Massiver Gegenwind aus Flesten

Kerpen/Üxheim-Flesten · Gegen den gemeindeübergreifenden Windpark im Norden des Vulkaneifelkreises regt sich erstmals geballter Widerstand. Die Bürger des Üxheimer Mini-Ortsteils Flesten machen vor allem gegen die vier geplanten Windkraftstandorte im Wald an ihrer Gemeindegrenze mobil.

Kerpen/Üxheim-Flesten. Rund zwei Dutzend Bürger aus Flesten (aktuell 41 Einwohner, 21 Familien, 16 Häuser) sowie vereinzelte weitere Windkraftgegner aus der Umgebung waren zur Informationsveranstaltung zum geplanten Windpark ins Bürgerhaus nach Kerpen gekommen. Dabei hatten sie Tafeln, auf denen sie ihre Argumente gegen den Windpark im Wald darstellten, Flyer, die sie an die Bürger verteilten, und auch ein mehr als vier Meter hohes Windanlagenmodell, das sie rasch vor dem Bürgerhaus zusammengebaut und aufgestellt hatten. An dessen Fuß standen Spielzeugautos, Häuschen und klitzekleine Figuren. "Das ist maßstabsgetreu nachgebaut, damit die Leute sich vorstellen können, welch gigantische Maschinen hier in unserem Wald aufgestellt werden sollen", sagte Martin Kleppe.
Solch einen Auflauf und auch solch eine Aufregung hatte es zuletzt vor sechs Jahren in Kerpen gegeben: Als die Gemeinde einen großen Campingplatz bauen lassen wollte, die Kerpener Bürger das aber durch ihre breite Ablehnung verhinderten. Von breiter Ablehnung gegen das geplante Projekt mit sechs Anlagen auf Leudersdorfer Gemarkung, drei Anlagen bei Wiesbaum und eben jenen vier Anlagen im Kerpener Wald bei Flesten (sowie weiteren im angrenzenden Dollendorf in NRW) war bislang nichts zu spüren.
Dafür aber jetzt. So sagte Schäfer Willi Thielen aus Flesten vor den gut 80 Besuchern: "Wenn unsere Natur, unser Wald mit solch großen Anlagen zugepflastert wird, verliert die Eifel ihr Gesicht und die Eifeler ihre Heimat." In die gleiche Kerbe schlug Monika Kramp aus Flesten: "Wir sind nicht generell gegen Windkraft, aber als ich von der Höhe der Anlagen erfahren habe, hat mich das sehr erschreckt." Vorschlag der Gegner: Anlagen dort errichten, wo die Natur bereits zerstört ist: an der Autobahn, bei Gewerbeparks, am Nürburgring.
Angst vor Tourismus-Einbußen


Auch Einbußen im Tourismus werden befürchtet.
So sagte der Niederländer Ervin Luneau, der mit seiner Partnerin Kiki vor gut zwei Jahren die Strumpffabrik in Kerpen gekauft, für viel Geld zu einem Hotel samt Standesamt-Zweigniederlassung umgebaut hat: "Unsere Gäste kommen wegen der intakten Natur zu uns. Die wollen bei ihrer Trauung oder ihrem Familienfest nicht auf Windkraftanlagen schauen. Der Windpark wird unser Geschäft, unsere Existenz zerstören."
Einer der wenigen Befürworter, der sich äußerte, war Peter Engels aus Kerpen. Er sagte: "Vor 25 Jahren ist uns ein Atomkraftwerk um die Ohren geflogen, jetzt schon wieder. Wir müssen die Energiewende erreichen und können bei uns damit anfangen." In die gleiche Kerbe schlugen auch der Kerpener Bäcker Leo Emondts und Landwirt Helmut Metzen. Letzterer sagte: "Man kann doch nicht immer nur die anderen machen lassen."
Kerpens Ortsbürgermeister Rudolf Raetz wiederum hatte die Vorteile des Windparks betont. Er sagte: "Die Windanlagen bedeuten einerseits lukrative Pachteinnahmen für unseren Ort, der seit drei Jahren keinen Haushaltsausgleich mehr hinbekommt und in diesem Jahr auch nichts mehr investiert. Andererseits wird es wegen der großen Entfernung zur Wohnbebauung keine Belästigungen durch Lärm oder Schattenwurf geben."
Große Entfernung zur Bebauung


Projektplaner Oliver Seidel von der Firma Juwi, der den Windpark plant und auch realisieren möchte, legte dar, dass vor einer Realisierung zahlreiche Gutachten zum Natur- und Tierschutz, zum Schall und zum Schattenwurf vorgelegt werden müssten und geprüft würden. Und er sagte anhand der eigenen Berechnungen voraus: "Was Schall und Schattenwurf betrifft, werden wir weit unter den gesetzlichen Grenzwerten liegen, da sich die bevorzugten Standorte für die Anlagen mindestens 1400 Meter von den ersten Häusern entfernt befinden. Da passiert nichts." Was die Auswirkungen auf den Tourismus oder den Wertverlust der Häuser betrifft, ergab er sich aber ebenso nur in Mutmaßungen wie die Gegner. Nur gegenteilig. "Dazu gibt es keine Gutachten, die das belegen würden."DER GEPLANTE WINDPARK

 Ein Windkraftrad im Wald: Was vor Jahren noch verboten war, ist heute erlaubt – und in der Region vielen ein Dorn im Auge. Foto: dpa

Ein Windkraftrad im Wald: Was vor Jahren noch verboten war, ist heute erlaubt – und in der Region vielen ein Dorn im Auge. Foto: dpa


Anlagen: Die geplanten Anlagen gehören zur Drei-Megawatt-Klasse. Sie haben eine Nabenhöhe von 123 und 135 Metern und einen Rotordurchmesser von 101 bis 114 Metern, so dass sie auf eine Gesamthöhe von bis zu 186 Metern kommen. Zum Vergleich: Die Anlagen in Zilsdorf sind 120 Meter hoch. Im Jahr erzeugt jede Anlage 6800 Kilowattstunden Strom. Das reicht, um 1900 Haushalte zu versorgen. Alle elf Anlagen (vier in Kerpen, sechs in Leudersdorf, drei in Wiesbaum) kommen auf 74 800 Kilowattstunden Strom, womit 20 900 Haushalte versorgt werden könnten. Die Co{-2}-Einsparung beträgt 63 800 Tonnen im Jahr. Pachteinnahmen: In den ersten zehn Jahren fließen laut Betreiber für die vier Windkraftanlagen jährlich 150 000 Euro in die Gemeindekasse, ab dem elften Jahr sollen es jährlich 200 000 Euro sein. Hinzu kommen Gewebesteuereinnahmen. mh

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