Flut 2021 „Die Ungewissheit macht uns mürbe“: Wie geht es weiter mit der hochwassergeschädigten Kirche in Mürlenbach?
Mürlenbach · Im Vergleich zum Ahrtal und dem Eifelkreis war der Landkreis Vulkaneifel bei der Flutkatastrophe vor zwei Jahren relativ glimpflich davongekommen. Doch betroffen war damals auch die Kirche in Mürlenbach. Sie ist noch immer ein Sanierungsfall.
Seit Menschengedenken war die Kyll nicht so hoch über ihre Ufer getreten wie am 14. Juli 2021. Und dass die Wassermassen in Mürlenbach gar über die Birresborner Straße hinweg in die St.-Luzia-Pfarrkirche eindrangen, dort auf fast einen Meter Höhe anstiegen und entsprechendes Unheil anrichteten – unvorstellbar bis dahin. Zugleich waren um die 50 Wohnhäuser sowie Straßen und Plätze in Mitleidenschaft gezogen worden. Menschen waren Gottlob nicht zu Schaden gekommen.
Das Meiste sei wiederhergestellt, erzählen Gertrud Mergen und Andrea Molitor. Die Häuser der beiden waren auch betroffen. „Nach außen hin ist im Dorf fast alles wieder in Ordnung gebracht“, sagen sie. „Doch was in unseren Köpfen vorgeht, wenn zum Beispiel Starkregen angekündigt wird, ist eine andere Sache“, räumen sie mit Blick darauf ein, dass sich das Flutereignis auf viele Menschen im Dorf traumatisierend ausgewirkt habe. „Es ist noch kein Tag vergangen, an dem hier in Mürlenbach nicht über die Flut gesprochen und daran erinnert wurde“, sind die beiden Frauen überzeugt.
Gertrud Mergen und Andrea Molitor sind Mitglieder des Pfarrgemeinderates. Wir treffen sie gemeinsam mit dem zuständigen Pfarrer Ralf Pius Krämer (Pfarrei Gerolsteiner Land) in der St.Luzia-Kirche. Es riecht muffig in dem Gotteshaus, dessen Ursprünge ins 15. Jahrhundert zurückgehen und dessen origineller Umbau vor 100 Jahren als gelungen und harmonisch gilt. Damals war der ursprüngliche barocke Saalbau nach Norden zu einem dreischiffigen Langhaus und nach Süden zu einem Altarraum erweitert worden; was einer 90-Grad-Drehung gleichkam.
Es sieht trostlos aus in der Kirche. Die liturgischen Gegenstände haben Quartier in Gerolstein; das Mobiliar wurde nach Kopp ausgelagert, wobei etwa ein Drittel der Bänke direkt hatte entsorgt werden müssen. Der historische Hochaltar aus dem 18. Jahrhundert steht erhöht. „Vielleicht halten sich die Schäden daran im Rahmen“, hofft Pfarrer Krämer noch – „doch wir können ja nicht darunter und nicht hineinschauen.“
Die Gebläseheizung ist ein Totalschaden. Der Verputz an den Wänden innen und außen ist bis auf Meterhöhe marode. Die Orgel, die zwar an ihrem Platz auf der Empore trocken blieb, setzt Schimmel an und muss zumindest gereinigt werden. Aus dem Fußboden im Kirchenraum wurden die Holzteile, die bald nach der Flut aufgequollen waren und sich verzogen hatten, entfernt. Doch hat das Wasser den gesamten Untergrund derart in Mitleidenschaft gezogen, dass auch die Steinplatten entfernt werden müssen, bevor der Fußboden neu aufgebaut werden kann.
„Wobei wir diese Platten zumindest wiederverwenden könnten“, gibt der Pfarrer zu bedenken. Er drückt die Option im Konjunktiv aus. Denn bis heute weiß keiner der Verantwortlichen vor Ort, wie es mit der St.-Luzia-Kirche weitergeht. Dabei ist in Zusammenarbeit mit der Bauabteilung und der Denkmalpflege des Bistums Trier eine Zukunftsidee entwickelt und der entsprechende Antrag vor einem Jahr gestellt worden.
Der Vorschlag gehe dahin, so erklärt Pfarrer Ralf Pius Krämer, die Kirche im Rahmen der Sanierung für Gebet und Gottesdienst wiederherzustellen, dabei aber auch neue Formen zu ermöglichen und sie insgesamt in einen „Ort für Begegnung und Leben“ umzuwandeln. Dabei böte es sich an, den Innenanstrich zu erneuern und das statische Problem am Übergang der beiden Bauteile zu beheben, meint der Pfarrer. Mehr als eine Million Euro würde diese „große“ Lösung kosten, sei ausgerechnet worden. „Doch wir würden auch Abstriche machen“, sagt Krämer.
Aber das alles ist im Ungewissen. Denn vom Bistum haben die Mürlenbacher bis heute kein einziges Wort zur Zukunft ihrer Kirche gehört. „Ich werde immer wieder nach dem Stand der Dinge gefragt, dann zucke ich mit den Schultern“, erklärt Gertrud Mergen. „Wir fühlen uns links liegen gelassen“, beschreibt Andrea Molitor die Stimmung. Und: „Die Ungewissheit macht uns mürbe.“ Gemeinsam bringen sie den großen Wunsch der Bewohner zum Ausdruck: „Die Kirche gehört zu unserem Dorf, und dort soll sie auch bleiben.“
Das jedenfalls wollen sie dem Trierer Bischof Stephan Ackermann mit auf den Weg geben, wenn er am zweiten Jahrestag der Flut nach Mürlenbach kommt und am Gedenkgottesdienst an die Ereignisse und die Opfer in ihrer „Flutkirche“ am Freitag, 14. Juli, 19 Uhr, teilnimmt.