Kelberg will sich nicht an die Kette legen lassen

Kelberg · Die Befürworter des Erhalts der Verbandsgemeinde Kelberg lassen nicht locker. In dieser Woche fährt eine Delegation nach Mainz, um ein Gutachten eines Verwaltungsexperten einzureichen. Nach wie vor ist nicht ausgeschlossen, dass man sich juristisch gegen eine Fusion wehrt.

Kelberg. Es gibt nach wie vor keine Anzeichen, dass das Land vom Plan, die Verbandsgemeinde (VG) Kelberg aufzulösen und mit der VG Daun zu fusionieren, abrückt. Aber in Kelberg wird nichts unversucht gelassen, die Haltung der Landesregierung noch zu ändern. Am Mittwoch wird eine Delegation mit Bürgermeister Karl Häfner an der Spitze im Innenministerium ein Gutachten des Verwaltungsexperten Professor Johannes Dietlein von der Uni Düsseldorf übergeben.
Tenor der Studie: "Es gibt viele starke Argumente, die die VG Kelberg für den Erhalt ihrer Eigenständigkeit in der weiteren Diskussion anführen kann", erklärte Dietlein bei der Vorstellung am Montag in Kelberg.
Er hat sich dabei mit den Anfang 2011 vorgestellten Entwürfen der Universität Trier für neue kommunale Strukturen im Vulkaneifelkreis befasst. Die Trierer Professoren haben damals eine Fusion mit Daun empfohlen, zweitbeste Variante war für sie aber die weitere Eigenständigkeit Kelbergs. Dietlein hält es "wenig fantasievoll" vom Land, die Neuordnung der Verbandsgemeinden nur durch die Bevölkerungszahl zu begründen: "Größe allein ist kein Kriterium für Effizienz, dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege." Auch eine VG wie Kelberg mit 7300 Einwohnern (das Land fordert eine Mindestgröße von 10 000) könne die Vorgaben hinsichtlich solider Finanzen und der Bürgernähe erfüllen.
Die Finanzen
Die 33 zur VG gehörenden Orte stehen finanziell gut da. 28 Dörfer sind schuldenfrei. Deshalb ist - im Gegensatz zu den übrigen vier Verbandsgemeinden im Kreis - auch keine Gemeinde beim kommunalen Entschuldungsfonds dabei. Die Pro-Kopf-Verschuldung beläuft sich auf =199 Euro, der Landesschnitt liegt bei 329 Euro. Fazit des Professors: "Wirtschaftlich starke Gemeinden sollten nicht in eine Fusion getrieben werden."
Der Bürgerwille
6558 Menschen haben bei der Unterschriftenaktion für den Erhalt der VG Kelberg unterschrieben. Von den Unterzeichnern wohnen 5499 in der VG, damit haben sich über 87 Prozent der unterschriftsberechtigten Bürger (ab 14 Jahren) für den Erhalt ausgesprochen. Fazit des Professors: "Eine erstaunlich deutliche Meinungsäußerung der Bürger, wie sehr sie für den Erhalt ihrer VG sind." Auch sei zu erwarten, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl, das es derzeit in der VG Kelberg offensichtlich gebe, bei einer Fusion leide.
Die Fusionsoption
Das Land befürwortet nach wie vor eine Fusion Daun-Kelberg. Dadurch würde eine VG mit 71 Ortsgemeinden entstehen. Verwaltungsexperte Dietlein hält es für "sehr fraglich, dass sich ein solches Gebilde verwalten lässt."
Der Jurist kritisiert mehrfach das Vorgehen der Landesregierung. Aus seiner Sicht wurde die Verwaltungsreform falsch angegangen: "Statt die Strukturen von oben nach unten auf den Prüfstand zu stellen, läuft es jetzt umgekehrt."
Dietlein moniert auch, dass die Reform der Kreise nach der VG-Neuordnung folgen soll. Für ihn der falsche Ansatz, weil die "… Reformüberlegungen de facto in das Korsett überkommener Kreisgrenzen eingezwängt werden, obgleich diese für reformbedürftig gehalten werden."
In Kelberg wird nun gespannt gewartet, ob das Gutachten in Mainz noch etwas bewirkt. Wenn nicht, wird Bürgermeister Karl Häfner dem Verbandsgemeinderat, der bislang stets einstimmig für die Eigenständigkeit votiert hat, empfehlen, juristisch gegen eine Zwangsfusion vorzugehen.Meinung

 Rüstzeug für eine mögliche juristische Auseinandersetzung: Professor Johannes Dietlein (Universität Düsseldorf, rechts) übergibt Bürgermeister Karl Häfner sein Gutachten. TV-Foto: Stephan Sartoris

Rüstzeug für eine mögliche juristische Auseinandersetzung: Professor Johannes Dietlein (Universität Düsseldorf, rechts) übergibt Bürgermeister Karl Häfner sein Gutachten. TV-Foto: Stephan Sartoris

Schlechte Karten
Die Palette der Möglichkeiten der Verbandsgemeinde Kelberg, sich gegen die von der Landesregierung favorisierte Fusion mit Daun zu wehren, ist nun fast ausgeschöpft. Um für einen möglichen Rechtsstreit gewappnet zu sein, haben die schon häufig vorgetragenen Argumente für den Erhalt der Eigenständigkeit mit dem Gutachten die juristische Einordnung bekommen. Aber immer noch haben die Kelberger schlechte Karten. Schon bisher waren nicht ausschließlich Fakten Grundlage der Diskussion, sondern es gab und gibt immer auch eine nicht zu unterschätzende politische Dimension. Spätestens nach der Nürburgring-Pleite braucht die Landesregierung ein Politikfeld, auf dem sie Handlungsfähigkeit beweisen kann. Auch wenn die Verwaltungsreform schon verkorkst ist, ist zu erwarten, dass das Land um jeden Preis die Fusionen durchziehen will. Noch ein Prestigeprojekt, das scheitert: Der Imageschaden für Rot-Grün wäre endgültig irreparabel. s.sartoris@volksfreund.de

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