"Keiner hat durchgegriffen"

GEROLSTEIN. Während des dreijährigen Leerstands wurde das Albertinum zum Schandfleck von Gerolstein. Die Zerstörungen haben ein großes Ausmaß angenommen. Der ehemalige Besitzer, das Bistum Trier, und die Stadt Gerolstein schieben sich wegen der Kontrolle gegenseitig den "Schwarzen Peter" zu. Die Polizei hat ihre Ermittlungen eingestellt.

Bernd Wirtz, der neue Eigentümer des historischen Gebäudekomplexes, zeigt keinerlei Verständnis für das ausbleibende Handeln der Verantwortlichen gegen die Vandalen. Er schimpft: "Das ist doch hier wahrlich eskaliert, und keiner hat durchgegriffen." Nach drei Jahren Leerstand geht es weiter im Albertinum. Der neue Eigentümer will aus dem Gebäudekomplex ein "Wohn- und Dienstleistungszentrum” machen. Außerdem sollen auf dem Gelände weitere Häuser gebaut werden. Ende Mai war das Albertinum vom Besitz des Bistums in die Hand von Bernd Wirtz übergegangen (der TV berichtete). Wirtz verweist nicht nur auf mutwillige Zerstörung der Fenster und Türen. Sanitäranlagen wurden heraus gerissen und unter die Büsche geworfen. Matratzenlager wurden überall, sogar auf dem Laubendach, eingerichtet. Auch vor der Bleiverglasung der Kapelle machten die Vandalen nicht Halt. Diebe haben auch zugeschlagen - im Gebäude gibt es laut Wirtz keine Lichtschalter und Türgriffe mehr. Heizkörper und sogar Teile von Holzdecken seien abtransportiert worden. "Nachbarn haben mehrmals einen Mann mit einem blauen Ford Sierra samt Anhänger vorfahren und Sachen aufladen sehen", berichtet Wirtz. Beim Kauf bestand er auf einer offiziellen Anzeige. "Wir konnten keinen konkreten Tatverdächtigen ermitteln. Die Taten wurden sukzessive über einen Zeitraum von drei Jahren begangen", sagt Willi Hoffmann, Chef der Gerolsteiner Polizeiwache. Anfang Juli wurde die Akte an die Staatsanwaltschaft Trier übergeben. Gerüchte, nach denen sich ums Albertinum-Gelände zeitweise der Gerolsteiner Straßenstrich abgespielt haben soll, stützt die Polizei nicht. "Diese Beobachtungen können wir nicht bestätigen", erklärt Hoffmann.Stadt fühlt sich nicht zuständig

Auch Stadtbürgermeister Karl-Heinz Schwartz fasst die Vermutungen unter die Kategorie Gerüchte. Im Gerolsteiner Rathaus fühlt man sich für das Ausmaß des Vandalismus nicht zuständig. Hermann-Josef Wirp, Leiter des Ordnungsamts: "Wir haben gar keine Rechtsgrundlage, tätig zu werden." Gemeinsam mit Stadtbürgermeister Schwartz versichert er: "Wir haben deswegen mehrmals Appelle ans Bistum gerichtet." Mit diesen Aussagen konfrontiert, reagiert Gerhard Biewer, Ökonom des Bistums, sauer: "Wer hat denn zugesehen, dass das Albertinum zur Dreck-Ecke von Gerolstein wurde? Uns wurde klipp und klar von der Kommune versprochen, dass man auf das Haus aufpassen würde und Leute vom Bauhof rausschicken würde, um die Sicherung des Gebäudes zu übernehmen". Hintergrund: Bis vor einem halben Jahr sei die Kommune der Hauptinteressent für den Kauf gewesen. Um seine Aussagen zu untermauern, verweist Biewer auf ein Schriftstück aus dem Dezember 2001: "Schlüsselgewalt bei der VG, VG übt vor Ort Hausrecht aus", heißt es dort. Bereits im Oktober 2001, drei Monate nach der Schließung, erstattete das Bistum die erste Anzeige wegen Sachbeschädigungen. Biewer: "Schon im September 2001 wurde uns gesagt, dass man sich ums Albertinum kümmern würde und beim Kauf wegen eventuellem Vandalismus keine Regressansprüche stellen würde." Der neue Eigentümer Wirtz hat die gröbsten Schäden beseitigen sowie die offenen Fenster und Türen verriegeln lassen. Wirtz: "Ich hoffe, dass Vandalismus jetzt ausbleibt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort