Kritik an Gerolsteiner Windkraft-Plänen

Neroth/Daun/Gerolstein/Ulmen · Auch die Kernzone des Naturparks soll für Windkraftanlagen nicht tabu sein. Das hatte der VG Rat Gerolstein beschlossen. Bei den Verantwortlichen des Naturparks Vulkaneifel sowie Gastronomen aus Neroth sorgt die Entscheidung für Kritik. Es wird mit zum Teil erheblichen Beeinträchtigungen gerechnet.

Neroth/Daun/Gerolstein/Ulmen. Der Rat der Verbandsgemeinde (VG) Gerolstein hatte vergangene Woche beschlossen, die Kernzone des Naturparks Vulkaneifel nicht zu einer Tabufläche für Windkraftanlagen (WKA) zu erklären. Vielmehr solle geprüft werden, ob in Ausnahmefällen auch dort WKA aufgestellt werden dürfen. Betroffen ist der Bereich westlich von Neroth. Denn: Vor allem durch das Radar des Deutschen Wetterdienstes in Neuheilenbach sind die Möglichkeiten im Gerolsteiner Land stark eingeschränkt. Gerolsteins Bürgermeister Matthias Pauly (CDU) hatte gesagt: "Wenn wir einen rechtssicheren Flächennutzungsplan aufstellen und einen vernünftigen Umgang mit dem Thema Windkraft haben wollen, müssen wir etwas tun."
Kritik nachvollziehbar


In die gleiche Kerbe schlägt nun auch Gerolsteins Bauamtsleiter Klaus Jansen, der selbst in der Kernzone des Naturparks in Gerolstein-Michelbach wohnt: "Ich bin überzeugt, dass der Verbandsgemeinderat mit dem Beschluss der hohen Verantwortung für die außergewöhnliche Landschaft des Gerolsteiner Landes Rechnung trägt." Dennoch sagte auch er im Gespräch mit dem TV: "Wenn, wie vom Planer angedacht, sämtliche zwölf Windräder rund um Neroth gebaut werden, bedeutet das für die Nerother schon eine erhebliche Beeinträchtigung. Von daher kann ich die Kritik nachvollziehen."
Die Reaktionen auf den Beschluss liess nicht lange auf sich warten. Sowohl in Daun als auch in Ulmen sowie der mutmaßlich am stärksten betroffenen Gemeinde Neroth, wo sich der Ortsgemeinderat gegen Windkraft entschieden hatte, löste die Entscheidung deutliche Reaktionen aus: Sie schwankten von teilweise Verständnis bis hin zu krasser Ablehnung.

Dies sind die Reaktionen:

Für Werner Klöckner, Vorsitzender des Aufsichtsrats desNatur- und Geopark Vulkaneifel, ist der Beschluss des VG-Rats Gerolstein "offensichtlich gesetzlich vorgegeben" - durch das neue Landesentwicklungsprogramm. Seine Kritik: "Leider hat es der Landesgesetzgeber unterlassen, Naturpark-Kernzonen generell als Ausschlussgebiete festzulegen. Das hätte ich mir gewünscht."
Klöckner geht davon aus, dass nicht nur in Neroth, sondern "auch an anderer Stelle im Naturpark Vulkaneifel wohl weitere WKA errichtet werden, so dass ich insgesamt durch die WKA eine geringere touristische Attraktivität befürchte".

Andreas Schüller, Geschäftsführer des Naturpark- und Geopark Vulkaneifel, zeigt ebenfalls Verständnis für die Gerolsteiner Entscheidung, da das Landesentwicklungsprogramm Einzelfallprüfungen auch in Kernzonen von Naturparken zulasse. Schüller: "Insofern ist hier die Tür geöffnet worden, und jede Kommune ist zur Einzelfallprüfung quasi aufgefordert."
Trotz der ökologischen Ersatzmaßnahmen, die für einen gewissen Ausgleich sorgten, bleibe "ein Einfluss auf das Landschaftsbild nicht vermeidbar beziehungsweise nicht ausgleichbar".
Inwieweit Windkraftanlagen künftig den Bezug von Fördermitteln für den Naturpark beeinflussten, sei "schwierig einzuschätzen". Relativ sicher ist er sich jedoch, dass ein Naturpark mit WKA schwerer touristisch zu vermarkten sei. Schüller sagt: "Es ist unzweifelhaft, dass Windenergieanlagen subjektiv als störend für ein Landschaftserlebnis empfunden werden" und "nicht mit einem ungetrübten Erleben von Natur vereinbar sind". Zudem befürchtet er, dass die Anlagen die "Gästefrequenz beeinträchtigen".

Ebenfalls Mitglied im Naturpark Vulkaneifel ist die VG Ulmen. In Vertretung von Bürgermeister Alfred Steimers hat Michael Schneider, Büroleiter der VG-Verwaltung Ulmen, dem TV geantwortet: "Wir messen dem Naturpark Vulkaneifel große Bedeutung für unsere Region und insbesondere auch für unseren Tourismus bei." Zum Gerolsteiner Beschluss wollten sich die Ulmener nicht äußern. Schneider sagte aber: "Für unsere Region können wir mitteilen, dass wir in der Kernzone des Naturparks keine Windkraft zulassen."

Helmut Müllerstein, Inhaber des Hotels und Restaurants Zur Neroburg in Neroth, befürchtet Einbußen im Fremdenverkehr. Er sagt: "Ich bin absolut dagegen, dass hier Windräder aufgestellt werden. Wenn die Dinger erstmal hier stehen, wird bestimmt der ein oder andere nicht mehr zu uns kommen." Die Leute kämen ja gerade wegen des Eifelsteigs, wegen der schönen Rundwanderwege, der naturnahen Erholung und Ruhe.

In die gleiche Kerbe schlägt Dietmar Weides vom Hotel und Café Mausefalle in Neroth: "Von dem Beschluss halte ich gar nichts. Der ist einfach nur kontraproduktiv, wenn man bedenkt, welche touristische Vorwärtsentwicklung es hier in den vergangenen drei, vier Jahren gegeben hat." Allein er hat nach eigenem Bekunden anderthalb Millionen Euro in Café, Hotel und Wellnessbereich investiert, wo nun gut ein Dutzend Leute beschäftigt sind. Weides sagt: "Wenn ich gewusst hätte, dass hier Windräder hinkommen sollen, hätte ich das bestimmt nicht gemacht."Extra

Das jährliche Budget des Natur- und Geoparks wechselt von Jahr zu Jahr. Als Grundfinanzierung stehen jährlich rund 190 000 Euro zur Verfügung, die vom Land, Landkreis, Verbands- und Ortsgemeinden getragen werden. Zusätzliche Fördermittel flossen aus dem Umwelt- und Wirtschaftsministerium des Landes sowie aus europäischen Förderprogrammen. Insgesamt sind in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren Maßnahmen für rund 790 000 Euro realisiert worden. Das reichte von der Schaffung von überregionalen Wanderwegen wie den Eifelsteig-Partnerwegen über Vermarktungsformen wie Broschüren, Messebesuche, Pressereisen bis hin zur Ausbildung von Natur- und Geoparkführern sowie der Schaffung und Erneuerung der touristischen Infrastruktur in einzelnen Dörfern wie dem Lieserquellen-Pfad von Daun bis Boxberg, der Bertrada-Route Mürlenbach, den Aussichtsplattformen in Üdersdorf und Meerfeld, neuen Wanderhütten und vielfältigen Geotopsicherungseinsätzen. mhExtra

Der Naturpark Vulkaneifel wurde nach zehn Jahren Vorbereitung im Mai 2010 als achter Naturpark in Rheinland-Pfalz eingeweiht. Er wirbt damit, über eine "einzigartige natürliche Qualität in der Verbindung von Maaren, Vulkanen und abwechslungsreichen Kulturlandschaften zu verfügen". Dies seien hervorragende Voraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung der Region - durch naturverträgliche Landnutzung, regionale Wertschöpfung, naturnahem Tourismus und wirtschaftlicher Entwicklung. Das Gebiet des Naturparks umfasst die Verbandsgemeinden Daun, Gerolstein, Kelberg, Obere Kyll (mit Ausnahme der Gebiete, die zum Naturpark Nordeifel gehören) sowie Teile der VG Manderscheid und der VG Ulmen. Bei der Nutzung gibt es nur in den Kernzonen Salmwald, Liesertal und Uessbachtal Einschränkungen, dort ist kein Gesteinsabbau möglich, und es können keine Gewerbegebiete ausgewiesen werden. Die Trägerschaft hat die Natur- und Geopark GmbH, angesiedelt bei der Kreisverwaltung in Daun. mh

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