"Mit Kanonen auf Spatzen"

SCHÜLLER. Der Wind bläst weiterhin scharf hoch oben auf den Eifelhöhen in Schüller. Noch immer heißt es: Anwältin Marianne Mastiaux gegen Gemeinderat und Teile der Bürgerschaft. Vor allem, wenn es um den Sportplatz geht. Sogar in der Kirche wurde der Grabenkrieg jüngst thematisiert.

"Da musste ich mir von Frau Mastiaux anhören, dass sie keine Ruhe geben wird, bis die Bude abgerissen und der Sportplatz eingeebnet ist", erinnert sich Ortsbürgermeister Stefan Bungartz an ein Treffen mit der Anwältin und dem Gutachter, der die Verwüstungen auf dem Sportgelände aufgenommen hat. Die Schäden sollen durch ausgebrochenes Vieh von Ammenviehhalter Matthias Pfeil entstanden sein. Und den vertritt die ortsansässige Anwältin. Peter Pfeil, Zweiter Ortsbeigeordneter, schätzt den Schaden auf etwa 10 000 Euro.Nach TV -Informationen schrieb die Anwältin eine Beschwerde an die Kommunalaufsicht in Daun. Sinngemäß bittet sie um Prüfung, ob das Dorf Kosten für die regelmäßige Pflege des Sportplatzes bereit stellt. Und das vor dem Hintergrund, dass ein Spielbetrieb auf dem Platz auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei. Zudem wird vermerkt, dass sich das Sanitärgebäude in einem desolaten Zustand befindet. Daher bittet die Anwältin auch um Einschaltung des Gesundheitsamtes. Und des Bauamtes, da keine Baugenehmigung vorliege. Ein Abriss sei zu befürworten. Heinz-Peter Hoffmann, Sprecher der Dauner Kreisverwaltung, bestätigt den Inhalt der Anfang Februar gestellten Eingabe. Werner Arenz, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Obere Kyll, erklärt: "Wir wurden von der Kreisverwaltung um Stellungnahme gebeten. In den nächsten Tagen wird sie vorliegen." Ortschef Bungartz macht das Vorgehen der Anwältin wütend: "Es ist schon befremdlich, wie sie blindlings draufhaut."Anwältin Mastiaux war am Freitag für eine Stellungnahme zu dem Sachverhalt bis Redaktionsschluss nicht zu erreichen.Unter dem Wegfall des Sportplatzes würden vor allem die Kinder und Jugendlichen leiden. Der 16-jährige Daniel bestätigt: "Bei gutem Wetter gehe ich mit meinen Kumpels zweimal in der Woche zum Bolzen auf den Sportplatz." Seine Mutter Waltraud Pfeil meint: "Auch wenn wir jetzt keine aktive Fußballmannschaft haben, kann es durchaus sein, dass sich bald ein Team findet, weil wieder viele Jungs im passenden Alter da sind." Auch der dreifache Vater Jürgen Jehnen spricht sich für den Erhalt des Sportplatzes aus: "Der Platz wird 100-prozentig im Dorf gebraucht. Ich gehe mit meinen Kindern dahin zum Fußballspielen oder Drachen steigen lassen."Das Gelände wird zudem als Zeltplatz genutzt. Angelika Senftinger-Kaiser, Leiterin der 20-köpfigen Pfadfindergruppe aus Jünkerath, sagt: "Für unser Zeltlager war die Lage des Platzes außerhalb des Dorfes und mit Duschen und Toiletten im Sportlerheim optimal." Seit mehr als zehn Jahren veranstaltet auch der Dartclub Jünkerath dort ein dreitägiges Familienfestival. Und der Sportverein Stadtkyll nutzt den Platz als Ausweichplatz, ebenso die Jugendspielgemeinschaft Obere Kyll."Es steht Frau Mastiaux nicht zu, zu bewerten, ob wir einen Sportplatz brauchen oder nicht. Vieh hat auf öffentlichen Plätzen nichts zu suchen", sagt Ortsbürgermeister Bungartz. Ihm platzt allmählich der Kragen: "Wo sie nur den Ansatz sieht, schießt sie mit Kanonen auf Spatzen. Ich bin es leid, mich für Sachen ohne Hand und Fuß rechtfertigen zu müssen. Den Leuten im Dorf geht es ähnlich." Peter Pfeil ist einer davon. Er ist seit 14 Jahren im Gemeinderat und sagt: "Wegen der unerträglichen Angriffe von Frau Mastiaux werde ich nicht mehr kandidieren und meine Freizeit für die Gemeinde zur Verfügung stellen."Bungartz sagt: "In meinen Augen ist es schade, dass der Gemeinderat von Frau Mastiaux permanent als Buhmann dargestellt wird. Dabei könnte im Dorf gemeinsam mit einer ansässigen Anwältin für die Heimatgemeinde viel Positives bewirkt werden."Vor einer Woche wurde der Dorfstreit sogar in der Vorabendmesse thematisiert. Pastor Joachim Waldorf stellte die Friedensbotschaft in den Mittelpunkt. Zuhörer Walter Esch stand hinten in der Kirche. Der 70-Jährige sagt: "Ich finde gut, dass der Pastor was gesagt hat, weil es einfach in die Friedensbotschaft passte." Der Pfarrer habe für keine Seite Partei ergriffen, dafür aber vehement den Dorffrieden gefordert. Von anderer Seite war zu erfahren, dass der Pastor "wutentbrannt" gesprochen habe. Dem jedoch widerspricht Pastor Waldorf: "Das war nicht wütend, sondern ärgerlich. Ich habe deutlich gesprochen." Ihm gehe es nicht darum, die Diskussionen anzuheizen, sondern nur um den Frieden im Dorf.Bürgermeister Arenz sagt zu seine Konsequenzen aus der Sache: "Ich kann nicht viel gegen eine selbstständige Anwältin tun, nur die Rechtsanwaltskammer in Koblenz einschalten." Dieser Brief verließ am Mittwoch das Jünkerather Rathaus. Zum Inhalt sagt Arenz: "Diese Vorgehensweise, Privates und Berufliches zu verquicken, ist man so von Anwälten ja nicht gewohnt und auch öffentliche Beschimpfungen von Ratsmitgliedern nicht." Als Anlagen habe er die bisher erschienenen TV -Artikel beigelegt und um "Auswertung auch in standesrechtlicher Hinsicht" gebeten.

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