Kinderfreude, Kaffeemehl, Kuh-Entzauberer

Daun/Prüm/Bitburg · Jedes Kind kennt ihn. Auch wenn er nicht so beachtet, bedichtet oder besungen worden ist wie Tulpen oder Maiglöckchen - der Löwenzahn erfreut Kinder und Erwachsene im Frühjahr mit seiner leuchtend gelben Farbe. Zudem gilt er bereits seit langer Zeit als Heilmittel oder als Zutat für Salate.

Daun/Prüm/Bitburg. Es gibt wohl keine Blume, die so viele Volksnamen hat wie diese. Angeblich soll es fast 500 Bezeichnungen für den Löwenzahn geben. "Fleure de pisse" oder "Pissenlit" (= P.. ins Bett) nennen die Franzosen ihn, weil sein Verzehr harntreibende Eigenschaften hat.
In der Eifel wird er dementsprechend als "Bettpisser, Beddschissa oder Seechblum" bezeichnet. "Brummer oder Kettenblume" nennen die Kinder die gelbe Blume, weil man aus dem hohlen Stängel brummende Flötchen und Ketten herstellen kann. "Butterblume, Butterstücker, Eierschääp, Milchblum", sind ebenso bekannte Namen, wie auch "Pferdeblume" (Tee aus Löwenzahn half bei gewissen Pferdleiden) oder "Kuhschess", weil Kühe beim Verzehr von zu viel Löwenzahn Durchfall bekommen konnten). Den Begriff "Pusteblume" kennt wohl jeder, da es Freude macht, die Samen in die Luft zu pusten und sie wie kleine Fallschirme langsam zur Erde schweben zu sehen.
Dorfgeschichte(n)


Den offiziellen Namen Löwenzahn erhielt die Pflanze wegen der Blüte, die wie eine Löwenmähne aussieht, und ihrer Blätter, aussehend wie spitz gezackte Löwenzähne. In der Eifel wurde aus den getrockneten Wurzeln in der Nachkriegszeit Ersatzkaffee (ähnlich wie Zichorienwurzeln) hergestellt. Aber auch im Eifeler Aberglauben spielte dieser Frühblüher eine nicht unerhebliche Rolle. Glaubte man doch, dass jeder Wunsch in Erfüllung ginge, wenn man sich mit ihm den Körper einreibe. Seine gelben Blüten sollen die Gelbsucht heilen, so der Glaube.
Der weiße Milchsaft der Pflanze wurde als giftig bezeichnet, war aber ein beliebtes Mittel, um bei abnehmendem Mond damit Warzen zu heilen. Wollte man stets jedwedes Augenleiden vermeiden, musste man laut Überlieferung am Morgen von St. Bartholomäus (27. August) sieben Löwenzahnwurzeln ausgraben und sie in einem Säckchen als Amulett bei sich tragen. Bei Zahnweh sollte man getrocknete Blätter dabei haben. Füttert man die Kühe, die wegen eines Hexenzaubers keine Milch mehr geben, so glaubte man, dass der Zauberbann schände.
Der Fruchtboden galt ebenfalls als Orakel: War er nach dem Auspusten weiß, kam man in den Himmel, war er schwarz, war das Fegefeuer sicher.
Unbestritten aber ist, dass Löwenzahnsalat (auch als Spinat, als Beigabe zum Kräuterquark) nicht nur wohlschmeckend ist, sondern auch eine hervorragende Blutreinigungskur im Frühjahr darstellt.
Das wussten schon die arabischen Ärzte vor über tausend Jahren. Sie nannten diese beliebte Heilpflanze "Tarakshagum" (= bitteres Kraut), woraus dann der lateinische Gattungsbegriff "Taraxacum" wurde.
Auch heutige Mediziner kennen deren Heilwirkung und verschreiben Löwenzahnextrakte bei Leber-, Gallen-, Blasen- und Nierenleiden sowie Gelenkerkrankungen. 1999 entdeckte die japanische Medizin, dass die Löwenzahn-Wurzeln hilfreich bei der Krebs-Bekämpfung einzusetzen sind.
Sogar die Rückseiten der alten 500-Mark-Scheine ziert der Löwenzahn.

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