Manderscheid fordert neue Kreisgrenzen

Gerolstein/Manderscheid · Mit großen Worten zur Kommunalreform hat sich die Stadt Manderscheid bislang zurückgehalten. Jetzt wagt sie die Flucht nach vorn und schlägt vor, Gemeinden benachbarter Verbandsgemeinden mitzuverwalten. Außerdem sollen die Kreise Bernkastel-Wittlich, Vulkaneifel und Cochem-Zell fusionieren.

Gerolstein/Manderscheid. Romantisch ist der Anblick, wenn sich zwei Liebende auf der Niederburg das Ja-Wort geben. Eine Zwangsehe dagegen ist mit den Manderscheidern nicht zu machen. Auch dann nicht, wenn es um die Grenzen ihrer Verbandsgemeinde (VG) geht. Einen Heiratsantrag in Richtung VG Wittlich-Land oder Daun wird es daher nach dem Willen des Stadtrats nicht geben. Die Burgenstadt will Sitz der VG-Verwaltung bleiben und wendet sich deshalb mit einem Antrag an den VG-Rat.
KOMMUNAL REFORM


Dieser solle die Landesregierung auffordern, die VG Manderscheid bis zur Reform der Landkreise, die 2014 beginne, nicht anzutasten. Dann könnten die Kreise Bernkastel-Wittlich, Cochem-Zell und Vulkaneifel zu einem Eifel-Mosel-Hunsrück Kreis verschmelzen und die VGn neu zugeschnitten werden. Der Stadtrat schlägt vor: Aus Daun, Manderscheid und Wittlich-Land sowie eventuell einzelnen Gemeinden der Verbandsgemeinden Kröv-Bausendorf und Ulmen, die sich von der Lage her eignen, sollen drei neue Verbandsgemeinden entstehen.
Denn Daun und Wittlich-Land seien schon jetzt zu groß, um weitere Bürger aufzunehmen. "Eine VG mit 20 000 (und mehr) Einwohnern kann als genauso wenig effektiv angesehen werden wie eine mit unter 10 000 Einwohnern, sie wird schwerfällig, träge, kann die Aufgaben, für die sie eigentlich da ist, nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmen", heißt es in dem Antrag. "Die Finanzierung einer großen, aufgeblähten Verwaltung, von der wenig individuelle Leistung zu erwarten ist" sei nicht im Interesse von Stadt, Bürgern und Gemeinden.
Vielmehr benenne die Studie der Professoren Martin Junkernheinrich und Jan Ziekow eine VG-Größe von 13 000 bis 15 000 Bürgern als zukunftsfähig. Sprich: Schlage man Manderscheid einzelne Gemeinden von Wittlich-Land und Daun zu, hätten alle drei Einheiten eine effizientere Größe.
Entscheidend sei zudem Manderscheids Nähe zu zwei Landkreisen, "die wohl dem Rotstift zum Opfer fallen werden" - sowohl der Einwohnerzahlen als auch ihrer finanzieller Probleme wegen. Gemeint sind der Landkreis Vulkaneifel und der Kreis Cochem-Zell. Mit 235 000 Einwohnern wäre ein Landkreis Eifel-Mosel-Hunsrück "wirtschaftlich, leistungsstark und effizient". Ein freiwilliger Zusammenschluss könne ein Musterbeispiel für Rheinland-Pfalz sein. Aus Mainz habe es bereits positive Signale für ein solches Vorhaben gegeben. Daher fordert der Stadtrat Landrat Gregor Eibes auf, sich für Fusionsgespräche mit den beiden anderen Landkreisen einzusetzen.
Jede Form der Fusion mit Wittlich-Land oder Daun - ob ganz oder in Teilen - lehnen die Stadträte ab. Eine Fusion mit Wittlich-Land, nur um den Bestand des Kreises Bernkastel-Wittlich nicht zu gefährden, mache keinen Sinn. Manderscheid sei stärker touristisch geprägt, und in einer funktionierenden Ehe müssten die Partner zueinander passen.
Eine Zerschlagung der VG ist zwar nicht gewollt. Gebe das Land dem Antrag aber nicht statt, die Kommunalreform im Fall Manderscheids auszusetzen, "wünscht und beantragt der Stadtrat eine Bürgerbefragung in allen Gemeinden der VG". Die Mehrheit der Bürger entscheide dann darüber, ob die Reise in dem jeweiligen Ort nach Wittlich-Land oder Daun geht - also unabhängig von der Kreisgrenze.
Und was hält der Landrat des Kreises Vulkaneifel, Heinz Onnertz, von einer Kreisfusion? Es sollte bei der Kommunalreform keine gedanklichen Sperren geben, teilt er dem TV auf Anfrage mit.
Kreis für alle Modelle offen


"Der Landkreis Vulkaneifel steht allen Gedankenmodellen offen gegenüber und würde zur gegebenen Zeit gerne den hier dargelegten Vorschlag in den Gremien erörtern."
Gregor Eibes hält es für verfrüht, Fusionsmöglichkeiten auf Kreisebene zu beurteilen. Wenn es ab 2014 um die Strukturen der Landkreise und kreisfreien Städte geht, "sind auch Kontaktaufnahmen und Verhandlungen mit benachbarten Landkreisen denkbar" - sofern der Kreistag dies wünscht.Meinung

Prinzip Hoffnung
Die Forderung Manderscheids nach einer Kreisreform ist berechtigt: Warum Kommunen nur innerhalb eines Kreises fusionieren sollen, ist niemandem vermittelbar. Eine Reform der kleinen Schritte bringt zu viele halbherzige Lösungen mit sich. Das Land hätte die Reform als Ganzes anpacken sollen - ohne Denkverbote. Aber: Selbst wenn die Verbandsgemeinden eines Tages einem Kreis Eifel-Mosel-Hunsrück angehören, werden weder Wittlich-Land noch Daun freiwillig Orte an Manderscheid abgeben wollen. Und die Ortsgemeinden bleiben sicher auch ihren Verbandsgemeinden treu. So sehr sich Manderscheid auch ins Zeug legt: Es käme einem Wunder gleich, wenn die Burgenstadt das Ruder noch umreißen und ihre Verbandsgemeinde-Verwaltung behalten könnte. u.quickert@volksfreund.deExtra

Die Rechnung des Stadtrats Manderscheid: Die Verbandsgemeinde Daun habe 23 151 Einwohner, Manderscheid 7700, Wittlich-Land knapp 21 500. Addiere man Bürger aus Teilen anderer Verbandsgemeinden, erhielte man eine Summe von gut 56 000 Menschen. Teile man sie in drei Verbandsgemeinde auf, würden in jeder Einheit im Schnitt 18 700 Bürger leben. Junkernheinrich befürworte eine Größe von 13 000 bis 15 000 Einwohnern, der Wert liege also sogar noch leicht darüber. uq

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