Mehrheit der Bürger geht nicht zur Abstimmung

Daun · Am Tag nach der Landratswahl, bei der Heinz-Peter Thiel (parteilos) gegen den CDU-Bewerber Frank Bender gewonnen hat, ist das Ergebnis Gesprächsthema Nummer eins. Der TV hat weitere Stimmen eingefangen.

Daun. Die Wahl ist gelaufen, die Weichen für die Zeit nach Heinz Onnertz sind gestellt: Heinz-Peter Thiel (parteilos) löst ihn am 1. April im Amt des Landrats des Kreises Vulkaneifel ab. Er hat am Sonntag mit deutlicher Mehrheit (61,3 Prozent) gegen den Kandidaten der CDU, Frank Bender, gewonnen.
Die Erwartungen der CDU haben sich nicht erfüllt: In den Rathäusern, die von CDU-Bürgermeistern geführt werden, hat sich die Hoffnung, wieder einen Parteifreund an der Spitze des Kreises zu haben, nicht erfüllt. Matthias Pauly aus Gerolstein sagt: "Ich hätte mir natürlich ein anderes Ergebnis gewünscht. Ich hoffe, dass sich Heinz-Peter Thiel schnell in die Materie einarbeitet, wenn er im Amt ist, und dann seine ganze Kraft für eine gute Zukunft des Kreises einsetzt."
Erschrocken ist er wegen der niedrigen Wahlbeteiligung. Bei der Landratswahl 2005 hatte sie noch bei 47,6 Prozent gelegen, am Sonntag aber nur noch bei 37,6 Prozent. "Damit hätte ich nicht gerechnet. Dass mehr als 60 Prozent der Bürger nicht wählen waren, muss uns große Sorgen bereiten. Wir sind nun alle gefordert, zu überlegen, was wir dagegen tun können."
Allerdings ist Pauly dagegen, angesichts des Ergebnisses zu schnelle Schlüsse zu ziehen und beispielsweise die Urwahl infrage zu stellen: "Es sollte in Ruhe überlegt und analysiert werden, wie wir es schaffen, die Bevölkerung dazu zu bewegen, sich mehr einzubringen."
Anders als in Gerolstein hat das Ergebnis der Landratswahl im Hillesheimer Rathaus bei der Behördenchefin Freude ausgelöst. So sagt die parteilose Bürgermeisterin Heike Bohn: "Ich freue mich sehr über das Ergebnis. Es spricht eine eindeutige Sprache. Dass das Votum der Wähler so deutlich ausfällt, habe ich nicht erwartet."
Eine Erklärung für die niedrige Wahlbeteiligung hat sie nicht, sieht damit aber nicht die Institution der Urwahl zur Disposition gestellt. Für sie steht fest: "Es ist wichtig, dass die Bürger diese Möglichkeit haben, Bürgermeister oder Landräte direkt zu wählen. Die Urwahl abzuschaffen wäre das Rad der Geschichte zurückzudrehen."
Für Diane Schmitz (parteilos), Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Obere Kyll, ist das Ergebnis "deutlicher ausgefallen als von mir erwartet". Sie freut sich nun auf den Neuanfang mit Landrat Thiel im kommenden Jahr und hofft, dass "die Stimmung im Kreistag dann wieder besser wird." Zur Wahlbeteiligung sagt sie: "Eine Ursache dürfte die schlechte Stimmung im Kreistag gewesen sein, das dürfte viele abgehalten haben, wählen zu gehen. Ich gehe aber davon aus, dass die Beteiligung bei der Kommunalwahl 2014 wieder deutlich höher sein wird." Wie ihre Hillesheimer Amtskollegin will auch Diane Schmitz die Urwahl nicht infrage stellen.
Auch in den Parteien sorgt die Wahl noch immer für Diskussionen. So sagt der Vorsitzende der CDU-Kreistagsfraktion, Herbert Schneiders: "Das Wahlergebnis hat mich natürlich enttäuscht, aber vor allem die geringe Wahlbeteiligung. Etwa 63 Prozent der Bürger haben nicht gewählt, was den Schluss zulässt, dass es sie offenbar nicht interessiert, was an der Spitze der Kreisverwaltung passiert. Das ist für mich erschreckend".
Er hatte angesichts der Brisanz der Wahl auf 50 bis 60 Prozent gehofft, umso mehr ist es für ihn ein Rätsel, warum es weniger als 40 Prozent geworden sind. Zur Urwahl sagt Schneiders: "Wenn es eine Möglichkeit gäbe, sie abzuschaffen, wäre ich dabei. Das bei ihrer Einführung erklärte Ziel einer stärkeren Bürgerbeteiligung ist aus meiner Sicht nicht erreicht worden."
Für Jörg Leclaire, Fraktionschef der FWG im Kreistag, kommt eine Abschaffung der Urwahl nicht infrage. "Eine Direktwahl ist immer besser als eine Wahl durch Gremien", sagt er. Ähnlich wie Bürgermeisterin Diane Schmitz führt er die geringe Wahlbeteiligung größtenteils auf die schlechte Stimmung im Kreistag zurück. "Den Leuten gefällt so was nicht", sagt er. Er habe aber Hoffnung, dass sich dies bei zukünftigen Wahlen auch wieder ändere.
Jens Jenssen, Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag, sieht die Gründe für die geringe Wahlbeteiligung ebenfalls in der schlechten politischen Stimmung. "Viele Menschen waren einfach frustriert darüber", sagt er. Jetzt gelte es, deren Vertrauen in die Politik wieder zurückzugewinnen.
Das "System Direktwahl" stehe aber nicht zur Debatte. "Es ist ganz wichtig, dass der Landrat direkt gewählt wird. Er bekommt dadurch eine starke Position im Kreis."
Edmund Geisen, Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion, stellt klar, dass trotz der niedrigen Wahlbeteiligung "das Votum der Bürger klar ist und wenig Spielraum zum Nachkarten lässt." Er sieht den künftigen Landrat als "besondere Integrationsfigur, die es schaffen wird, dass sich die Fraktionen wieder näherkommen werden."
Die Bürgerunion Vulkaneifel war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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