Lecker Porträt Sternekoch Florian Kucher: Jung, heimatverbunden und mit viel Leidenschaft für die Eifeler Küche

Serie | Darscheid · Florian Kucher von Kucher’s Landhotel in Darscheid ist gleich zu Beginn der Pandemie mit seinem ersten Michelin-Stern ausgezeichnet worden. Warum er von der Ehrung nicht wirklich beeindruckt ist und wie sein Restaurant durch den Lockdown kam.

Sternekoch Florian Kucher über Corona, die eigenen Ansprüche und Spaß
Foto: TV/Frank Auffenberg

Eigentlich hätte Florian Kucher (31) im März 2020 allen Grund zur Sorge gehabt. Gerade erst hatte er gemeinsam mit seiner Schwester Stefanie Becker in Darscheid die Geschäftsführung des elterlichen Betriebs „Kucher’s Landhotel“ übernommen, da erreichte die Corona-Pandemie Deutschland und die Eifel. Niemand wusste, wo die Reise hingeht, doch genau zu diesem Zeitpunkt der Unsicherheiten kam auch eine ganz andere Nachricht in der Vulkaneifel, die das Zeug hatte, von allem anderen abzulenken: Mit nur 30 Jahren verlieh der Guide Michelin Florian Kucher seinen ersten Stern für die ausgezeichnete Küche des Gourmetrestaurants.

Warum Florian Kucher vom ersten Michelin-Stern nicht wirklich beeindruckt ist

Der Zeitpunkt war sicher überraschend, Kucher nahm diese unerwartete Ehrung allerdings gelassen auf: „Ich freue mich natürlich sehr über so eine Auszeichnung, aber der Stern war nie mein erstes Ziel.“ Zwar habe sein beruflicher Werdegang die Richtung der beruflichen Laufbahn bereits angedeutet, immerhin sind fast alle Restaurants, in denen er Station machte, von Michelin ausgezeichnet, aber beeindruckt ist er von der Prämierung nur bedingt: „Ich wollte immer nur gut kochen mit dem Ziel, meine Gäste einfach hundertprozentig zufriedenzustellen.“

Dass dieses Bestreben schließlich so schnell mit einem eigenen Stern gewürdigt wurde, sei „eine tolle Bestätigung – aber eben nicht nur für mich, sondern viel mehr für das gesamte Team.“ Mit seiner Truppe arbeite er tagtäglich daran, die Gäste und ihre hohen Ansprüche, die sie mitbrächten, komplett zufriedenzustellen. Ob mit Stern oder ohne, der Anspruch an sich selbst und die Arbeit seiner Mitarbeiter sei hoch, dass dies nun gewürdigt werde, dementsprechend zufriedenstellend.

Wie aus einer Dorfkneipe in Darscheid das renommierte Kucher’s Landhotel wurde

Ein mitunter überraschend bescheidener Blick auf die Verleihung einer der höchsten Auszeichnungen, die weltweit in der Gastronomie zu erreichen ist, aber auch irgendwie typisch für den bodenständigen jungen Mann. Das, was er tut, macht er mit Ehrgeiz und Leidenschaft – so wie er es von Haus aus gelernt hat. Schon seine Eltern Heidi und Martin Kucher, die aus Schwaben in die Vulkaneifel kamen, um aus der vor über 30 Jahren erworbenen Dorfkneipe in Darscheid ein Hotel mit renommierter Küche und einem Spitzen-Weinkeller zu machen. „Und das, ohne auf uns Kinder Druck auszuüben“, sagt Kucher. „Sie haben uns immer alle Freiheiten der Welt gelassen und nie bestimmt, dass wir mitarbeiten oder beruflich ihre Richtung einschlagen müssten.“ Dass er letztlich dann doch Koch geworden sei, habe sich irgendwie ergeben, sagt Kucher und lacht.

Der Werdegang von Florian Kucher

Die Entscheidung dazu sei recht spät gefallen. „Nach meinem Abitur 2008 fragte ich mich wie wohl jeder in dieser Situation: Was machst Du jetzt?“ Wohl auch weil er eine gesunde Distanz zur Gastronomie gehabt habe und nicht daran gearbeitet worden sei, dass er in die elterlichen Fußstapfen trete, sei dann doch recht schnell klar geworden, dass er selber Koch werden wolle. „Ich bin eher der praktische Typ und nicht der Theoretiker, ein Studium hätte sich also nicht angeboten.“

Auch dass er 2019 zusammen mit seiner Schwester den Betrieb übernommen habe, die Eltern seien aber freilich noch immer mit dabei, sei eine ganz natürliche Entwicklung gewesen. „2017 kehrte ich als Küchenchef ins Haus zurück. 2019 übernahmen wir die Geschäftsführung und im November 2020 wurde der Neubautrakt unserer Hotels eröffnet – nur einen Tag vor dem Lockdown.“

Wie Kucher’s Landhotel durch den Lockdown kam

„Finanziell stellte uns das vor besondere Herausforderungen“, sagt Kucher, doch im Nachgang müsse er zufrieden feststellen, dass der Betrieb doch gut durchgekommen sei. „Wir konnten das gesamte Personal halten. Ein Thema, das angesichts des Fachkräftemangels besonders in der Gastronomie groß ist. Viele Wirte klagen über Mitarbeiter, die sich umorientiert haben. In dieser Hinsicht hatten wir sehr viel Glück: Unsere Mitarbeiter haben uns nicht im Stich gelassen. Durch den Neubau haben wir das Personal auch nochmal aufgestockt und gleich Neuzugänge fürs Team gefunden.“ Nicht ganz selbstverständlich, allerdings angesichts von Kuchers und Beckers Art, das Haus zu führen, dann doch nicht überraschend.

Regelmäßig freie Wochenenden und Musik in der Küche

„Wir legen viel Wert darauf, dass nicht nur die Gäste Spaß haben, sondern auch wir selber.“ So könne er zum Beispiel nicht den Eindruck teilen, dass die Arbeitszeiten in der Gastronomie schlicht abschreckend seien. „Es stimmt nicht mehr ganz, dass sie legendär mies sind. Im Volksmund ist das zwar noch verbreitet und war sicher auch über lange Zeit so, aber ich persönlich finde sie gar nicht so schlecht.“ So lege er sehr viel Wert darauf, dass die Mitarbeiter regelmäßig wochenends frei haben. „Unser Tag in der Küche beginnt in der Regel um 13 Uhr, fertig sind wir meist gegen halb zehn.“ Verglichen mit den Arbeitszeiten an einer Supermarktkasse sei das verhältnismäßig normal. „Und wenn man eine Arbeit gerne macht, dann machen einem die Zeiten gleich nicht mehr so viel aus.“

Generell ist Spaß ein Wort, dass häufig bei Kucher fällt. „Ich habe Spaß am Essen und Trinken und mache das auch gerne in meiner Freizeit mit Freunden und der Familie.“ Diesen Spaß wolle er, auch wenn die eigenen Ansprüche hoch seien, auch in die Küche einbringen. „Mir ist zum Beispiel Musik sehr wichtig, deswegen läuft auch fast immer Musik bei der Arbeit.“ Nicht unbedingt seine, er selber sei mit Metal und Hardrock doch recht hart unterwegs, aber das Radio sei im Idealfall an: „Mit Musik, die irgendwie dann allen gefällt.“ Der Ernst bei der Arbeit dürfe zwar nicht fehlen, die Freude dabei sei aber ebenso wichtig.

Genuss und Spaß stehen in der Landhotel-Küche im Mittelpunkt

Apropos Arbeit: Seine Küche beschreibt Kucher als anspruchsvoll, aber unkompliziert. „Der Gast soll einfach Spaß haben beim Essen. Es geht ja nicht nur um die Befriedigung eines Sättigungsbedarfs, sondern um Genuss und Spaß.“ Und genau den habe er ja letztlich auch beim Kreieren seiner Gerichte, die ein Mix aus traditioneller und moderner Küche seien. „Ich versuche wirklich, die Zutaten in ihrem Ursprung noch darzustellen. Das heißt: Wenn eine Karotte auf der Karte steht, dann ist auch eine Karotte auf dem Teller und nicht nur eine Textur der Karotte. Das ursprüngliche Produkt soll im Vordergrund stehen.“ Sei das garantiert, gelinge auch eine Mischung aus Komplexität und Einfachheit auf dem Teller.

Warum Regionalität für Florian Kucher mehr ist als nur ein Trend

Der Trend zur Regionalität mache ihm Freude. „Ich glaube auch nicht, dass er wieder schnell abreißen wird. Ich schätze an der Eifeler Küche zum Beispiel, dass die Produkte im Vordergrund stehen. Wenn ich zum Beispiel an Döppekoochen denke – also an das gefühlte Nationalgericht der Eifel – dann ist dies zwar eine einfache Küche, aber eben auch eine gute.“ Wenn er die heimischen Kochtraditionen als ländlich geprägte Bauernküche bezeichne, sei das absolut nicht gemein gemeint. „Ich bewundere sie für ihre Einfachheit und letztlich ist sie ja auch sehr lecker.“

Nicht erst seitdem das Stichwort „regional“ in aller Munde ist, wird bei Kucher’s darauf geachtet, dass vieles, mit dem gekocht wird oder das serviert wird, aus der näheren Umgebung kommt. „Das Thema rückt ja immer mehr nach vorne und wird ja auch vom Klimaschutzgedanken mitgetragen. Deswegen halte ich es auch nicht für eine kurze Trendsache. Wir machen das, soweit es geht, auch schon immer. Im Weinbereich sicher deutlicher als im Gourmetbereich. Gewisse Produkte gibt es einfach nicht aus der Region, aber wo es möglich ist, achten wir darauf.“

Und wo geht die Reise nun hin? Wieder lacht der Sternekoch laut auf: „Immer geradeaus. Ganz plump gesagt: Es geht genauso weiter wie im Moment. Wir sind sehr gut gebucht, das Hotel kommt gut bei den Gästen an. Auf dieser Basis wollen wir weitermachen und versuchen, uns noch weiter zu verbessern.“

Natürlich habe man auch mit dem Stern eine Erwartung zu erfüllen, sie laufe aber parallel zum Qualitätsanspruch, den er schon vorher gehabt habe: „Ich habe Druck, der kommt aber nicht vom Stern, den gebe ich mir schon immer selbst.“

Weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.kucherslandhotel.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort