Mattes-Prozess mit intimen Details

Vor dem Koblenzer Landgericht wurde die Verhandlung gegen Ewald Mattes, Bürgermeister der VG Kaisersesch und früherer Ortsbürgermeister von Dockweiler, fortgesetzt. Als Zeugen waren zwei Männer geladen: ein Psychiater aus Neuwied und der Ehemann der Frau, die von Mattes angeblich sexuell belästigt wurde.

Koblenz/Kaisersesch. (pie) Frust, Sprachlosigkeit und Schläge: Das gehörte offenbar eine Zeitlang zum Ehealltag der 43-jährigen Frau aus der Eifel, die ihrem einstigen Dienstherrn, Bürgermeister Ewald Mattes, sexuelle Nötigung vorwirft. Doch nicht sie ist es, die der Strafkammer des Koblenzer Landgerichts intime Details ihrer Ehe erzählt, sondern ihr Ehemann. Er sagte als Zeuge aus - und offenbarte dabei eine tragische Geschichte. Einer der Wendepunkte im Leben von Markus (Name von der Redaktion geändert) ereignet sich im Jahr 2001. Unverschuldet wird er in einen Verkehrsunfall verwickelt. Die Folge: Er ist kurzzeitig vom Hals ab bewegungsunfähig, der fünfte Halswirbel wird entfernt und operativ ersetzt. Nach zwei Jahren ist die Grobmotorik wieder da, doch er bleibt zunächst extrem berührungs- und temperaturempfindlich. Schmerzmittel, Antidepressiva und Antiepileptika gehören zu seinem täglichen Arzneimittelcocktail. Zu den gesundheitlichen Problemen kommen finanzielle. Seinen Job als Polizist muss er aufgeben, wird im August 2004 pensioniert, erhält eine Mindestrente. Alle leiden unter dem Druck und den Nöten. "Da wurde ich gewalttätig", sagt Markus. Die ohnehin schwierige Situation verschärft sich, so erzählt er, als seine Frau den Job im TGZ Kaisersesch annimmt. Zu dem Frust innerhalb der Familie kommt die Sprachlosigkeit zwischen den Eheleuten. "Wir hatten irgendwann keinen Draht mehr zueinander", sagt Markus. "Ich habe alle Probleme auf mich bezogen", sagt er. "Da habe ich schon mal zugeschlagen - auf Sachen und auch auf meine Frau." Irgendwann stellt er sie zur Rede. Sie erzählt von den angeblichen Belästigungen ihres Chefs und dass sie am liebsten kündigen möchte. Markus: "Ich empfand es als tiefen Vertrauensbruch, dass sie mir das nicht eher geschildert hat. Das war für mich das Ende der Beziehung." Ohnehin ahnt er zu dem Zeitpunkt, dass sie eine Affäre mit einem seiner Ex-Kollegen hat. Markus zieht vorübergehend zu seinen Eltern, sie lässt sich in eine psychiatrische Klinik bringen. Monate später kehrt er wieder zurück. "Warum hat sie geschwiegen?", will die Vorsitzende Richterin von ihm wissen. "Sie hatte Angst vor meiner Reaktion, dass ich aggressiv reagiere", sagt er. Auch dass sie in psychiatrischer Behandlung bei einem Neuwieder Arzt ist, weiß er nicht. "Wir hatten ein Kommunikationsproblem", sagt er. Der Neuwieder Mediziner, Facharzt für Psychiatrie und Nervenheilkunde, bestätigt dem Gericht, dass er Markus' Frau behandelt hat. Sie habe ihm erzählt, dass sie "durch ihren Vorgesetzten in erheblichem Umfang sexuellen Handlungen unterworfen war und dem aus materiellen Gründen nachgegeben hat".

Der Arzt erklärt, dass sie die "sexuellen Handlungen" nicht näher erläutert habe. Als Folge litt die Frau, so der Arzt, unter einer "erheblichen Angststörung und depressiven Symptomatik". Zwei Jahre habe er sie immer wieder krankschreiben müssen und mit Antidepressiva behandelt. Ihre Wahrnehmungsfähigkeit sei jedoch nicht eingeschränkt gewesen. Der Verteidiger von Mattes will wissen, ob sie schon früher in psychiatrischer Behandlung war. Doch darauf gibt es wegen der ärztlichen Schweigepflicht ebenso wenig eine Antwort wie auf das Ergebnis der Anamnese, der Vorgeschichte der Patientin.

Die Verhandlung am Koblenzer Landgericht wird am Dienstag, 2. Februar, fortgesetzt.

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