Knatsch: "OB" wirft hin

HOHENFELS-ESSINGEN. Hohenfels-Essingen hat keinen Ortsbürgermeister mehr: Gerd Clemens (58), der erst vor einem Dreivierteljahr gewählt wurde, ist zurückgetreten. Begründung: Eine konstruktive Zusammenarbeit im Rat sei nicht möglich. Neuwahl ist voraussichtlich am 26. Juni.

Zweite Überraschung binnen eines Dreivierteljahrs im rund 350 Einwohner zählenden Hohenfels-Essingen: Zunächst setzte sich nach dem Abtreten des langjährigen Ortsbürgermeisters Alfons Kirstgen bei der Kommunalwahl im Juni vergangenen Jahres nicht der Beigeordnete Ottmar Eul durch, sondern "Herausforderer" Gerd Clemens. Er erhielt bei der Ortsbürgermeisterwahl 53,3 Prozent der Stimmen. Und nun, rund zehn Monate später, tritt er zurück. "Ich bin nicht bereit, meine Gesundheit zu ruinieren, bin aber stets mit hohem Blutdruck aus den Sitzungen gekommen, da alle meine Vorhaben blockiert wurden", sagt Clemens und fügt hinzu: "Einen Herzinfarkt nehme ich nicht in Kauf." Als Beispiel nennt er sein Nein zum Umbau der Alten Schule zum schicken Dorfgemeinschaftshaus mit Jugendräumen, das immer wieder kritisiert worden sei. Clemens: "Das ist zwar wünschenswert, aber derzeit fehlt uns das Geld." Zudem sei er "permanent mit Altlasten zugemüllt" worden, meint Clemens, der seit zehn Jahren im Ortsgemeinderat sitzt. "Anfeindungen unter der Gürtellinie"

Das Fass zum Überlaufen gebracht habe die Auseinandersetzung um die Verpachtung des Geländes um den Lava-Steinbruch. "Die war zunächst vom Gemeinderat so beschlossen, dann aber wieder gekippt worden, nachdem ich eine öffentliche Ausschreibung vorgenommen habe, die Mehrheit im Rat dann aber eine Unter-der Hand-Vergabe wollte", berichtet der Ex-Ortschef und fügt hinzu: "Da hat es Anfeindungen weit unter der Gürtellinie gegeben." Und die Reaktionen im Dorf auf seinen Rücktritt? "Da gibt es viele, die traurig darüber sind, es aber verstehen können", sagt Clemens und schließt auch eine Rückkehr in die Dorfpolitik nicht aus. "Aber erst, wenn sich die Verhältnisse im Rat geändert haben." Letztlich habe er die Vermutung, dass nicht sachliche, sondern persönliche Gründe die Arbeit im Ortsgemeinderat behindert hätten. "Ich glaube, der Beigeordnete hat es nicht verkraftet, dass er bei der Ortsbürgermeisterwahl unterlegen war", behauptet Clemens. Vom TV mit den Vorwürfen konfrontiert, sagt Ottmar Eul (51): "Bei einer Wahl kann es nur einen Sieger geben, das weiß und akzeptiere ich als Demokrat. Doch eine Blockadepolitik hat es nicht gegeben, und ich habe den Ortsbürgermeister weder angefeindet, noch will ich Streit im Dorf." Zwar war laut Eul die "Zusammenarbeit zwischen dem Ortsbürgermeister und dem Beigeordneten nicht berauschend", aber das habe nicht primär an ihm gelegen. Eul, der nach eigener Aussage einen guten Kontakt zu den anderen Ratsmitgliedern unterhalte und das Dorfleben gut kenne, sagt: "Ein neuer Ortsbürgermeister sollte versuchen, die Mitglieder des Ortsgemeinderats für ein Vorhaben zu gewinnen, Aber es hat keinen Austausch gegeben." So sei die Angelegenheit Alte Schule überhaupt nicht umfassend diskutiert, seien nicht die Konsequenzen für einerseits die Gemeindekasse, andererseits für das Leben im Dorf erörtert worden. Das gleiche Bild habe sich nun beim Rücktritt ("Damit hat ja keiner gerechnet.") ergeben. Eul: "Als Ortsbürgermeister wirft man doch nicht einfach die Brocken hin, sondern redet erst einmal miteinander." Über die aktuelle Entwicklung wurde bereits die Kommunalaufsicht, als Neuwahltermin wurde der 26. Juni vorgeschlagen. Bis dann führt der Beigeordnete Eul die Geschäfte der Doppelgemeinde. Ob er erneut für das höchste Amt im Dorf antritt, müsse er "erst familiär und beruflich abklären".

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