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DAUN. (bb) Anregende Besprechungen und Originaltöne aus seinen Interviews mit Schriftstellern: Der aus Daun stammende Journalist Christoph Schmitz stellte beim Literaturcafé des Kulturkreises ein Dutzend neuer Bücher vor.

Die stellvertretende Kulturkreis-Vorsitzende Elke Czernohorsky sagte es gleich zu Beginn: Der Schwerpunkt werde ein politischer sein. "Das hat mit Christoph Schmitz' Tätigkeit beim ‚Spiegel' zu tun", erläuterte sie. Inzwischen sei er aber von Berlin nach Köln zurückgekehrt und gebe dem Deutschlandfunk wieder seine Stimme - und gastiere gottlob nach der beruflich bedingten Pause auch wieder beim Literaturcafé des Kulturkreises. Tatsächlich: Wer sich auf Titel aus der schönen Literatur eingestellt hatte, musste sich mit einer Handvoll Besprechungen begnügen. Auf dem Plan von Christoph Schmitz standen überwiegend Bücher, die von Terrorismus und Globalisierung, von Wohlstand und Konsum handeln. Wie John Updikes "Terrorist": "Ein äußerst spannendes und erstaunlich distanziertes Werk mit dem Anspruch des Autors, in Herz, Kopf und Seele eines 18-jährigen Selbstmordattentäters hineinzusteigen: Das kann nur Literatur", urteilte Schmitz. Über Kiran Nagarkars "Gottes kleiner Krieger" sagte er: "Ein bisschen geschwätzig, aber süffig und sehr gebildet, wenn auch literarisch etwas nachlässig." Wenn der Westen sich nicht wehre gegen den von Ländern wie China und Indien leise, unfair und gnadenlos geführten wirtschaftlichen Kampf, werde er untergehen, zitierte Christoph Schmitz eine These aus Gabor Steingarts Buch "Weltkrieg um Wohlstand. Wie Macht und Reichtum neu verteilt werden" und zitierte eine Textstelle: "In Europa wird nur geredet, nicht gehandelt." Um Kindheit, Jugend und frühes Erwachsenenleben seiner in Ostanatolien geborenen Mutter, ihre Zwangsverheiratung und ihren Umzug nach Deutschland gehe es "farbenprächtig" in Feridun Zaimoglus biografischem Roman "Leyla", um die Erinnerungen an die Kindheit und Jugend des kürzlich verstorbenen Historikers Joachim C. Fest in dessen Autobiografie "Ich nicht" - "das wichtigste und überraschendste Buch nach seiner Hitler-Biografie: gut, wendig, lehrreich". Verkaufe sich reißend und werde hoch gelobt, sei aber nicht Daniel Kehlmanns bester Roman, befand der Literaturkritiker über "Die Vermessung der Welt". Dennoch: Man lerne viel auf leichtfüßige Weise, man sollte es lesen. Als besonders originell in seiner Komposition bewertete Schmitz den Liebesroman "Das Wetter vor 15 Jahren" des Österreichers Wolf Haas. "Empfehlend erwähnt" wurden zudem Christoph Peters "Ein Zimmer im Haus des Krieges"; Katharina Hackers "Die Habenichtse"; Thomas Hettches "Woraus wir gemacht sind"; Peter Sloterdijks "Zorn und Zeit" sowie Frank McCourts "Tag und Nacht auch im Sommer".

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