Kühe grasen am Kadaver

SCHÜLLER/DAUN. Verendete Kühe auf der Weide und im Stall, fehlende Ohrmarken, permanent Polizeieinsätze wegen ausgebrochenen Herden, unzählige Gerichtsverfahren – die Zustände in der Tierhaltung von Landwirt Matthias Pfeil in Schüller schocken nicht nur die Bevölkerung immer wieder aufs Neue. Die Behörden kämpfen, die Umweltkripo ermittelt und der Tierschutzverein "Terra Mater" fordert ein generelles Tierhaltungsverbot.

Vor einer Woche begann ein neues Kapitel in der Endlos-Horror-Geschichte um die Ammenviehhaltung Pfeil. Den Prümer Polizisten bot sich ein grausiges Bild: ein Kuh-Kadaver, versteckt unter Heu auf einer Weide liegend, eine weitere tote Kuh, verendet im eigenen Kot im Stall liegend sowie ein extrem abgemagertes, krankes Rind. Der von der Polizei herbei gerufene Amtsveterinär forderte einen Tierarzt an, der dem Rind mittels Spritzen eine Überlebenschance gab. Nach TV-Informationen waren die Tiere im Stall nicht mit Wasser und Futter versorgt. Unsere Zeitung berichtete schon mehrmals über ähnliche Vorfälle in der Tierhaltung Pfeil. Heinz-Peter Hoffmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung Daun, stöhnt auf als er von den neuen Vorfällen erfährt: "Seit rund fünf Jahren bemühen wir uns, dort auf die Einhaltung gesetzmäßiger Tierhaltung hinzuwirken." Bisher ohne Erfolg. Hoffmann argumentiert: "Das Dilemma ist, dass uns die Gegenseite wegen jeder Verfügung durch alle Instanzen zieht." Unzählige Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen das Tierkörperbeseitigungsgesetz, das Tierschutz- oder -seuchengesetz beschäftigen noch immer die Gerichte. Weder der Landwirt noch seine Anwältin wollten gegenüber unserer Zeitung zu den aktuellen Vorwürfen Stellung beziehen. Die Schüllerer Bevölkerung hat kein Verständnis mehr für die Zustände auf und um Pfeils Hof. Jakob Kees meint: "In der ganzen Sauerei hat sich nichts gebessert." Die unmittelbare Nachbarin Theresia Wettke schimpft: "Die Viehhaltung ist eine Katastrophe. Die Kuh, die jetzt im Schuppen eingegangen ist, liegt seit vielen Tagen da. Vorher lag eine andere kranke Kuh auf dem Hof, die nicht mehr alleine aufkam." Mittlerweile hat sich auch das Umweltkommissariat der Wittlicher Kriminalpolizei eingeschaltet. Kriminalhauptkommissar Peter Neu: "Wir ermitteln auf Grund einer Anzeige aus der Bevölkerung wegen Verdachts auf Tierquälerei." Eine der beiden toten Kühe, die die Polizei vergangenen Freitag fand, hatte keine Ohrmarke. Seit Oktober 2000 versucht die Kreisverwaltung Daun mit Nachdruck, Pfeil zum ordnungsmäßigen Führen des Rinder-Melderegisters und Kennzeichnung der Tiere mit Ohrmarken zu bewegen."Wir werden gegen diesen Tierhalter vorgehen"

Im Februar 2004 verfügte sie, weil alle Bußgeldverfahren nichts brachten, ein Viehverkehrsverbot. Vor dem Verwaltungsgericht bekam die Behörde Recht. Pfeils Anwältin, Marianne Mastiaux, versucht jetzt übers Oberverwaltungsgericht ihr Glück. Kopfschüttelnd erklärt Hoffmann: "Selbst die Gerichte bewerten die Sache unterschiedlich, weil die Anwendung einiger EU-Verordnungen unklar ist." Klar hingegen ist die permanente Gefahr, die von den immer wieder ausbrechenden Rinderherden ausgeht. Als "sehr hoch" bewertet Polizeihauptkommissar Frank Kerner die Gefährdung. Immerhin kam es deshalb im vergangenen Jahr zu 15 Anzeigen. "In unserem Bezirk gibt es viele Landwirte, aber keiner sorgt für soviel Schwierigkeiten wie Pfeil. Er bringt den ganzen Berufsstand in Misskredit", sagt Kerner. Stefan Bungartz, Ortsbürgermeister in Schüller, fragt: "Muss es denn zuerst Schwerverletzte geben bevor die Zäune in Ordnung gebracht werden." 40 Rinder auf der Bundesstraße sind keine Seltenheit. Ebenso wie Verwüstungen des Kinder- oder Sportplatzes. "Der eine Schaden von 5000 Euro war im Herbst gerade reguliert als wieder 50 Rinder den Sportplatz zerstörten", berichtet Bungartz entnervt. Die Verbandsgemeindeverwaltung Obere Kyll ist als Ordnungsbehörde für die Sicherheit zuständig. Bürgermeister Werner Arenz meint: "Matthias Pfeil setzt seine ganze Energie ein, um alle mit Prozessen zu überhäufen statt die Zäune zu flicken." Jede Zwangsgeldverfügung landet auf mehreren Richterpulten. "Die Möglichkeit der Ersatzmaßnahme scheidet wegen der Verhältnismäßigkeit aus. Wir können und werden Pfeil keine neuen Zäune bezahlen", sagt Arenz unmissverständlich. Im Januar hat er von der Kreisverwaltung verlangt, ein generelles Tierhalteverbot auszusprechen. Ohne Erfolg. Das strebt jetzt aber die Tierschutzorganisation "Terra Mater" an. Ihr Vorsitzender Heinz Zimmermann sagt: "Wir werden gegen diesen Tierhalter vorgehen. Sinn und Zweck kann nur ein generelles Tierhalteverbot sein."

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