Kündigung per Beileidschreiben

MEHREN. (HG) Die Post bläst zum Rückzug: Kurzerhand wurde die Agentur in Mehren geschlossen. Gemeinde und Firmen sind über diesen Schritt sehr verärgert und fordern nun die Wiedereröffnung der Filiale.

 Dietmar Tombers, Josef Ring und Ingrid Schüller (von links) vor der Ex-Postfiliale.Foto: Helmut Gassen

Dietmar Tombers, Josef Ring und Ingrid Schüller (von links) vor der Ex-Postfiliale.Foto: Helmut Gassen

Die Post zieht sich immer weiter aus der Fläche zurück: Nach Deudesfeld und Neroth wurde Mehren dicht gemacht, und zum 31. Mai wird auch Dockweiler geschlossen. Unternehmen wie Apra-norm, Apra-net, Spedition Müller und Tombers Hartholz siedelten sich einst in Mehren wegen der guten Infrastruktur an. Diese Bedingungen verschlechterten sich in den vergangenen Jahren erheblich.Zuerst die Bank, nun die Post

"Zuerst wurde die Filiale der Volksbank geschlossen, dann kam von der Telekom die Absage, ein DSL- Breitband zu verlegen, und als letzter großer Schlag nun die Schließung der Postagentur. Die Verschlechterung der Infrastruktur erhöht die Attraktivität unserer Gemeinde für neue Bürger und Unternehmen, die sich hier eventuell ansiedeln möchten oder schon länger hier sind, garantiert nicht. Peu à peu wird hier im ländlichen Raum alles platt gemacht", sagt Ortsbürgermeister Josef Ring. Mehr als acht Jahre lang betrieb die Familie Plein-Schüller die Postfiliale in ihrem Kaufhaus an der Hauptstraße 27. Vertragspartner der Post war Katharina Plein, die am 19. Januar verstarb. Mit Datum vom 21. Januar, also nur zwei Tage später, bekamen Ingrid Schüller, die Tochter von Frau Plein, und deren Tochter Claudia Zens, die die Filiale schon seit Jahren führten, eine kurze Mitteilung von der Post, dass mit dem Tod der Mutter auch das Vertragsverhältnis ende und die Filiale zum 31. Januar geschlossen werde. Und das, obwohl noch am 19. Januar eine neue Posttheke in der Agentur installiert worden war. Über die "Instinktlosigkeit" der Post, ihnen in einem kurzen Brief "aufrichtiges Beileid" zum Tod ihrer Verwandten auszusprechen und eine Zeile später die Beendigung des Vertragsverhältnisses mitzuteilen, beschwerten sich Ingrid Schüller und Claudia Zens in einem Brief an die Post. Darin bemängelten sie auch die kurzfristige und nicht nachvollziehbare Kündigung. Der Gemeinde wurde die Schließung am 28. Januar mitgeteilt. "Wir hatten Null Chancen, überhaupt zu reagieren", beklagt sich Ortsbürgermeister Ring. Am Montag, 31. Januar, sei es zu einer "überfallartigen Schließung" gekommen: Ein Post-Mitarbeiter habe Kassensturz gemacht, und eine Firma baute die komplette Einrichtung der Agentur ab. Lediglich den Briefkasten ließ man einfach am Haus hängen. "Es ist schon schlimm genug, den Todesfall als Anlass für die Schließung zu nehmen. Aber die Umstände hier sind derart kurios, besonders die Aussage, dass die Filiale nicht wirtschaftlich betrieben werden konnte", sagt Werner Klöckner, Bürgermeister der VG Daun, der sich in einem Schreiben an die Post auch über die Verfahrensweise beschwerte. Eingehende Prüfungen, so die Post, hätten ergeben, dass die Nachfrage nach postalischen Produkten und Dienstleistungen für einen wirtschaftlichen Betrieb nicht ausreichten und die Inanspruchnahme durch Kunden zu gering sei. "Das Unternehmen will sich keineswegs aus der Verantwortung für den ländlichen Raum zurückziehen", schrieb Friedhelm Schlitt von der Post an Bürgermeister Ring. Die nach Aussage der Post geringe Inanspruchnahme steht aber im Widerspruch zu den Aussagen der Agenturbetreiber Ingrid Schüller und Claudia Zens und der Tatsache, dass die Agentur nicht nur Anlaufstelle für 3000 Bürger war, sondern auch alle Firmen aus dem Industriegebiet und dem Ort dort ihre Post aufgaben. Zwei Unternehmen baten die Post schriftlich, ihre Entscheidung zu überdenken. Die Antwort war jedoch negativ. Als Alternative bot die Post den Unternehmen an, ihre Geschäftspost dem "Mobilen Post-Service" zu übertragen. "Der kommt aber nicht jeden Tag, und wenn wir Auslandspost haben, was oft der Fall ist, wird diese gar nicht entgegen genommen. Nun müssen wir dafür jedes Mal nach Daun fahren. Das kostet viel Zeit", erklärt Ulrike Meffert von der Geschäftsleitung der Apra-norm. Die Gemeinde Mehren will nun noch einmal den Kontakt mit der Post suchen.

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