, da musste man sich schon ein bisschen durchsetzen", sagt sie.
Durch intensives und hartes Training wurde Nathalie John im Kickboxen immer besser. Das Ergebnis: Titel als Deutscher Meister, Europameisterin, German-Open-Siegerin und 2013 der Titel als Weltmeisterin in ihrer Gewichtsklasse. Welcher Titel bedeutet ihr besonders viel? "Der des Europameisters 2010". Ihre Stärken liegen bei den Kicks. "Beim Boxen kenne ich meine Schwächen, die ich gerne noch ausmerzen würde".
Hat ihr die Kampfsporterfahrung auch schon im Dienst geholfen? "Bei der Polizei lernt man andere Arten der Selbstverteidigung und Zugriffstraining. Aber wenn man Kampfsport betreibt, ist man natürlich sehr selbstbewusst und kann lange warten, bis man seine Kenntnisse einsetzt. Ich versuche es immer mit schlagkräftigen Argumenten. Ich war aber auch schon in einer Festnahmeeinheit bei Demos und Razzien in Hannover", sagt die 1,80 Meter große Polizistin.
Sie selbst musste auch schon die ein oder andere Verletzung einstecken. "Man muss immer die Regeln einhalten und immer wissen, was man macht. Beim Vollkontakt geht es schon zur Sache. Ich hatte von einer mehrfach gebrochenen Nasenscheidenwand bis zum Riss in der Augenhöhle und Veilchen schon einige Verletzungen. So was passiert aber meistens im Training. Im Wettkampf habe ich mich nie verletzt".
Wer kann Kickboxen? "Kickboxen ist für jeden etwas, man muss keinen Marathon laufen können dafür. Bei dem Sport läuft einem keiner weg", sagt sie schmunzelnd. Ihr Sport ist in Deutschland nicht so populär - Nathalie John betreibt ihren Sport semiprofessionell. "Hier kann man damit nicht viel Geld verdienen, höchstens bei Galakämpfen".
Ab sofort will Nathalie John ihren Sport gemächlicher angehen. "Es gab eine Zeit, in der ich sehr viel trainiert habe. Da hatte ich nur noch Sparringspartner, keine Freunde mehr", erinnert sie sich. Deshalb will sie kürzer treten. "Ich bin sehr nett in Roth aufgenommen worden und habe jetzt mehr Freunde. Es ist mir wichtig hier soziale Kontakte aufzubauen". Sie weiß: "Ich habe meinen sportlichen Zenit schon überschritten. Man merkt schon, dass es einen schlaucht." An Welt- oder Europameisterschaftskämpfen wird sie nicht mehr teilnehmen. Ein Ziel hat sie aber noch: "Deutscher Meister würde ich gerne noch einmal werden".

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