Gesellschaft Keine Konkurrenz zur Hebammenzentrale

Kelberg · Nach dem Aus der Geburtshilfe in Daun: In der Heupenmühle ist das Kelberger Familienprojekt gestartet worden.

 Der Vorstand des Kelberger Familienprojekts (von links): Julia Thönnes, Natascha Emmerichs, Bernadette Schäfer.

Der Vorstand des Kelberger Familienprojekts (von links): Julia Thönnes, Natascha Emmerichs, Bernadette Schäfer.

Foto: TV/Reinhold Jansen

Das Gelände wirkt wie eine Illustration zu einem Buch von Astrid Lindgren: Pferde grasen auf Wiesen unter alten Bäumen, ein Bach plätschert, ein Hof mit mehreren Gebäuden strahlt Behaglichkeit aus. Kein Wunder, dass bei dem Anblick Dichterworte in den Sinn kommen: „Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, befand Hölderlin. Das Rettende ist das Kelberger Familienprojekt (KeFa) in der ehemaligen Zahnarztpraxis in der Heupenmühle, die Gefahr war die Schließung der Geburtshilfe im Dauner Krankenhaus mit der daraus resultierenden Notwendigkeit, für Schwangere, Säuglinge, Kleinkinder und junge Eltern aus der Region zumindest eine Anlaufstelle zu bieten.

„Der Bedarf war klar, aber es brauchte Katalysatoren, viele Ideen und die Fähigkeit zur Selbstorganisation, um etwas aufzubauen, das Familien von der Schwangerschaft bis ins Grundschulalter der Kinder begleitet und berät“, schildert Gisela Schmitz die Voraussetzungen des KeFa. Sie ist eine der Sprecherinnen der Elterngruppe und mit von der Partie, wenn es derzeit um die Gründung eines gemeinnützigen Vereins geht, in dem die beiden jungen Mütter Bernadette Schäfer Erste und Julia Thönnes Zweite Vorsitzende sind. Wichtiger Katalysator wiederum ist Kinderarzt Reinhold Jansen, der Teile seiner Praxisräume in Daun in die Heupenmühle ausgelagert hat. „In Daun fehlt nach dem Aus der Geburtshilfe ja auch die Wöchnerinnenstation“, sagt er, „so dass wir nun hier in Zermüllen mit ersten Untersuchungen, Vorsorge und ersten Impfungen sowie Beratungen die Lücke füllen.“ Mehrere in Teilzeit beschäftigte Hebammen sind für das KeFa im Einsatz, eine enge Anbindung besteht darüber hinaus an das Mayener Krankenhaus, das über eine Geburtshilfestation und eine Kinderklinik verfügt. „Diese Perspektive ist langfristig gesichert, denn dort wird der Kreißsaal ausgebaut, und es wurden bereits neue Hebammen eingestellt“, beruhigt der Kinderarzt angesichts von zwischenzeitlich aufgetauchten Meldungen, das zum Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gehörende Haus stehe auf der Kippe und/oder leide nach dem Aus der Dauner Geburtshilfe unter einer Überreizung der Kapazitäten. „Wer in Mayen entbinden möchte, kann sich über das KeFa anmelden“, so Jansen. Für ihn bedeutet die neue Kelberger Anlaufstelle nicht, Druck aus der Debatte um die Wiedereinrichtung einer Geburtshilfestation in der Vulkaneifel rauszunehmen: „Aber es muss jetzt schon etwas für die Betroffenen getan werden.“ Dazu leiste das Projekt einen Beitrag. Es soll jedoch weitaus mehr als „nur“ erste Hilfestellung leisten bei der Suche und Organisation rund um die Geburt.

„Uns geht es darum, Gleichgesinnte zu vernetzen und eine Begegnungsstätte zu werden für alle, die mit Familienthemen zu tun haben“, skizziert Gisela Schmitz die Ausrichtung. „Wir bieten jeden Morgen ein offenes Elterncafé und jeden Freitagnachmittag Infos oder Vorträge zu gesundheitlichen Themen an, Kurse und Gesprächskreise. Letztlich wollen wir signalisieren: Bei uns auf dem Land lässt es sich gut leben, wir sind auch an der Schnittstelle der Kreise Vulkaneifel, Ahrweiler, Mayen und Cochem-Zell nicht abgehängt, sondern tun etwas, damit sich Familien hier niederlassen können.“ So wird aus dem KeFa auch ein Argument etwa für Unternehmen der Region, die Fachkräfte binden wollen.

Johannes Saxler, Bürgermeister der VG Kelberg, begrüßt das aus bürgerschaftlichem Engagement entstandene Projekt: „Es ist ein Baustein im Mosaik der Stärken, der nicht zu unterschätzen ist. Und durch die exponierte geografische Lage wird es zu einer guten Sache für die ganze Region.“ Daher seien die Bürgermeister des Nachbar-Orts Müllenbach und der Nachbar-VG Adenau ebenfalls mit im Boot der Befürworter. Eine Konkurrenz zur Hebammenzentrale in Daun sieht Saxler ebenso wenig wie Jansen oder Schmitz: „Die Aktivitäten des KeFa-Vereins decken ein ganz anderes Angebot ab.“

Am 8. September präsentiert sich das KeFa beim Kinderwandertag Oberes Elztal, am 21. September findet im KeFa in der Heupenmühle ein Tag der offenen Tür statt. Weitere Infos: kefa-projekt.com

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