Mitarbeiter kämpfen für Baumarkt

Hillesheim · Die Baumarktkette Praktiker und ihre Tochtergesellschaft Max Bahr sind pleite. Während Insolvenzverwalter nach einem Käufer für das Unternehmen suchen, wächst bei den Mitarbeitern die Sorge um die Jobs. So auch im kleinsten Markt Deutschlands in Hillesheim.

 Toni Klinkhammer (links) und Dirk Brülls-Vontrohn, Marktleiter und Betriebsrat der Hillesheimer Praktiker-Filiale, machen sich nach der Insolvenz der Baumarktkette Praktiker Sorgen um die Zukunft von 42 Mitarbeitern. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Toni Klinkhammer (links) und Dirk Brülls-Vontrohn, Marktleiter und Betriebsrat der Hillesheimer Praktiker-Filiale, machen sich nach der Insolvenz der Baumarktkette Praktiker Sorgen um die Zukunft von 42 Mitarbeitern. TV-Foto: Vladi Nowakowski

Hillesheim. Von einer Pleite ist nichts zu sehen: Im Praktiker-Baumarkt an der Kölner Straße in Hillesheim sind die Regale gut gefüllt und die Einkaufswagen in der Schlange vor der Kasse voll. Kurz nach der Anmeldung der Insolvenz am 11. Juli wurden die Märkte des Unternehmens nicht mehr mit Ware beliefert, doch das hat den Praktiker in Hillesheim kaum ins Schlingern gebracht: "Unsere Lager sind voll, und die saisonale Ware wie Liegestühle und Grillkohle haben wir früh genug bestellt und erhalten", sagt Marktleiter Toni Klinkhammer.
25 fest angestellte Mitarbeiter, zwei Azubis und 17 geringfügig Beschäftigte halten den Betrieb in Gang, Reinigungspersonal und Haustechnik nicht eingerechnet. "Damit sind wir die Puppenstube der Praktiker-Kette, der kleinste Markt in Deutschland", sagt Klinkhammer. Diese Puppenstube habe immer bestens funktioniert und ausreichend Umsatz generiert, sagen Marktchef und Angestellte. "Wir hatten oft unangekündigten Besuch aus den Chefetagen. Man hat sich anscheinend gewundert, wie ein so kleiner Markt dermaßen gut laufen kann", erzählt der Betriebsratsvorsitzende Dirk Brülls-Vonthron.
Noch in diesem Jahr investierte das Unternehmen kräftig in den Hillesheimer Markt: Der Parkplatz wurde vergrößert, eine neue Brandmeldeanlage installiert und ein neuer Stapler angeschafft. "All dies gibt uns Anlass zur Hoffnung, dass unsere Filiale nicht einfach dichtgemacht wird", sagt Klinkhammer. Das große Einzugsgebiet spreche für einen Erhalt des Standorts. Unzählige Camper aus der gesamten Vulkaneifel und viele Niederländer, die in der Umgebung Häuser erworben haben, seien Stammkundschaft, erzählt der Marktleiter. "Natürlich wussten wir von den finanziellen Schwierigkeiten der Praktiker-Gruppe, aber der Schritt in die Insolvenz hat alle Mitarbeiter in Hillesheim überrascht", sagt Betriebsrat Brülls-Vonthron. Die Auswirkungen auf den kleinen Praktiker-Markt seien noch nicht abzuschätzen. "Das Team ist eine große Familie", sagt er, "die in der Vergangenheit so einiges gemeinsam durchgestanden hat." Ein Sturm riss 1990 das Dach des Baumarktes weg, 1995 verursachte ein Brand immense Schäden. Im Jahr darauf mussten die Mitarbeiter um ihr Leben bangen, als eine Gruppe schwer bewaffneter Männer die Filiale überfiel.Katastrophe für die Region


"Wir haben jedes Mal die Ärmel hochgekrempelt und die Schäden gemeinsam behoben", erinnert sich Toni Klinkhammer. "Das schweißt zusammen", fügt Brülls-Vonthron hinzu. "Wir sprechen immer von ‚unserem Baumarkt\' und hoffen, dass das Team auch unter einem anderen Eigentümer zusammenbleiben kann." Dem Betriebsrat ist sich bewusst, dass die Ausgangssituation schwierig ist: "Viele der Mitarbeiter gehen auf die 50 Jahre zu oder sind älter. Da kommt Existenzangst auf." Eine Schließung können sich Marktleiter und Betriebsrat nicht vorstellen. "Das wäre eine Katastrophe für die Region, die auf einen Schlag den Verlust von 42 Arbeitsplätzen verkraften müsste", sagen sie. Inzwischen haben die Mitarbeiter des Praktiker-Marktes Hillesheims Bürgermeister Matthias Stein und VG-Chefin Heike Bohn um Unterstützung gebeten. nowExtra

1988 eröffnete der Markt in Hillesheim als Filiale von Extra Bau & Hobby. 1991 erfolgte die Übernahme durch Praktiker. Die 42 Mitarbeiter, unter ihnen zwei Schwerbehinderte, sind zwischen 17 und 57 Jahren alt - drei Mitarbeiter feiern in diesem Jahr ihr 25. Dienstjubiläum, weitere sechs arbeiten seit 20 Jahren am Eifeler Standort. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter von Praktiker- und Max-Bahr-Märkten in Deutschland gibt das Unternehmen mit 12 000 an, laut der Insolvenzverwalter liegt die Zahl jedoch höher bei etwa 15 000 Arbeitnehmern. Die Praktiker-Gruppe mit Sitz in Hamburg und Kirkel (Saarland) betreibt 430 Bau- und Heimwerkermärkte in neun Ländern, darunter 330 in Deutschland. 2012 erwirtschaftete das Unternehmen bei einem Umsatz von rund drei Milliarden Euro einen Verlust von 190 Millionen Euro. Mit ersten Ergebnissen des Insolvenzverfahrens ist laut Unternehmensspitze nicht vor September zu rechnen. Die Filialen der Praktiker- und Max-Bahr-Baumärkte sind weiterhin geöffnet, der Verkauf an den Standorten geht unverändert weiter. now

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