Kleider suchen Leute

GEROLSTEIN. Steht die Kleiderkammer am Kyllweg vor dem Aus? Seit November 2004 ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK) alleine zuständig und verlangt zur Kostendeckung einen Obolus für die gebrauchte Kleidung. Die Nachfrage ist drastisch zurückgegangen: von 200 Teilen pro Ausgabetag auf 275 Teile in fünf Monaten. Die Kosten sind nur zu einem Drittel gedeckt.

"Es ist ganz schlimm. Es ist überhaupt nix mehr los", sagt Theresia Geit, ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Kleiderkammer. Ihr Kollege Rolf Seng führt die Bücher der Kleiderkammer. "Enttäuschend" seien die Zahlen, sagt er: Gingen vorher mittwochs, dem Ausgabetag, 200 Teile über die Theke, seien es in den vergangenen fünf Monaten insgesamt nur 275 gewesen. "Das Dilemma sind die Preise, die die Leute seit November zahlen müssen", meint die Mitarbeiter-Crew der Kleiderkammer unisono. Stefan Forster, stellvertretender Vorsitzender des Gerolsteiner DRK-Ortsverbandes, erklärt: "Wir können die Sachen nicht mehr unentgeltlich abgeben, weil wir monatliche Kosten von 300 Euro zu tragen haben." Die Miete hatte in den ersten 15 Jahren des Bestehens der Kleiderkammer die Verbandsgemeinde getragen. Mit der neuen Hartz IV-Regelung ging die Verantwortlichkeit allerdings an den Kreis über, und deshalb stieg die Verbandsgemeinde aus. Zur Kostendeckung entschied sich der DRK-Ortsverband für günstige Preise. Hier ein paar Beispiele: Mantel, ein Paar Schuhe oder ein Anzug vier Euro, T-Shirt oder Unterwäsche 50 Cent, Rock, Hose oder Pullover zwei Euro. Anna Lez, ebenfalls ehrenamtliche Helferin in der Kleiderkammer, sagt: "Eine Mutter war mit ihren Kindern da. Ihr waren vier Euro für ein Paar Schuhe zuviel, weil sie im Billigladen neue für fünf Euro haben könnte." Ihre Kollegin Geit plädiert dafür, die Preise zu halbieren und "dann zu gucken, wie es weitergeht". DRK-Vize Forster bleibt zurückhaltend: "Eine Preisreduzierung könnte ein Thema werden, aber vier Euro für ein Mantel sind nicht zu viel. Bei niedrigeren Preisen müsste sich die Stückzahl der ausgegebenen Teile wieder entsprechend erhöhen.""Wir suchen nach einer Lösung"

Die rund 250 Menschen, die vorher das Angebot der Kleiderkammer regelmäßig angenommen hätten, lebten nach wie vor im Gerolsteiner Land, ist sich Forster bewusst. Das DRK nehme seine soziale Verantwortung gegenüber finanziell schwächeren Menschen durchaus ernst. Es werde kein Überschuss, aber Kostendeckung erwartet. Magda Rau vom Kleiderkammer-Team wirbt: "Wir haben doch keine schlechten Sachen hier, weil wir sehr gezielt alle unbrauchbaren und schmutzigen aussortieren. Die Leute bringen uns noch immer viele schöne Teile." Aus gutem Grund, wie Forster weiß: "Es ist für viele Tradition, und außerdem sind die meisten Sachen zu schade, um über die Altkleidersammlung im Schredder zu landen." Die Regale sind sehr gut bestückt, aber wenn nicht mehr Abnehmer kommen, verstaubt die sorgsam bereit gehaltene Kleidung. Theresia Geit macht ihrer Enttäuschung Luft: "Etliche sind gekommen, haben es sich angeguckt und wegen der Preise nur ganz wenige Teile oder gar nichts mitgenommen. Früher ist keiner ohne was gegangen." Forster ist sich der Problematik bewusst. Der Ortsverbands-Vorsitzende verspricht: "Wir suchen nach einer Lösung und wollen auf jeden Fall bis Ende September durchhalten." Öffnungszeiten der Kleiderkammer am Kyllweg 3: Annahme dienstags von 9 bis 11 Uhr, Ausgabe mittwochs von 14 Uhr bis 16.30 Uhr.

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